GliederungI. Vorbemerkung

II. Erwartungshaltungen

III. Konzeptionelle Entwicklung der Streetwork/Mobile Jugendarbeit: Einführung in die Thematik der “Schnittstellen/Schnittflächen von Streetwork” – Skizze

III.1. Ursachen der Entwicklung der Angebotsvielfalt innerhalb der Projekte von Streetwork/Mobile Jugendarbeit
III.2. Sozialpädagogische und jugendhilferechtliche Fragestellungen
III.3. Zur inhaltlichen/sozialpädagogischen Struktur der Problematik
III.4. Welche angrenzenden Arbeitsfelder sind für unsere Tätigkeit relevant?
III.4.1. Welche angrenzenden Arbeitsfelder betreffen unser Klientel und Angebote welcher Arbeitsfelder entsprechen ihrem Hilfebedarf?
III.4.3. Welche angrenzenden Arbeitsfelder der Jugendhilfe sind entsprechend dem Hilfebedarf unserer Klientel und aus Sicht unseres Arbeitsfeldes relevant?
III.5. “Schnittflächen-Projekte” und die Standards von Streetwork/Mobile Jugendarbeit
III.6. “Schnittflächen- Projekte” und das Verhältnis zu den Methoden von Streetwork/Mobile Jugendarbeit – Weitere strukturelle Aspekte
III.7. Infrastrukturelle Strategien bzw. Umsetzungsmöglichkeiten
III.8. Beispiele für Projekte an den Schnittflächen von Streetwork/Mobile Jugendarbeit
III.9. Schlußfolgerungen – Ein Ausblick

IV. Rahmenbedingungen eines Projektes an den Schnittflächen von Streetwork zu angrenzenden Arbeitsfeldern der Jugendhilfe am Beispiel: “Entwicklung einer sozialen Gruppenarbeit nach § 29 SGB VIII aus dem Arbeitsfeld Streetwork”

V. Anhang:
Satzung der AG “Schnittstellen/Besondere Zielgruppen” / AG nach § 78 SGB VIII
Schaubild zur Organisations- bzw. Personalstruktur eines Projektes
Gesetzliche Grundlagen zur Thematik
Statistische Ergebnisse (Statistik zum Fachtag)

I. Vorbemerkung

Streetwork/Mobile Jugendarbeit stellt im Rahmen des SGB VIII ein erfolgreiches ambulantes Konzept niedrigschwelliger, gruppen- und beziehungsorientierter sozialpädagogischer Angebote dar, mit dem auf unkonventionelle Art und Weise Kontakte zu jungen Menschen aufgebaut werden.
Im Arbeitsfeld Streetwork/Mobile Jugendarbeit sind z.B. lt. Berliner Ausführungsgesetz des KJHG neben gruppenpädagogischen, projekt- und stadtteilbezogenen Arbeitsansätzen Formen der Einzelberatung und -betreuung in sozialen Problemlagen eingebettet.

Standard von Streetwork ist: Individuelle Beratungs- und Betreuungsangebote werden in Angebote sozialpädagogischer Gruppen-, Projekt- und Stadtteilarbeit eingebunden.

Diese Methoden von Straßensozialarbeit/Mobile Jugendarbeit können zugleich als methodisches Scharnier zu Angeboten anderer Arbeitsfelder der Jugend(sozial)arbeit und der Hilfen zur Erziehung verstanden werden.
Sie sind umso wichtiger, da sich die von uns betreuten Jugendlichen in komplizierten gesellschaftlichen und individuellen Lebenssituationen befinden und auf gruppenbezogene sowie individuelle sozialpädagogische Hilfen angewiesen sind.

Unsere Erfahrungen in der Streetwork/Mobile Jugendarbeit und in verschiedenen Projekten an den Schnittstellen von Streetwork zu anderen Bereichen der Jugendhilfe bestätigen, daß die komplexen gruppenbezogenen und individuellen Problemlagen dieser Jugendlichen auch quantitativ gesehen nicht ausschließlich durch Streetwork zu bewältigen sind und andererseits die gleichen Problemlagen einer Erreichbarkeit durch das bestehende System der Jugendhilfe (Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit, Erzieherische Hilfen und Hilfen für junge Volljährige) entgegenstehen (siehe: Anhang).

Unsere Erfahrungen in Projekten der Straßensozialarbeit bestätigen aber auch, daß es den von uns betreuten Jugendlichen besser gelingt, individuelle Hilfen im Rahmen von gruppen- und projektbezogenen Angeboten anzunehmen. Zudem wurde deutlich, daß im Rahmen von Kooperationsprojekten von Streetwork und anderen Einrichtungen der Jugendhilfe bedarfsgerechtere Angebote und adäquatere Hilfestrategien entwickelt werden konnten.

II. Erwartungshaltungen

Die Erwartungshaltungen an das Seminar “Streetwork/Mobile Jugendarbeit und das Verhältnis zu angrenzenden Arbeitsfeldern der Jugendhilfe” waren so vielfältig wie offen hinsichtlich der Fragestellungen und der Diskussion über Erfahrungen in bisherigen Projekten an den Schnittflächen von Streetwork/Mobile Jugendarbeit. Wir wollen die TeilnehmerInnen im O-Ton zu Wort kommen lassen:

“Ein Erfahrungsaustausch zu dieser Thematik ist deshalb so wichtig, weil die in den neuen Bundesländern z.T. noch offenen bzw. im Aufbau befindlichen Jugendhilfestrukturen eine Vielfalt von Projekten an den Schnittstellen von Streetwork/Mobile Jugendarbeit bzw. entsprechende Strukturen hervorgebracht haben.” (Bad Muskau/Sachsen)

“Welche Chancen bzw. Risiken bestehen für Projekte an den Schnittflächen zu anderen Arbeitsfelder der Jugendhilfe? Inwiefern müssen wir die Prinzipien bzw. Qualitätsmerkmale von Streetwork/Mobile Jugendarbeit gegenüber anderen Arbeitsfeldern `schützen` bzw. `behaupten`.” (Halle, Sachsen-Anhalt)

“Unser Projekt existiert erst eineinhalb Jahre und befindet sich noch im Aufbau. Wie funktionieren derartige Projekte und welche Rahmenbedingungen (z.B. Kooperation- und Vernetzungsstrukturen) sind notwendig?” (Aschersleben, Sachsen-Anhalt)

“Welche Arbeitsfelder der Jugendhilfe sind im Interesse unserer Klientel für uns relevant? Wir müssen zu dieser Thematik eindeutige Positionen aus Sicht von Streetwork/Mobile Jugendarbeit beziehen; es gilt aber auch zugleich Positionen im Jugendhilfesystem zu besetzen.” (Fürstenwalde, Brandenburg)

“Ist eher eine strikte Trennung oder eine Mischung von Streetwork und ambulanten Hilfen für die Entwicklung unseres Arbeitsfeldes sinnvoll? Ist die Tendenz `Hilfen aus einer Hand` (Omnipotenz von Streetwork/Mobile Jugendarbeit) zeitgemäß?” (Glauchau, Sachsen)

