In der Nacht vom 29. auf den 30. Januar wurde erstmalig und bundesweit einzigartig versucht, eine belastbare Zahl der obdachlosen Menschen in Berlin zu ermitteln. Hierzu waren rund 2600 Helfer*innen aufgeteilt in 615 Zählteams unterwegs, welche Menschen ohne Obdach auf den Straßen Berlins zählten. Auch wurden kurze Interviews mit denen geführt, die sich damit einverstanden erklärten. Dazu wurden Fragen zu Alter, Geschlecht, Herkunft (D, EU oder anderes Land), seit wann sie auf der Straße und ob sie alleine leben gestellt.

Auch Gangway war an einigen Orten der Stadt an der Zählung beteiligt, so auch wir vom Team Alexanderplatz. Zu fünft zogen sind wir in dieser Nacht los und hatten dabei Unterstützung von 2 Helfern. In der Nacht zählten wir am und um den Alex ungefähr 30 obdachlose Menschen. Mit vielen kamen wir ins Gespräch und von den meisten wurde die Zählung positiv bewertet, solange, und darum ging es bei der Aktion, spürbare Verbesserungen an der Situation obdachloser Menschen eintreten. Bei einigen war jedoch auch Skepsis zu spüren. Skepsis vor allem darüber, dass eben keine Verbesserungen des Hilfesystems vorgenommen werden und diese Aktion verpuffen wird.

In vielen dieser Gespräche wurden uns auch konkrete Hilfebedarfe ans Herz gelegt. Ob daraus Beziehungen entstehen werden, wird sich in Zukunft zeigen.

Gezählt wurden berlinweit knapp 2000 Menschen ohne Obdach – ca. 1200 in den Unterkünften und 800 auf der Straße. Diese sehr gering anmutende Zahl (bisherige Schätzungen waren sehr unterschiedlich und gingen von 2.000 bis 20.000 Menschen1 aus) lässt vermuten, dass sich viele Menschen der breit angekündigten Zählung, auch vor dem Hintergrund aller Kritik an der Nacht der Solidarität, entzogen haben – möglicherweise aus Angst, dass Schlafplätze verraten werden, aufgrund ethischer Bedenken oder wegen anderer befürchteter Repressalien.

Eben aus diesen Gründen, aber auch aufgrund der (bisherigen) Einmaligkeit der Zählung, der kurzen Zeitspanne, der schlechten Wetterbedingungen sowie dem fehlenden Blick auf versteckte Obdachlosigkeit, lässt die Repräsentierbarkeit der Zählung fraglich erscheinen. Der lobenswerte und solidarische Einsatz freiwillig helfender Menschen soll an dieser Stelle auch erwähnt sein. Dennoch sind mehr Fachkräfte notwendig, um während der Zählung mehr auf die Bedürfnisse marginalisierter Menschen einzugehen zu können.

Wir haben uns beteiligt, da wir der Meinung sind, dass konkrete Zahlen notwendig sind, um das Hilfesystem auf die Bedürfnisse obdachloser Menschen anzupassen. Beispielhaft kann hier angemerkt werden, dass es in ganz Berlin lediglich 2 Fahrzeuge gibt, die diese Menschen an kalten Tagen mit warmer Kleidung versorgt oder sie in Notunterkünfte bringt. Vergessen werden darf dabei jedoch auch das langfristige Ziel nicht, Menschen aus der Obdachlosigkeit zu holen. Die Forderung nach sozialem Wohnraum muss dabei mit an vorderster Stelle stehen.

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