Die Jugendlichen auf dem Fußballplatz sehen uns außerhalb des Geländes auf sie zukommen. „Hey, wollt ihr mitspielen? Wir brauchen noch zwei Leute!” Das lassen wir uns natürlich nicht nochmal sagen und treten einer Mannschaft bei, die bereits aus ein paar älteren Spielern besteht, um gemeinsam Fußball zu zocken.

Es gibt wenige Möglichkeiten die das Kennenlernen einfacher gestalten, als miteinander Sport zu treiben. Denn gemeinsam Sport zu machen, partizipativ und ohne Leistungsdruck, ermöglicht seit jeher Menschen unterschiedlicher Herkunftsländer und -sprachen durch neue Erfahrungen und Eindrücke ein besonderes Erleben von Gemeinschaft. In unserem Neuköllner Team entschlossen wir uns, im Rahmen sommerlicher Temperaturen und einer existierenden Sportbegeisterung bei unseren Jugendlichen, eine Fußball-Reihe zu starten. Bei diesen “Neukölln Championships” zählen hierbei nicht das Talent, besondere Sportlichkeit oder individueller Ehrgeiz. Im Fokus stehen gemeinsamer Spaß am Sport, die gemeinsame Freizeitgestaltung im Freien und das (Kennen-)Lernen verschiedener Lebensrealitäten. Kriterien wie Nationalität, Religionszugehörigkeit, Hautfarbe oder dergleichen haben auf dem Spielfeld keine Bedeutung. Grenzen in Köpfen werden aufgehoben, es gilt: FairPlay für und mit allen. Dies versuchen wir dadurch zu betonen, dass wir zusätzlich zu den sportlichen Gewinner*innen auch einen Fairplay Preis ausloben, welcher der wertigste aller Pokale und Preise ist. Durch unsere im Juli 2021 erstmals durchgeführten Fußballturniere am Pippi Langstrumpf Platz haben wir ein weiteres mal gemerkt, wie wichtig ein sportliches Angebot für den Bezirk und die Jugendlichen ist.

Bei den drei Turnieren konnten wir uns stets über eine sehr hohe Teilnehmerzahl erfreuen. Sehr oft wurden wir von vielen Jugendlichen auch gebeten, dieses Turnier-Format in regelmäßigen Abständen, und bei kaltem Wetter notfalls auch in der Halle durchzuführen. Der außergewöhnliche Erfolg dieser Fußballreihe erinnert uns als Streetworker*innen immer wieder daran, wie wichtig Sportangebote für unsere Tätigkeit sind. Junge Menschen, denen das regelmäßige Trainieren in Sportvereinen oft sehr schwer fällt, da die Hürden und die Anforderungen in solchen Vereinen extrem hochschwellig sind, nehmen jedes Sportangebot mehr als dankbar an. Wir sind im Moment auf der Suche nach einer Hallenzeit, um die Energie die aus den Turnieren erzeugt wurde, mitzunehmen und den Jugendlichen ein regelmäßiges Sportangebot bieten zu können. Basierend auf unseren Erfahrungen sind wir überzeugt davon, dass eine feste Hallenzeit zu einem sehr großen Zulauf von Jugendlichen führen würde. Und nach den positiven Erfahrungen des letzten Jahres steht für uns sowieso fest: die Fußball-Reihe der Neukölln-Championship wird auch im Jahr 2022 weiter fortgesetzt. Wir freuen uns darauf. Und die Jugendlichen auch.

 

Eine weitere, sehr erfolgreiche Sportreihe bei Gangway sind die „Hoop Life“ Basketball Abende. Diese Reihe, die zu einem großen Teil von Jugendlichen in Eigenverantwortung organisiert wird, ist ebenfalls ein schönes Beispiel davon, wie die allseits gern verwendete Floskel „Sport verbindet“ mit Leben gefüllt werden kann. Jugendliche aus verschiedenen Bezirken, die sich an dem Abend kennenlernen und zusammenfinden um ein Basketball Team an den Start zu bringen, sind die Geschichten, die mit Hilfe des Sports geschrieben werden. Auch hier zählt nicht der sportliche Wettkampf, sondern mithilfe des Sports ein Setting zu schaffen, in dem man gemeinsam eine schöne Zeit erleben kann. Sei es nun beim sportlichen Wettkampf, beim gemeinsamen chillen, oder dem Zuhören von Hip Hop Beats mit einem Sucuk Brot in der Hand.

 

Aber auch in anderen Sportarten, wie insbesondere dem Boxen ist die integrative Kraft des Sports deutlich und auf faszinierende Art zu erleben. Manchmal hören wir als Sozialarbeiter*innen von Außenstehenden, wieso man Jugendliche zu Kampfsport ermutigen möchte, indem man sie zum Boxtraining animiert. Diese Menschen verkennen jedoch, dass darin mehr zu sehen ist als eine „zweifelhaft-sinnvolle” Freizeitgestaltung. Man lernt durch das regelmäßige, gemeinsame Trainieren unter anderem mit Enttäuschungen und inneren Spannungen umzugehen; durch Regelorientierung auch zu lernen, Regeln zu verstehen und zu akzeptieren. Auch die Konfliktbearbeitung durch Kultivierungsmöglichkeiten von Aggressivität durch den Sport ist eine enorme Ressource: Toleranz, Streitanstand und Regelakzeptanz werden hierbei durch das gemeinschaftliche Sport treiben vermittelt, weshalb man nicht ohne Grund auch sagen kann, dass Sport die wohl preiswerteste Sozialarbeit ist.

Ach ja, das anfangs erwähnte Fußballspiel hatte die Mannschaft mit den  Sozialarbeiter*innen eindeutig verloren. Keine Chance gegen jugendlich eingespielte Beine. Aber dafür eine gemeinsame Erinnerung zusammen erspielt, auf der man weiter aufbauen kann.

 

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