“Inwiefern können bestimmte Maßnahmen bzw. Angebote durch Streetwork selbst geleistet werden? Wie positionieren wir uns z.B. zu Auflagen der Jugendgerichtshilfe/ richterliche Weisungen? Sind derartige Angebote als ein weiteres finanzielles Standbein unserer Projekte zu verstehen?” (Dresden, Sachsen)

III. Konzeptionelle Entwicklung der Streetwork: Einführung in die Thematik der “Schnittstellen/Schnittflächen von Streetwork” – Skizze

III.1. Ursachen der Entwicklung der Angebotsvielfalt innerhalb der Projekte von Streetwork/Mobile Jugendarbeit

Der erste Grund für die Entwicklung von Projekten an den Schnittflächen von Streetwork ist der Spezifik der Probleme der Adressatinnen von Streetwork geschuldet. Hierzu z.B. die Ausführungen des Berliner Ausführungsgesetzes zum Kinder- und Jugendhilfegesetz:

“Aufsuchende Jugendsozialarbeit wendet sich insbesondere an alleingelassene, aggressive, resignative, suchtgefährdete oder straffällig gewordene junge Menschen und fördert deren soziale Integration. Die Angebote sind unmittelbar im Lebensumfeld zu organisieren. Sie umfassen Einzelberatung, Gruppenarbeit, Projektarbeit und Stadtteilarbeit.”

Schnittstellen zu angrenzenden Arbeitsfeldern von Streetwork ergeben sich aus den komplexen sozialen Problemlagen unserer Adressatinnen.Der Widerspruch, nicht nur für das Arbeitsfeld Streetwork, ist in einem problemlagen- und arbeitsfeldübergreifenden Hilfebedarf und dem jeweils begrenzten Angebotskatalog von Streetwork zu finden.

“Letztendlich setzte sich bisher immer die Erkenntnis durch, daß Straßensozialarbeit allein nicht in der Lage ist, die Lebenssituation von Jugendlichen grundsätzlich zu verbessern. Aufsuchende Jugendsozialarbeit ist in den verschiedenen Bereichen ein Teil der Angebotspalette für, laut Berliner AG KJHG, besondere Zielgruppen. Für sich allein stehend ist aufsuchende Jugendsozialarbeit nicht ausreichend effektiv, da sie immer wieder auf andere, bestehende Angebote zurückgreifen muß.”

Ein am Adressatinnen-Profil orientiertes Hilfsangebot muß auf einen Katalog von Hilfeformen setzen, auf die Komplexität und Flexibilität von Hilfen und die Fähigkeit zu Anpassungs- und Umsetzungsprozessen seitens aller Beteiligten.
Nicht Streetwork, sondern die dem Hilfebedarf unserer Adressatinnen entsprechende und notwendige Angebotsvielfalt von Sozialarbeit definiert die Schnittflächen von Streetwork.

Der erhöhte Untersützungsbedarf erfordert aus der Sicht von Streetwork die Entwicklung eines streetworkspezifischen Kataloges von Angeboten an den Schnittflächen von Streetwork, der auf der Grundlage der Standards von Straßensozialarbeit über die bisherigen Handlungsangebote hinausreichen muß.

III.2. Sozialpädagogische und jugendhilferechtliche Fragestellungen

Ø Entwicklung von niedrigschwelligen und bedarfsorientierten Verfahrensweisen im Rahmen von Jugendsozialarbeit, (Zitat: “Die Angebote haben sich unmittelbar aus der Streetwork/Mobile Jugendarbeit und dem Bedarf entwickelt.”),
Ø Zitat: “Der Bedarf an Einzelbegleitung bzw. -betreuung im Rahmen von Streetwork überschreitet bei weitem die Kapazitäten des Projektes.”),
Ø Ausgehend vom Arbeitsansatz Streetwork/Mobile Jugendarbeit, d.h. auf der Grundlage von Freiwilligkeit und Akzeptanz eine höhere sozialpädagogische Verbindlichkeit zu erreichen,
Ø Notwendigkeit verbindlicher Bezugspersonen im Rahmen der Betreuung und Begleitung, um eine Beziehungs- und Betreuungskontinuität zu gewährleisten, (Zitat: “Bei der Klientel von Angeboten der angrenzenden bzw. weiterführenden Hilfen handelt es sich oftmals um das gleiche, d.h. von uns betreuten Gruppen und Personen. Das Klientel ist irritiert durch noch mehr Sozialarbeiter.”),
Ø Verhinderung des “Drehtüreffektes” (planloser und spontaner Abbruch von Hilfen durch kontinuierliche Betreuung vermeiden),
Ø Bedarfsgerechte Angebote entsprechend dem Hilfebedarf einfordern, i.d.S. niedrigschwellige Angebote im Kontext weiterer Angebote des Hilfesystems,
Ø Einbindung individueller Hilfeangebote in einen gruppenpädagogischen Kontext (Verhältnismäßigkeit und von gruppenbezogenen und individuellen Hilfen gewährleisten),
Ø Berücksichtigung des Prinzips des Lebensweltbezuges, der Offenheit, Gleichrangigkeit und Flexibilität der Hilfeformen,
Ø Die Notwendigkeit, präventiver und kurzfristiger individueller Hilfen im Rahmen von Jugendsozialarbeit im Vorfeld von Hilfemaßnahmen anzubieten (z.B. die gemeinsame Erarbeitung eines `individuellen Hilfekompaß`),
Ø Durchlässigkeit im Verhältnis von öffentlichen und freien Trägern und Durchlässigkeit der Ämterstrukturen unterstützen,
Ø Entwicklung eines Arbeits- und Organisationsmodells, das eine Nachnutzung derartiger Projekte ermöglicht,
Ø Entwicklung von Ausgangs- und Rahmenbedingunen für derartige Projekte,
Ø Effektivierung des Arbeitsfeldes Streetwork/Mobile Jugendarbeit, (Zitat: “Die Stagnation des Projektes hatte auch mit den Grenzen von Streetwork/Mobile Jugendarbeit zu tun.”),
Ø Für einzelne Projekte in den neuen Bundesländer waren gesicherte Finanzierungs- und Haushaltsansätze nicht unwesentlich für die Entwicklung derartiger Projekte,

III.3. Zur Struktur der Problematik

Angebot vorhanden: Entspricht dem Bedarf

Angebot ungenügend: Hinwirken auf Veränderung (niederschwellige und
Lebensweltorientierte Angebote), gemeinsame Projekte mit anderen Institutionen (z.B. Jugendhilfe, Arbeitsamt) möglich

Angebot nicht vorhanden: Eigene Übergangslösung (zeitlich befristet und in Absprache mit öffentliche Jugendhilfeträger) nur parallel zur Anregung von Projekten über Gremienarbeit und Kooperation

III.4. Welche angrenzenden Arbeitsfelder sind für unsere Tätigkeit relevant?

III.4.1. Welche angrenzenden Arbeitsfelder betreffen unser Klientel und Angebote welcher Arbeitsfelder entsprechen ihrem Hilfebedarf?

