Am 7. September 2018 ist zum zweiten Mal der European Youth Culture Award der Stiftung Respekt! verliehen worden. Die Stiftung zeichnet mit dem Preis Projekte, Initiativen oder Personen aus, die sich für eine offene, tolerante Gesellschaft einsetzen, Jugendkultur sichtbar machen und auf innovative Weise mit Jugendlichen und zum Thema Jugendkulturen gearbeitet und geforscht haben. Verliehen wurde der Preis am Freitagabend in der Landeszentrale für politische Bildung in Berlin. Ausgezeichnet wurde unter anderem auch Streetworker Olad Aden mit dem Hip Hop-Projekt Gangway Beatz in der Kategorie Kunst und Medien.

„Der Preis soll einen festen Platz in Berlin haben“

Welche Relevanz und Dringlichkeit ein Preis wie der European Youth Culture Award (EYCA) und die Themen der Stiftung Respekt! haben, machte Silke Eckert vom Stiftungsvorstand bereits in ihrem Grußwort deutlich. Vor allem mit Blick auf jüngste Geschehnisse und gesellschaftspolitische Entwicklungen sei es umso wichtiger, dass Weltoffenheit und Toleranz, Demokratie und Partizipation gelebt und gefördert wird. „Der Preis soll einen festen Platz in Berlin haben.“, sagte so auch Kristin Fussan von der Senatsverwaltung. Der Senat wolle den Preis weiterhin und noch stärker unterstützen.

Neben einem Vortrag über postmigrantische Jugendkulturen von Professor Dr. Ahmet Toprak und Musik von den Beatboxern Razzzon standen an diesem Abend die Nominierten in den drei Kategorien im Mittelpunkt. Die Jury sei überwältigt gewesen vom Engagement und den zahlreichen, großartigen Einreichungen, erklärte Silke Eckert.

Die Preisträger*innen

In der Kategorie Wissenschaft und Forschung gewann Elke Zobl mit dem Projekt „Making Art, Making Media, Making Change!“, das vor allem Mädchen und jungen Frauen Einblicke in die jugendkulturelle Medien- und Kulturproduktion mit feministischen und antirassistischen Perspektiven gibt. Besonders die gelungene Kooperation von universitärer Forschung, kultureller Bildung und künstlerischer Praxis lobte die Jury.

Der Preis in der Kategorie Jugendarbeit und Selbstorganisation ging an Juliane Rohrbach vom AJK Bad Kreuznach. In Ermangelung passender Freizeitmöglichkeiten hatten Jugendliche 2009 mit der Gründung des Vereins Alternative JugendKultur die Weichen für ein ambitioniertes Projekt gestellt und 2013 das erste selbstverwaltetes Kulturzentrum in Bad Kreuznach eröffnet, das das kulturelle Leben der Stadt bereichert.

In der Kategorie Kunst und Medien wurde der Preis an Olad Aden und Gangway Beatz verliehen. Wir freuen uns sehr, dass Olad und Team mit Gangway Beatz den European Youth Culture Award gewonnen haben. Vor zehn Jahren starteten sie das Projekt, um sozial benachteiligten Jugendlichen über Hip Hop Wege aus der Kriminalität aufzuzeigen, sie von der Straße in Tonstudios zu bringen und neue Perspektiven zu eröffnen. Heraus kamen vier produzierte Alben, zahlreiche Kollaborationen, internationale Projekte und Austauschplattformen wie #BronxBerlinConnection, #Betroit und #EuropeanHipHopExchange. Pünktlich zum 10-jährigen Jubiläum von Gangway Beatz gab es nun den Preis der Stiftung Respekt! in der Kategorie Kunst und Medien. Olad zeigte sich sichtlich überrascht, dankte neben Kollegen wie Joe Bliese und Tanja Ries und dem Gangway e.V. auch allen Beteiligten und Begleitern für ihr langjähriges und großartiges Engagement.

Der European Youth Culture Award wurde 2018 zum zweiten Mal verliehen. Die Stiftung Respekt! will, dass der Preis jährlich ausgeschrieben und zu einer festen Größe für alle wird, die sich mit Jugend und Jugendkulturen beschäftigen. Der nächste EYCA ist für 2019 geplant.

Weitere Infos zum Gangway-Projekt und dem EYCA:

 

+++ Update 14. September 2018 +++

Die Laudatio für Gangway Beatz von „Pyranja“

„Ich möchte Ihnen allen eine Frage stellen:

Was genau ist Inspiration?

Und was macht es mit uns? Mit jedem Einzelnen?

