Als junger Mensch mit Fluchterfahrung, steckt man gefühlt und auch tatsächlich oft doppelt so viel Anstrengung in eine Bewerbung, in ein Vorstellungsgespräch… Da gibt es die Sorge um die Sprachbarriere – im persönlichen Gespräch, telefonisch und bei den unzähligen Besuchen von Ämtern. Genehmigungen werden eingeholt, Behörden informiert. Über die Aufnahme eines Praktikums und nahezu jeden Schritt, den man auf dem Weg der beruflichen Orientierung nimmt. Der Kommunikationsfluss zwischen Arbeitgeber*innen, dem jungen Menschen selbst, Sozialarbeiter*innen und Behörden muss stets am Laufen gehalten werden. Auch das Dickicht aus Zuständigkeiten und gesetzlichen Regelungen muss erst einmal durchkreuzt und entwirrt werden. Seit etwa einem halben Jahr begleite ich zwei junge Frauen auf ihrem Weg zur Ausbildung, aber auch in diversen anderen Belangen. Nach intensivem Bewerbungsschreiben, Vorbereitungen auf Vorstellungsgespräche und einige Probepraktika später, halten sie endlich ihre Ausbildungsverträge in den Händen.

Das Erweitern der Deutsch-Sprachkenntnisse war in diesem Zusammenhang natürlich auch immer Thema. Für Menschen aus sogenannten „sicheren Herkunftsländern“ ist es sehr schwierig an einen Deutschkurs ab Sprachniveau B1 zu kommen, der kostenlos oder für die jungen Menschen finanziell erschwinglich ist. Doch gibt es einige Initiativen, die ehrenamtlich ein kostenloses Angebot möglich machen. Zusammen mit dem Sprechen im Alltag und im künftigen Ausbildungsbetrieb machen die Mädchen schnell Fortschritte. Doch ist die Sprachkompetenz auch schon gut ausgebildet, so wird man doch noch mal vor ganz andere sprachliche Herausforderungen gestellt, wenn man sich die gesamte Warenauslage einer Bäckerei merken muss. Ich selbst bräuchte hierfür wahrscheinlich schon eine ganze Weile. Wie herausfordernd mag es für einen Menschen mit anderer Muttersprache sein, wenn er die Unterschiede und Merkmale von Schrippen, Pain Paillasse, Landbrot und Feinschrotbrot verstehen muss!!! Doch an Einfallsreichtum mangelt es den jungen Frauen, die ich begleite nicht. Zielstrebig lernte eine von ihnen die verschiedenen Brot- und Kuchensorten. Und zwar mit einer besonders kreativen Methode: sie fotografierte die gesamte Warenauslage, um die Namen der verschiedenen Produkte lernen zu können, druckte jedes Foto jeweils auf DIN A4 aus und klebte alles feinsäuberlich an die Wand ihres Zimmers in der Unterkunft. Was für ein Bild! Immer wenn sie aufwachte, sah sie diese Bilder. Die Methode ging auf. Mittlerweile kann sie die Sorten alle sehr gut, die Arbeit an der Kasse fällt nun ebenfalls leichter und sie macht große Fortschritte.

Weiter so und alles Gute euch starken jungen Frauen!

Hinterlasse eine Antwort

Deine Email Adresse wird nicht veröffentlicht.