Ø Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit (z.B. Soziale Integration; § 13/1)
Ø Jugendberufshilfe (§13(2) KJHG) und angegliederte Institutionen
Ø Drogenhilfe
Ø Medizinische / Therapeutische Hilfe aller Art
Ø Leistungen nach Kranken- und Rentenversicherung
Ø Schulen (Schulamt) / Schulsozialarbeit
Ø Prostitution
Ø Betreutes Wohnen (sowohl nach § 13.3.und § 34), Betreutes Wohnen als U-Haftvermeidung, Notschlafstellen
Ø Sozialpädagogische Dienste( ASD, Ämter III/ Hilfen nach SGB VIII, §§ 27 ff)
Ø Jugendgerichtshilfe (Weisungen der JGH)
Ø Jugend- / Kulturarbeit
Ø Arbeitsamt (Berufsberatung, Arbeitsvermittlung)
Ø Sozialhilfe (Sozialamt)
Ø Gemeinwesen bzw. Stadtteil

Ø Öffentlichkeit,
Ø Polizei und Justiz (nur Dialog auf infrastruktureller Ebene )

4.2.2. Welche angrenzenden Arbeitsfelder der Jugendhilfe sind entsprechend dem Hilfebedarf unserer Klientel und aus der Sicht unseres Arbeitsfeldes relevant?

(die Vorschläge in der Tabelle entsprechen ersten Überlegungen der AG)
+ –
· (Offene) Jugendarbeit· Jugendberufshilfe (§ 13.2.)· betreutes Wohnen (§ 13.3.)· Ambulante Erziehungsmaßnahmen· ( nach §§ 27 ff)· Drogenhilfe · Vs. Familienzentriert· U-Haft-Vermeidung· Auflagen und Weisungen nach JGG · – Stationäre Hilfemaßnahmen

III.5. “Schnittflächen-Projekte” und die Standards von Streetwork/Mobile Jugendarbeit

Eine weitere wesentliche Ausgangsvoraussetzung für die hier zu behandelnde Problematik ist in den Prinzipien, Werthaltungen bzw. Qualitätsmerkmalen von Streetwork/Mobile Jugendarbeit zu suchen.

” Streetwork und Mobile Jugendarbeit orientieren sich in ihrem Selbstverständnis an folgenden Arbeitsprinzipien: Aufsuchen, Niedrigschwelligkeit und Flexibilität der Angebote, Bedürfnis-, Lebenswelt- und Altagsorientierung, Freiweilligkeit und Akzeptanz, Vertrauenschutz und Anonymität, Parteilichkeit und Transparenz, Verbindlichkeit und Kontinuität. Geschlechtsspezifische Ansätze sind integraler Bestandteil der Arbeitsprinzipien. Diese Arbeitsprinzipien sind unverzichtbar, bedingen sich gegenseitig und prägen alle Angebote von Streetwork und Mobiler Jugendarbeit. Diese Prinzipien bilden die Spezifik und das Setting von Streetwork und Mobiler Jugendarbeit. Streetwork und Mobile Jugendarbeit sind eigenständige Arbeitsansätze.”

Die `widersprüche Entstehung` von Projekten an den Schnittflächen von Streetwork/ Mobile Jugendarbeit und die damit nicht ausbleibende Gratwanderung in der alltäglichen sozialpädagogischen Arbeit sind nicht zuletzt in der Widersprüchlichkeit der von uns definierten Arbeitsprinzipien zu suchen.
Auf der einen Seite muß ein bedürfnis- und lebensweltorientierter, die Interessen unserer Adressatinnen vertretender Arbeitsansatz von Streetwork/Mobile Jugendarbeit sich zu seinen angrenzenden Arbeitsfeldern verhalten:
Problemlagen und Hilfebedarf unserer Adressatinnen machen vor den `traditionellen Angebotsgrenzen` von Streetwork/Mobile Jugendarbeit nicht halt.

Auf der anderen Seite sind die Arbeitsprinzipien unserer Arbeitsfelder wie Freiwilligkeit, Niedrigschwelligkeit, Anonymität, Vertraulichkeit und akzeptierende Haltung eher selten mit den Arbeitsprinzipien der angrenzenden bzw. weiterführenden Hilfen zu vereinbaren.
Ein wesentliches Ziel der “Schnittflächen-Projekte” ist es, auf der Grundlage unserer Arbeitsprinzipien die Zugänge zu den Angebotsressourcen der Hilfen der Jugend- und Sozialarbeit im Interesse unserer Adressatinnen zu erschließen.

Die Einhaltung der Prinzipien der Arbeitsfelder Streetwork/Mobile Jugendarbeit, die Rahmenbedingungen und die trägerinterne Spezialisierung bzw. Qualifizierung bestimmen bzw. begrenzen die Vielfalt der Angebote an den Schnittflächen von Streetwork/Mobile Jugendarbeit. Inhaltliche Qualifizierung und Spezialisierung in angrenzenden Arbeitsbereichen sind fachliche Voraussetzung für Projekte an den Schnittflächen von Streetwork.

III.6. “Schnittflächen- Projekte” und das Verhältnis zu den Methoden von Streetwork/Mobile Jugendarbeit – Weitere strukturelle Aspekte

Streetworkspezifische Angebote an den Schnittflächen knüpfen unmittelbar an
die Angebotsvielfalt und Methoden von Streetwork an. Insbesondere Gruppenarbeit, Projekt- und Stadtteilarbeit und Einzelberatung verstehen sich als methodisches Schanier zu Angeboten anderer Arbeitsfelder der (Jugend-)Sozialarbeit.

Wenn man eine bedarfsgerechte Verzahnung der Hilfen erreichen will, sind die nachfolgenden strukturellen Ebenen bzw. Scharniere zu beachten:
Inhaltliches Scharnier ist ausgehend vom Ansatz Streetwork die adäquate Vermittlung von gruppenbezogenen und individuellen Hilfen.
Methodisches Scharnier ist im Fall des Schnittflächen-Projektes “Streetwork und Soziale Gruppenarbeit” die Überführung einer sozialpädagogischen Gruppenarbeit im Kontext von Streetwork in eine Soziale Gruppenarbeit gem. §29 SGB VIII.
Infrastrukturelles Scharnier ist ausgehend von stabiler regionaler Vernetzung und Kooperation ein zeitlich befristetes Kooperationsmodell bzw. -projekt an den Schnittflächen von Streetwork/ Jugendsozialarbeit und Angeboten der Hilfen zur Erziehung.
Organisations- und personaltechnisches Scharnier ist in einem Schaubild verankert.