Sind es besondere Augenblicke, die uns irgendwie in den Bann ziehen? 

Gedanken, die plötzlich auftauchen und die einen beschäftigen und nicht mehr loslassen?

Ist es das innere Aufblitzen von neuen Träumen, von „das will ich auch“, von Wow-Momenten?

Ja, vielleicht, aber nicht nur.

Denn Inspiration ist eine flüchtige Angelegenheit, nur schwer greifbar. Kaum begreifbar. Und noch weniger festhaltbar. 

Zu schnell kann sie wieder versanden, verkümmern, verkommen, vertrocknen. Ohne Vorbilder. Ohne Mentoren. Ohne Menschen die einem zeigen, wie es gehen kann. Dass es gehen kann.

Menschen, die man trifft und die einem neue Wege zeigen, eine andere Perspektive. 

Menschen, die ein Licht sind für uns und die den eigenen Horizont erweitern, oft einfach nur dadurch dass sie so sind wie sie sind.

Institutionen und Projekte werden von Menschen gemacht. Von inspirierten Menschen, die ihre Visionen nicht einfach aufgeben, nur weil die Umstände gerade dagegen sprechen. Menschen, die sich ihre Möglichkeiten oft erst selber schaffen oder die das Beste aus dem machen, was gerade so da ist.

Der European Youth Culture Award möchte diese manifestierten Inspirationen ehren und daran erinnern was möglich ist, wenn man nicht bereit ist seine Träume und Visionen aufzugeben. 

Auch wenn das vielleicht oft die einfachere Option ist.

Die Nominierten im Bereich Kunst und Medien: Gangway Beatz, MZEE und Literally Peace inspirieren alle auf ihre ganz eigene Weise Jugendliche und junggebliebene Menschen. 

Gleich ist ihnen Sprache als Ausgangspunkt, in all ihren Facetten und unendlichen Möglichkeiten und doch geht das was sie repräsentieren weit über Reime, Verse, Texte und Diskussionen hinaus. 

Sprache als Basis von Kunst, Texte außerhalb von Büchern, Geschichten anders vermittelt und erzählt, Bilder durch Buchstaben geformt – all das muss man einer breiten Öffentlichkeit erstmal vermitteln. 

Einer Öffentlichkeit, die die Kunstform Rap, die die Jugendkultur HipHop, leider oft nur als sexistische, homophobe, gewaltverherrlichende Lächerlichkeit begreift, präsentiert von ein paar ach so skandalösen Jugendlichen aus Problemvierteln, die ein bisschen zu doll auf dicke Hose machen für ihre 3Minuten of Fame.

Doch abseits von Mainstream Media und reißerischen Headlines, gibt es Jugendliche die die neuen Medien dazu nutzen, um sich miteinander zu vernetzen. Die über Kontinente hinweg miteinander Musik machen, sich über ihre Lebenswelten austauschen, sich miteinander verbinden, gemeinsam und aneinander wachsen und lernen, obwohl sie oberflächlich betrachtet aus ganz verschiedenen Welten stammen.

Um junge, sozial benachteiligte Menschen, also die aus den sogenannten „Brennpunktkiezen“ zu erreichen, ja um sie vielleicht sogar zu inspirieren und positiv zu bewegen, zu mehr Eigeninitiative und dem Ausleben von Kreativität – dazu bedarf es viel viel mehr als nur ein cool miteinander abzuhängen.

Es bedarf dazu Menschen, die über Jahre hinweg Netzwerke pflegen, die Anstöße geben, die – wie in diesem Fall –  transatlantische Jugendbegegnungen in den jeweilen Milieus der Teilnehmenden organisieren und begleiten. Menschen die den Austausch fördern von Ideen über Landes- und Sprachgrenzen hinweg. Menschen, die es Jugendlichen ermöglichen gemeinsam und miteinander Musik zu machen und diese zu performen. 

Menschen, die eine besondere Kraft in sich tragen, die leuchtet wie ein Licht, das uns einen weiteren, größeren Horizont aufzeigt. Menschen, die immer noch einen Schritt weiter gehen. Menschen, die sich für andere einsetzen und – ganz wichtig – die anderen zeigen, wie sie sich selber für andere einsetzen können.

Menschen wie Olad Aden von Gangway Beatz, der für seine großartige Arbeit gemeinsam mit seinem Team weit mehr verdient hat als ein anerkennendes Schulterklopfen. Nein, er bekommt jetzt bitte einen Riesen Applaus für seine inspirierende Arbeit und den European Youth Culture Award in der Kategorie Kunst & Medien.“

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