Methodischer Zugang

III.7. Infrastrukturelle Strategien bzw. Umsetzungsmöglichkeiten von Projekten an den Schnittflächen von Streetwork und anderen Arbeitsfeldern der Jugendhilfe

Die begriffliche Bestimmung “Schnittstellen” und “Schnittflächen” steht in engem Zusammenhang mit den verschiedenen Stadien der Zusammenarbeit der öffentlichen und freien Trägern der Jugend- und Sozialarbeit.

a) Gremienarbeit/Vernetzung
Informationsaustausch der Träger im regionalen Zusammenhang (z.B. Sozialraum) z.B. mit dem Ziel niedrigschwellige und bedarfsgerechte Angebote bei den Partner der angrenzenden Hilfen einzufordern (Verständnis und Lobby für unsere Adressatinnen)etc. ,
– infrastrukturelle Tätigkeit von Streetwork –

b) Kooperationsbezüge/Kooperationen
Teilnahme an Veranstaltungen von Partner, punktuelle bzw. kurzzeitige Kooperationen ohne schriftliche Vereinbarungen (z.B. Stadtteilfeste, Jungen- bzw. Mädchenaktionstage, jugendpolitische Aktivitäten, Informationsveranstaltungen etc.) z.B. mit dem Ziel von gemeinwesenorientierten Angeboten im Sozialraum,
– infrastrukturelle und unmittelbar sozialpädagogische Tätigkeiten
von Streetwork –

c) Übergang von Kooperationen zu Kooperationsprojekten
Sozialpädagogische Tätigkeiten an den Schnittstellen mit schriftlicher Verein-barung und Kooperations-verträgen zwischen den jeweiligen Einrichtungen der Hilfeträger),
– unmittelbar sozialpädagogische und infrastrukturelle Tätigkeiten
von Streetwork –

– die Umsetzungsmöglichkeiten bauen stufenförming aufeinander auf und die unmittelbare sozialpädagogische Tätigkeit tritt bedeutend stärker in den Vordergrund; es ist aber von den regionalen Bedingungen und vielfältigen Rahmenbedingungen abhängig, ob Kooperationsprojekte durchführbar sind,
– Kooperationsprojekte mit Partnern der verschiedenen angrenzenden Hilfen bedürfen entsprechende Kooperationsmodelle- bzw. Mechanismen (siehe: II.2),

III.8. Beispiele für Projekte an den Schnittflächen von Streetwork/Mobile Jugendarbeit

Einige Beispiele wurden benannt und diskutiert:

Ø Streetwork und Einzelfallhilfe (intensive sozialpädagogische Betreuung)
( Beispiel: Streetwork München, “easy contract”: 30 Stunden Streetwork und 8,5 h lt. § 35 KJHG für eine Streetworkerin im Team mit 6 wöchiger Vorlauf- und Entscheidungsphase)

Ø Streetwork – Soziale Gruppenarbeit – individuelle Hilfen nach § 29
(Beispiel: Gangway e.V. Berlin – zusätzliches Projektteam (2 Kolleginnen) an das Team Streetwork angekoppelt mit je ca. 17 Wochenstunden)

Ø Institut des Rauhen Hauses für Soziale Praxis (isp)
Projekt “Ambulante Intensive Begleitung (AIB)”
(in einer ca. 12 wöchige Intensivphase wird der Jugendliche von einem Teammitglied “rund um die Uhr” betreut und bei dem Aufbau eines stabilen Umfeldes unterstützt)

Ø Mobile Jugendarbeit und Hilfen zur Erziehung
(Beispiel: Mobile Jugendarbeit Bad Muskau; Splittung in 75 % MJA und 25 % HzE; Pflichtleistungen werden über Fachleistungsstunden als zusätzliches Angebot gesondert finanziert; insbesondere nach § 30 SGB VIII)

Ø Mobile Jugendarbeit und Sozialer Trainingskurs/Erziehungsbeistand
(Beispiel: Mobile Jugendarbeit Glauchau – im Rahmen ambulanter Hilfen sind zwei Feststellen als zusätzliches Angebot nach Fachleistungsstundensatz an das Projekt angegliedert)

Auf einige Probleme wurde aufmerksam gemacht:

Ø Bewahrung der Prinzipien von Streetwork (komplizierte Gratwanderung in Bezug auf zunehmend verbindlichere sozialpädagogische Prozesse),
Ø Notwendigkeit einer Vorlauf- und Entscheidungsphase (Finanzierung einer Übergangsphase ist offen),
Ø Übergang von allgemeinen zu individuellen Hilfen (Welches Medium fungiert als Drehscheibe bzw. Scharnier?)
Ø flexible hilfebedarfsgerechte und somit zeitlich begrenzte Projekte oder Projekte mit Feststellenfinanzierung (Vorsicht vor Dauerprojekten, Fragen nach der Betriebsgenehmigung und somit auch Zuweisung von Klientinnen, die bisher nicht über Streetwork/Mobile Jugendarbeit betreut wurden),
Ø Zuweisung von Klientinnen, die nicht im Kontext der Gruppen von Streetwork und Mobiler Jugendarbeit betreut werden,
Ø Finanzierung über Pflichtleistungen (so genannter Z-Teil/ z.B. HzE) birgt die Gefahr der Kürzung zu Lasten von Streetwork/Mobile Jugendarbeit im A-Teil im Zuge von Haushaltseinsparungen,

III.9. Schlußfolgerungen – Ein Ausblick

Ø Projekte an den Schnittflächen von Streetwork sind nicht Streetwork, es sind eigenständige sozialpädagogische Hilfeleistungen nach SGB VIII;
Ø Diese Kooperationsprojekte an den Schnittflächen von Streetwork sind kein Ersatz für Streetworkprojekte, sondern sind ergänzende Hilfeleistungen;
Ø Projekte an den Schnittflächen von Streetwork/Mobile Jugendarbeit sind auch im Rahmen der Dienst- und Fachaufsicht angegliederte Projekte;
Ø Diese Projekte werden aber aus dem Kontext von Streetwork entwickelt und ihr sind streetworkspezifische Angebotselemente und Prinzipien immanent (z.B. Freiwilligkeit, Niedrigschwelligkeit, Lebensweltorientierung, Vertraulichkeit etc.);
Ø Projekte an den Schnittflächen von Streetwork sind bedarfs-, problemlagen-, angebotes- und arbeitsfeldübergreifend zu definieren;
Ø Träger von Projekten an den Schnittflächen können Träger der Streetwork sein;
Ø Der Träger wird nicht Träger jeglicher Schnittstellenprojekte, sondern in einer konkreten Situation, mit einer konkreten Gruppe und unter Einbeziehung konkret-regionaler Ausgangs- bzw. Rahmenbedingungen;
Ø Projekte an den Schnittflächen von Streetwork müssen sich inhaltlich und methodisch an das Arbeitsfeld Streetwork anschließen (z.B. sozialpädagogische Gruppenarbeit, Stadtteilarbeit, Projektarbeit, Einzelberatung etc.);
Ø Eine professionelle Organisations- und Personalstruktur und die Berücksichtigung einer Vielzahl von Rahmenbedingungen sind wesentliche Voraussetzungen für derartige Projekte;
Ø In der Diskussion um die Begriffe “Schnittstellen” bzw. “Schnittflächen” kommen unterschiedliche Auffassungen und Herangehensweisen, d.h. Möglichkeiten sozialpädagogischer Einmischungsstrategien im Interesse unserer Adressatinnen auszuloten, zum Ausdruck. Es dreht sich um die Diskussion Abgrenzung (Gefahr der Isolation) und Öffnung (Gefahr der Aufgabe von Standards) des Arbeitsfeldes Streetwork. Ob es sich für das Angebot bzw. das Arbeitsfeld Streetwork um Schnittstellen oder Schnittflächen handelt, muß Streetwork im Interesse ihrer Klientel selbst entscheiden.
Ø Der Ausgang der Diskussion hat Einfluß auf Entwicklungsperspektiven des Arbeitsfeldes Streetwork (z.B. auch auf die Wirkungsmöglichkeiten von Trägern der Straßensozialarbeit).

Ein professioneller Dialog und eine Kooperation mit anderen Arbeitsbereichen setzen ein professionelles Selbstverständnis des eigenen Arbeitsfeldes voraus. Eigenständigkeit und Profil des Arbeitsfeldes sind Voraussetzung für Abgrenzung von und Kooperation mit anderen Arbeitsfelder (nicht nur der Sozialarbeit). Einer Instrumentalisierung ihres Arbeitsfeldes, d.h. auch einer Instrumentalisierung im Rahmen eines Kooperationsprojektes, kann Straßensozialarbeit nur mit einer eindeutigen Definierung seines Selbstverständnisses begegnen.

Ausgehend von den aufgelisteten jugendhilferechtlichen Fragestellungen und den oben genannten Problemen erscheinen nachstehende Schlußfolgerungen aus dem Nachwort zur Dokumentation eines “Schnittstellen-Projektes” überlegenswert:

“Es fehlt noch an abgestimmten und flexiblen Handlungsformen, um den negativen Folgen der Versäulung von Jugendhilfe mit bedarfsgerechten, einfach zu wechselnden Hilfeinstrumenten zu begegnen.
Hintergrund der Versäulungsproblematik sind die besonders für die Streetwork gemachten Erfahrungen, daß bei individuell festgestelltem Hilfebedarf einerseits der Zugang zum Hilfeplanverfahren der Hilfen zur Erziehung „hochschwellig“ ist und für diese Zielgruppe häufig nicht geeignet sind.

Zu entwickeln ist daher ein entsprechendes niedrigschwelliges Hilfeverbundverfahren, welches entsprechend der jeweiligen Bedarfslage der Jugendlichen erlaubt, entweder mit Pflichtmittel-Mitteln geförderte sozialpädagogische, sozial-integrative Gruppenarbeit nach §13 Abs.1 SGB VIII (neben allgemeiner Jugendarbeit) oder Soziale Gruppenarbeit als Hilfe zur Erziehung nach §29 SGB VIII anzubieten. Verfahrensrechtlich ist dafür erforderlich, nicht nur das Hilfeplanverfahren der Hilfen zur Erziehung erheblich zu vereinfachen, sondern wesentliche Schritte weiter zu gehen: Indem dem freien Träger vom öffentlichen Träger die (unter Umständen auf die Gruppe insgesamt bezogene) Bedarfsfeststellung sowie die Leistungsbeschreibung und -erbringung auf der Basis einer Kostenerstattung nach Fachleistungsstunden per Leistungsvertrag gemäß §77 SGB VIII übertragen wird.

Aus der Sicht der öffentlichen Jugendhilfeträger, die ohne die Angebote der Straßensozialarbeit Jugendliche in sozialen Brennpunkten kaum erreichen können, böte sich als Perspektive einer sozial-integrativen Gruppenarbeit nach §13 Abs.1 SGB VIII die Integration dieser Jugendlichen in die Regelangebote der kommunalen Jugendarbeit bzw. die Fortführung der Gruppenarbeit als weitere Unterstützung zur sozialen Integration bzw. als individuelle Hilfe zur Erziehung, soweit das Hilfeangebot aus Sicht eines Jugendlichen nicht schon ausreichend war.“

Die hier vorgenommenen Schlußfolgerungen zielen auf eine Fortschreibung bzw. Ausführung des § 13 Abs. 1 SGB VIII und beziehen sich auf Angebote für Jugendliche, die erhöhten sozialpädagogischen Unterstützungsbedarf haben.

Mit Blick auf die Versäulungsproblematik gilt es aus Sicht von Streetwork und Mobile Jugendarbeit folgende Angebote und Methoden der Jugendhilfe stärker zu verbinden:

Eine inhaltliche “Verzahnung” von

Ø (offene) Jugendarbeit,
Ø Jugendsozialarbeit (insbesondere Aufsuchende Jugendsozialarbeit),
Ø Erzieherische Hilfen und
Ø Hilfen für junge Volljährige,

Eine methodische “Verzahnung” von

Ø Gruppenarbeit,
Ø Projektarbeit,
Ø Einzelfallbetreuung,
Ø Stadtteilarbeit,

Streetworkprojekte an den Schnittstellen angrenzender Arbeitsfelder der Jugendhilfe beziehen sich auf Ansätze bzw. Elemente der jeweiligen Angebote lt. SGB VIII. Klammer`, d.h. Optionen und Grenzen dieser streetworkspezifischen Angebote, bilden die Arbeitsprinzipien und Standards von Streetwork.
Eine praxisnahe und theoretische Fortschreibung der Thematik der Schnittflächen von Streetwork wird sich auf die Beschreibung von derartigen Projekten und deren Rahmenbedingungen konzentrieren.

IV. Rahmenbedingungen eines Projektes an den Schnittflächen von Streetwork zu angrenzenden Arbeitsfeldern der Jugendhilfe am Beispiel:
“Entwicklung einer sozialen Gruppenarbeit nach § 29 SGB VIII aus dem Arbeitsfeld Streetwork”

Dieses Modellprojekt an den Schnittflächen von Streetwork und weiterführenden Hilfen gemäß SGB VIII begann zunächst als ein Prozeß mit ungewissem Ausgang, vor allem aber mit unbekannten Ausgangsgrößen.
Welche sind aus Sicht von Straßensozialarbeit die „unbekannten Größen“ eines solchen Modellprojektes und welche sind die notwendigen Rahmenbedingungen, die ein Gelingen des Projektes möglich erscheinen lassen? Hierbei handelt es sich zunächst um äußere Bedingungen des Projektes, die nicht auf den unmittelbar sozialpädagogischen Gruppenprozeß focussieren:

1. Voraussetzung ist das Selbstverständnis von Streetwork als ein sich selbstdefinierendes und eigenständiges Arbeitsfeld der Sozialarbeit, das sich auf spezifische Art und Weise in die Vielfalt der Arbeitsansätze der Sozialarbeit einordnet.

2. Es ist zunächst der konkrete Hilfebedarf an den Schnittflächen von Streetwork zu ermitteln, auf dessen Grundlage ein streetworkspezifischer Katalog von geeigneten Hilfen zu entwickeln ist, der über die bisherigen Handlungsangebote von Streetwork hinausreicht (Erstellung eines Hilfebedarfs).

3. Auch bedarf es eines Konzeptes für ein Kooperationsprojekt an den Schnittstellen von Streetwork, das auf den inhaltlich-theoretischen Grundlagen, den Standards und Handlungskonzepten sowie Arbeitsprinzipien von Streetwork basiert.

4. Projekte an den Schnittstellen zu anderen Arbeitsfeldern müssen sich inhaltlich und methodisch an das Arbeitsfeld Streetwork anschließen (Methoden: sozialpädagogische Gruppenarbeit, Projektarbeit, Einzelberatung, Stadtteilarbeit; Vgl. §13 AG KJHG Berlin).

5. Ferner ist ein sozialpädagogisches Konzept und ein pädagogisches Medium zu erarbeiten, das die Jugendlichen einbezieht und Formen der Selbstbeteiligung berücksichtigt . Hier sind unterschiedliche sozialpädagogische Medien (Tauchprojekt, Projekt für die Eigenfinanzierung, sozialpädagogische Themen, Veranstaltungen mit Amt III einzubeziehen .

6. Notwendig ist die Erstellung eines „Übergangskonzeptes“, das das Projekt in eine Phase der sozialpädagogische Gruppenarbeit und eine Phase der Sozialen Gruppen-arbeit unterteilt und den veränderter Verbindlichkeiten im pädagogischen Prozeß in den jeweiligen Phasen des Projektes Rechnung trägt.

7. Abschluß eines Leistungssvertrages mit dem Jugendamt: Notwenig ist der Abschluß eines Leistungsvertrages mit dem Jugendamt, der neben den Anforderungen des Jugendamtes auch die Leistungsmerkmale bzw. Prinzipien von Streetwork enthält.

8. Eine Intensivierung dieser Entwicklungs- bzw. Übergangsphase zur Sozialen Gruppenarbeit hin, die über das Angebot von Streetwork hinaus geht, birgt die Gefahr einer Finanzierung seitens des Trägers von Streetwork zu Lasten der
aufsuchenden Arbeit. Die Finanzierung dieser Übergangsphase ist noch nicht abschließend geklärt.

9. Die Ausgangs- bzw. Rahmenbedingungen des jeweiligen Streetwork-Teams sind eine wesentliche Grundlage für die Durchführung von Kooperationsprojekten an den Schnittstellen von Streetwork. Das Team sollte kontinuierlich im Stadtbezirk tätig sein und aus mindestens drei Kolleginnen bestehen.

10. Die Existenz stabiler Jugendhilfestrukturen im Stadtbezirk, die derartige Projekte nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung der bezirklichen Hilfen definieren, muß gewährleistet sein.
Dies bezieht sich insbesondere auf tragfähige und niedrigschwellige Strukturen der Jugendarbeit, Jugendberufshilfe, Jugendberatung und Jugendgerichtshilfe, die den Arbeitsprinzipien von Streetwork aufgeschlossen gegenüberstehen.

11. Inhaltlich-struktrelle und möglichst langfristige personelle Verankerung von Streetwork in den Jugendhilfestrukturen des jeweiligen Stadtbezirkes ist wesentliche Basis für ein erfolgreiches Kooperatonsprojekt (Gremienarbeit, Vernetzung, Kooperation).
Auf der anderen Seite sind Kooperationsprojekte das Medium für eine effektive Vernetzung zwischen den Hilfeinstitutionen .

12. Die Gewinnung der Unterstützung aller für die Entwicklung der Jugendhilfestrukturen im Stadtbezirk Verantwortlichen ist unerläßlich (Jugendhilfeausschuß, Bezirksverordnetenversammlung, Jugendhilfeplanung, leitender Fachbeamter des Bezirksamtes für Jugend, Schule, Kultur und Sport, Sozialpädagogischer Dienst und Jugendförderung etc.) . Bei Modellprojekte ist ein parteipolitisch übergreifender Konsens anstrebenswert (Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit).

13. Sinnvoll ist die Schaffung einer Arbeitsgruppe bzw. einer Arbeitsgemeinschaft nach §78 KJHG (z.B. „AG Schnittstellen/ Besondere Zielgruppen“), die sich zum Ziel setzt, die partnerschaftliche Zusammenarbeit der in diesem Feld tätigen öffentlichen und freien Träger der Jugendhilfe zu intensivieren und aufeinander abzustimmen.

Information und Transparenz sind wesentlich für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Hierfür sind regelmäßige Berichte aus dem Projekt notwendig.

„Auf der Grundlage der Vernetzung und Kooperation zwischen den freien und öffentlichen Trägern sind im Interesse der Zielgruppe verbindliche Kooperationsprojekte und Modelle zu entwickeln und zu realisieren. Insbesondere ist darauf hinzuwirken, daß Hilfearten und Hilfeangebote flexibel gestaltet werden.“

14. Ausbau und Intensivierung der Kooperationsstruktur zu den Institutionen der weiterführenden Hilfen gemäß KJHG:
– regelmäßige Treffen mit dem Sozialpädagogischen Dienst,
– notwendig ist der Abschluß einer Kooperationsvereinbarung,
– Unterstützung durch die Arbeitsgemeinschaft nach §78 SGB VIII
(z.B. AG „Schnittstellen/Besondere Zielgruppen),
– ergebnis- und entscheidungsorientierte Moderation durch den leitenden Fachbeamten des Bezirksamtes Jugend, Schule, Kultur und Sport,
– Finanzielle Absicherung des Projektes durch den Sozialpädagogischen Dienst,

15. Inhaltlich-konzeptionelle Verankerung möglicher Kooperations- bzw. Modellprojekte an den Schnittflächen der jeweiligen Arbeitsbereiche in den Standards, Ziel- und Jahresvereinbarungen von Gangway e.V..

„Straßensozialarbeit sollte auf der Grundlage eines streetworkspezifischen Konzeptes und im Dialog mit entsprechenden Entscheidungsträgern mögliche Schnittmengen von aufsuchender Jugendsozialarbeit auf der einen sowie den Aufgabenbereichen der weiterführenden sozialpädagogischen Hilfen gemäß KJHG auf der anderen Seite auf ihre Realisierungsmöglichkeiten in der Praxis prüfen. Hier existiert Diskussions- und Handlungsbedarf.“

Der Diskussionsprozeß muß sowohl vereinsintern als auch nach außen gleichzeitig geführt werden.

16. Eine wesentliche Voraussetzung ist die Entwicklung einer internen Arbeits-, Organisations-, Informations- und Kommunikationsstruktur für die Durchführung des Projektes:

– Arbeits- und Organisationsstruktur im Team Straßensozialarbeit (Kernteam) ,
– Arbeits- und Organisationsstruktur im Team Soziale Gruppüenarbeit,
– Koordinationsfunktion der Geschäftsführung von Gangway e.V. im Rahmen der fachlichen Begleitung des Projektes und bei Teamkonflikten,
– Anleitung der Fachkräfte des Teams Soziale Gruppenarbeit durch Kernteam und die Geschäftsführung von Gangway e.V. bzw. fachliche Koordination und Reflexion.

17. Qualifizierungsmaßnahmen für das Streetwork-Team:
– Qualifizierung in den entsprechenden Bereichen der angrenzenden Arbeitsfelder,
– Qualifikation insbesondere in den Fachbereichen des Sozialpädagogischen Dienstes (Jugendberatung, Jugendgerichtshilfe, Ambulante Hilfen) und im Bereich Jugendberufshilfe .

18. Anforderungsprofil der Fachkräfte in Schnittstellenprojekten:
– die Fachkräfte sollten streetworkspezifische Kenntnisse und Erfahrungen in der Jugend(sozial)arbeit einbringen,
– die Anforderungen und Kriterien für Mitarbeiter des Sozialpädagogischen Dienstes sollten berücksichtigt werden: Pädagogische Ausbildung, fachliche Erfahrung, Lebenserfahrung(langjährige Praxiserfahrung), Erfahrungen mit Institutionen der Jugendhilfe, gemischtgeschlechtliche Zusammensetzung der Fachkräfte, Berücksichtigung von interkulturellen Kompetenzen, Kenntnisse und Kompetenz für das Hilfeplanverfahren, Kooperationsfähigkeit, Auswertung der Leistung mit allen Beteiligten.

19. Jugendhilferechtliche und fachliche Begleitung und Reflexion des Projektes (Evaluation): Unabdingbar ist eine monatliche Bewertung bzw. Reflexion des Projektverlaufes durch qualifizierte Evaluation und regelmäßige externe Supervision.

20. Auswertung des Kooperationsprojektes:
– Auswertung der Leistung mit allen Beteiligten (Gruppe der Sozialen Gruppenarbeit, Gangway-Team, Projektteam, Fach- und Basisdienst des ASPD),
– In der gemeinsamen Evaluation wird über Formen der Weiter- oder Nachbetreuung der Jugendgruppe/Jugendlichen entschieden (z.B. Initiierung eines bedarfsgerechten flexiblen Angebotes),
– Auswertung des Projektes in der “AG Schnittstellen/Besondere Zielgruppen”, im Jugendhilfeausschuß bzw. im Rahmen der Jugendhilfeplanung,
– Dokumentation des Projektes.

Anhang

Satzung der Arbeitsgemeinschaft Schnittstellen / Besondere Zielgruppen nach §78 KJHG

Einberufung
der Arbeitsgemeinschaft Schnittstellen / Besondere Zielgruppen
im Bezirk Prenzlauer Berg”
nach § 78 SGB VIII
durch das
Bezirksamt Prenzlauer Berg, Abteilung Jugend, Schule, Kultur und Sport

Zielsetzung:

Die Arbeitsgemeinschaft Schnittstellen / Besondere Zielgruppen im Bezirk Prenzlauer Berg setzt sich zum Ziel, die partnerschaftliche Zusammenarbeit der in diesem Feld tätigen öffentlichen und freien Träger der Jugendhilfe zu intensivieren und aufeinander abzustimmen im Interesse einer am Hilfebedarf orientierten effektiven Hilfeleistung für Kinder, Jugendliche und junge Volljährige. Insbesondere ist darauf hinzuwirken, daß Hilfearten und Hilfeangebote flexibel gestaltet werden.
Auf der Grundlage von Vernetzung und Kooperation zwischen den freien und öffentlichen Trägern sind im Interesse der Zielgruppe verbindliche Kooperationsansätze und Modelle zu entwickeln und zu realisieren. Gute Erfahrungen hat der Bezirk bereits mit solchen Modellen wie zum Beispiel TriAs, Baracke und der Fachstelle Obdachlosigkeit gemacht.
Aktuelle Fachfragen sind zu erörtern. Kurz-, mittel- und langfristige Planungsprozesse sind gemeinsam zu initiieren und abzustimmen.

Zielgruppe:

Sind alle Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene und Gruppen aus dem Bezirk Prenzlauer Berg:

· mit sozialisationsbedingten, körperlichen, geistigen und / oder psychischen Benachteiligungen bzw. Beeinträchtigungen, die einer besonderen sozialpädagogischen Betreuung, Beratung und Begleitung bedürfen und in den unterschiedlichsten fachlichen und sachlichen Zusammenhängen und Hilfen der Arbeitsgemeinschaft auftauchen.

Praktische Umsetzung:

· Bedarf im Bezirk ermitteln
· Bestehende Angebote abstimmen und koordinieren
· Transparenz der Angebote für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene herstellen
· Unterstützung von bestehenden, eingeführten und von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen angenommenen Projekten und Hilfen
· Ergänzende und neue Projekte und Hilfen planen und initiieren, sowie ihre Kombinationen und Verknüpfungen bedarfsgerecht, flexibel und partnerschaftlich zu ermöglichen

Entsprechend der Bedarfsfeststellung begleitet die Arbeitsgemeinschaft die von ihr entwickelten bzw. angeregten Konzepte und Modellprojekte für besondere Zielgruppen bis zu ihrer Umsetzung und ist bei der Auswertung der Ergebnisse zu beteiligen.
Die Arbeitsgemeinschaft Schnittstellen / Besondere Zielgruppen bezieht bei Bedarf und zu bestimmten Themen oder zu einer kontinuierlichen Mitarbeit VertreterInnen entsprechender Institutionen, Verwaltungen und Gremien mit ein.

Zusammenarbeit mit dem Jugendhilfeausschuß und der bezirklichen Jugendhilfeplanung:

Die Arbeitsgemeinschaft hat schwerpunktmäßig folgende Aufgaben:

· den Jugendhilfeausschuß zum Thema Schnittstellen / Besondere Zielgruppen zu informieren, zu beraten und für die Projektumsetzung zu sensibilisieren
· Mitwirkung an der bezirklichen Jugendhilfeplanung insbesondere zu den Themen:
Jugendsozialarbeit, Kinder- und Jugendschutz, den Hilfen zur Erziehung und Hilfen für junge Volljährige, Eingliederungshilfen für seelisch behinderte Kinder, Jugendlicher und jungen Volljährigen oder die von einer solchen Behinderung bedroht sind, Maßnahmen zum Schutz von Kindern, Jugendlicher und jungen Volljährigen ( wie z.B. Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen), der Jugenddelinquenz und Suchtfragen. Fachliche Stellungnahmen zu Anfragen der bezirklichen Verwaltungen, Institutionen und Gremien.

TeilnehmerInnenkreis:

In der Arbeitsgemeinschaft arbeiten Personen, Träger und Institutionen zusammen, die im Bezirk Prenzlauer Berg im Bereich Jugendhilfe tätig sind.

Hierzu zählen bisher:

BA Prenzlauer Berg, Abt. Jugend, Schule, Kultur und Sport, Amt III, Ambulante Hilfen
BA Prenzlauer Berg, Abt. Jugend, Schule, Kultur und Sport, Amt III, Jugendberatung JUB
BA Prenzlauer Berg, Abt. Jugend, Schule, Kultur und Sport, Amt III, Jugendgerichtshilfe
BA Prenzlauer Berg, Abt. Jugend, Schule, Kultur und Sport, Amt VI, Jugendberufshilfe TriAs
BA Prenzlauer Berg, Abt. Jugend, Schule, Kultur und Sport, Amt VI, Jugendförderung

Gangway e.V.
Pfefferwerk gGmbH
Verband für sozial – kulturelle Arbeit, Projekt: outreach
Prenzl Komm / Psychatrischer Verbund
Berlin, den 16.Dezember 1998

Gesetzliche Grundlagen zur Thematik

(gesetzliche Grundlagen aus dem Gesetz zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes, Berliner AG KJHG vom März 1994; und der 3. Auflage des Frankfurter Lehr- und Praxiskommentar zum KJHG, 1999, unveröffentlichte Auflage)

Mit Blick auf die Hilfsangebote der Hilfe zur Erziehung (HZE) fordert der Gesetzgeber seit längerem Lebensweltorientierung, Offenheit und Flexibilisierung der Angebotspalette. Das Berliner Ausführungsgesetz des KJHG stellt fest:

“(1) Die Hilfe zur Erziehung nach den §§ 27 bis 35 und die Hilfe für junge Volljährige des Achten Buches Sozialgesetzbuch sind bedarfsgerecht bereitzustellen, weiterzuentwickeln und zu differenzieren. Die Hilfen sollen so angelegt sein, daß im Bedarfsfall Mischformen zwischen den einzelnen Hilfearten sowie ihre Kombination und Verknüpfung möglich sind. Auch neue Hilfearten sollen entwickelt werden, soweit ein entsprechender Bedarf besteht.”1

Das Prinzip des Lebensweltbezuges gilt nicht nur für Streetwork und Mobile Jugendarbeit, sondern lebensweltorientierte Hilfen gelten auch als wichtiges Kriterium bei der Gestaltung der Angebotsstruktur in der HZE.

“Bei der Erörterung von Hilfen, die dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall angemessen sind, sind allerdings die Möglichkeiten des Einsatzes insbesondere solcher Hilfen zu prüfen und mit Vorrang zu versehen, die das vorhandene Sozialisationsfeld des Kindes/ Jugendlichen erhalten und stützen. Lebensweltorientierte Hilfsangebote sind aus sozialpädagogischer Sicht besonders wichtig.”2

So ist z.B. Soziale Gruppenarbeit nicht nur im Sozialisationsfeld der Jugendlichen zu initiieren, sie ist vor allem im Umfeld sozial homogener Gruppen anzubieten. Die bisherige Praxis wird diesen Ansprüchen nicht gerecht.

Unter dem Aspekt – Offenheit der Angebotspalette – wird im neuen Kommentar des KJHG gefordert, die “vielfältigen, z.T. spezialisiert angebotenen Hilfeformen immer in Bezug zu den anderen Bereichen (Arbeitsfeldern) der Jugendhilfe” zu stellen. Ohne die Spezifik der Angebote der HzE in Frage zu stellen, wird auf “sachliche Zusammenhänge und die Gleichrangigkeit, Eignung und Notwendigkeit der Leistungen verwiesen, die in den anderen Abschnitten des KJHG aufgeführt werden (so. z.B. Jugendsozialarbeit).”3

Mit Blick auf den Schwerpunkt-Flexibilisierung der HzE- wird auf die Folgen von Spezialisierung und Separierung einzelner Hilfeformen hingewiesen:

“14. Ziel ist es, Spezialisierungen und Separierungen einzelner Hilfeformen aufzubrechen und diese wieder zusammenzuführen. Damit soll die Möglichkeit eröffnet werden, alle ambulanten und teilstationären (z.T. auch stationären) Hilfen für Kinder, Jugendliche und Familien an einem Ort und flexibel zu erbringen, Übergänge zwischen Hilfeformen “abzufedern”, Trägerwechsel und Abbrüche zu vermeiden.”4

Übergänge zwischen den Hilfeformen zu erleichtern, Trägerwechsel und Abbrüche zu Beziehungspersonen zu vermeiden, sind wesentliche Voraussetzung für die Erhöhung der Effektivität und Verbindlichkeit sozialpädagogischer Prozesse.
Die Hinweise zum Lebensweltbezug, der Gleichrangigkeit, Offenheit und Flexibilisierung der Angebote von Streetwork/Mobile Jugendarbeit und der Hilfe zur Erziehung intendieren Kooperationsmodelle an den Schnittstellen, die als Drehscheibe zwischen den Angeboten der allgemeinen Förderung (z.B. sozialpädagogische Gruppenarbeit im Konzept der Jugendsozialarbeit) und den individuellen Hilfen fungieren (z.B. Soziale Gruppenarbeit und Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung).

Insbesondere die Übergänge zwischen den Leistungen nach § 29 lt. KJHG und § 35 lt. KJHG gilt es zu erleichtern. Wie im Angebot der Sozialen Gruppenarbeit Leistungen der individuellen Betreuung und Begleitung verankert sind, sollten in der Intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuung auch Angebote für Gruppenbezüge integraler Bestandteil sein.

Die Entwicklung von Angeboten der Sozialen Gruppenarbeit (§ 29 lt. KJHG) aus Projekten der Jugend(sozial)arbeit heraus entspricht dem Bedarf der von uns betreuten Jugendgruppen und den gesetzlichen Grundlagen lt. KJHG.
Hierzu heißt es in der 3. Auflage des Frankfurter Lehr- und Praxiskommentars zum KJHG:

“6. Soziale Gruppenarbeit kann angesiedelt werden zwischen offenen pädagogischen Angeboten (Jugendarbeit), beratenden Hilfen (z.B. Jugend-/Erziehungsberatung) und der Erziehung außerhalb der eigenen Familie.”5

In der 3. Auflage des KJHG werden auch erste Anregungen für die Umsetzung derartiger Projekte gegeben:

“Die fachliche Perspektive der Ergänzung und inhaltlichen Verzahnung verschiedener Hilfeangebote muß sich auch in einer entsprechenden Kooperationsstruktur zwischen den Einrichtungen/Trägern widerspiegeln. Neben der Kooperation im Einzelfall und anderen Kooperationsbezügen zwischen dem JA und einem einzelnen freien Träger stellen insbesondere trägerübergreifende Arbeitsgemeinschaften eine wichtige Form der Zusammenarbeit dar.”6

Insbesondere die Schaffung einer träger- und angebotsübergreifenden Arbeitsgemeinschaft nach § 78 SGB VIII (z.B. “AG Schnittstelle/Besondere Zielgruppen”) ist eine wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung von Projekten an den Schnittflächen von Streetwork.

Hierzu heißt es im Entwurf der Satzung der “AG Schnittstellen/Besondere Zielgruppen” nach § 78 im Bezirk Berlin-Prenzlauer Berg:

“Auf der Grundlage der Vernetzung und Kooperation zwischen den freien und öffentlichen Trägern sind im Interesse der Zielgruppen verbindliche Kooperationsprojekte bzw.-modelle an den Schnittflächen der bestehenden Hilfen zu entwickeln und zu realisieren. Insbesondere ist darauf hinzuwirken, daß Hilfearten und Hilfeangebote flexibel gestaltete werden.”7

Gesetze3
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