Straßensozialarbeit in Berlin

Far away in America

Vom 08. zum 15 Juli 2023 fand in Sacramento, Kalifornien der diesjährige Homeless World Cup statt.

Unser Ocker Beige Torhüter durfte für das Team Germany die lange Reise über den großen Teich antreten und verfasste folgenden Bericht:

Am Mittwoch fuhr ich um 12 Uhr vom Hauptbahnhof in Berlin mit dem ICE nach Frankfurt. Dort angekommen ging es ins Hotel, dies lag direkt im Rotlichtviertel, was einem Vereinsmitglied des Kiezklubs aus Hamburg entgegenkam – sich nochmal heimisch fühlen bevor die Reise in die „Neue Welt“ losgeht.
Am nächsten Morgen ging nach einem genüsslichen Kaffee und einer Zigarette mit der S-Bahn zum Frankfurter Flughafen und dabei erstmal den Zug – auf einem anderen Gleis als ursprünglich angegeben – fast verpasst.
Am Flughafen traf ich dann als einer der ersten ein. Die anderen Spieler kamen auch nach und nach an.
Leider musste unser Angelo noch nach Frankfurt fahren, da sein Visum noch nicht vorlag.
Vom Bruder Konrad Haus aus Saarbrücken haben wir noch DFB Trikots mitbekommen.
Kurz vor Abflug kam dann die Nachricht, dass Angelos Visum dann noch vorlag und er mit uns zusammen fliegen konnte. Große Freude im Team.

Mit dem Flugzeug ging es erstmal bis Washington (für einen von uns sogar Business Class, (der Berliner, war ja klar).
Dort hatten wir bis auf die Wartezeit von 1h keine Probleme bei der Einreise.
Gemeinsam mit den Teams aus der Schweiz und Portugal ging es von Washington dann in der Economy Class bis Sacramento; übrigens für ALLE, was einem natürlich nicht gefiel.

Am Flughafen wurden wir von PiPiPi Bus abgeholt und zum Universitätscampus gefahren.
Dort wurde eingecheckt und Abendbrot gegessen. Dann ging es auf die Zimmer.
Erste Hiobsbotschaft gab es an diesem Abend auch noch: Strenges Verbot aller Arten von Tabak auf dem Campus!
Sonst war alles schön, nur abends etwas frisch, was sich aber noch ändern sollte. Auch wurden wir von der heimischen Tierwelt begrüßt in Form von zwei Präriehunden. Sehr zutraulich und süß waren die beiden.
Am Freitag morgens um 9 gab es amerikanisches Frühstück (wo war Salami und Käse?). Danach eine kleine Trainingseinheit zum warm werden bei 32°.
Danach Mittagessen und ein zweites Training.
Abends gab es die Eröffnungsparty mit Auslosung der ersten Gruppenphase.
Unsere Gruppe hätte nicht leichter sein können aber ausscheiden wie das DFB Vorbild ging zumindest schonmal nicht.
Dann gab es Bohnen, Reis und Hähnchenfleisch.
Freizeit bis 24 Uhr schloss sich an.

Frühmorgens am Samstag gab es Frühstück und anschließend ging es zur Spielerparade zum Stadion der Sacramento Hornets. Dort begegneten mir drei bekannte Persönlichkeiten aus Berlin. Ich konnte es erst gar nicht fassen aber es war die Gang von „Ocker Beige Berlin“, auch Streetworker*innen von Gangway Drop Out Focus genannt.
Da sie im Austausch mit Organisationen in Kalifornien einen Arbeitsbesuch hatten wollten sie sich die Eröffnung und unser erstes Spiel gegen Polen nicht entgehen lassen.
Dies lief angesichts des großen Drucks von außen eigentlich recht gut, wurde leider aber knapp 0:10 verloren.
Danach gab es Wraps zum Mittagessen, anschließend einen freien Nachmittag mit Besuch des Pools und abends noch ein Gruppengespräch. Dann aber auf die gekühlten Zimmer.

Tagestemperaturen +36°. Bei einem Spieler hat sich sogar der Kleber seiner Schuhe verabschiedet. Zum Glück konnte ihm ein neues Paar zur Verfügung gestellt werden.
Vom Tagesablauf veränderte sich auch am Sonntag nichts, außer dass wir am Nachmittag mit dem Bus nach Old Sacramento fuhren.
Am Vormittag hatten wir ein Freundschaftsspiel gegen die USA und unser zweites Gruppenspiel gegen Chile.
Beide Matches gingen nach hartem Kampf zwar knapp verloren, gegen den späteren Turnier-Sieger Chile waren wir sogar knapp an unserem ersten Torerfolg dran.
In diesem Spiel erhielt unser Torwart die „Whistle of Hope“ für gute sportliche und faire Spielweise. Die Pfeife ist ein Andenken an den vor kurzem verstorbenen HWC – Schiri Harry Milas.
Am Montag ging es nach dem Frühstück gegen Australien auf den Platz, wo wir den ersten echten Verletzten zu beklagen hatten – Blasen an den Füßen nicht mitgezählt.
Unser Torwart musste nach einem Kopftreffer (mitten auf die Nase – kein Tor!) auch als Vorsichtsmaßnahme eine Pause einlegen. Dies wurde von den Medicos der Sacramento Kings, dem ansässigen Basketball-Club, die sich das ganze Turnier um die Teilnehmenden kümmerten, bestätigt.

Jetzt trafen auch wieder unsere Hooligans aus Berlin ein, die wir auch gestern in Old Sacramento gesichtet haben.
Da musste doch glatt noch ein Foto gemacht werden: Vier Berliner am kalifornischen  Polizeiauto.
Der Berliner Torwart durfte sogar auf dem Fahrersitz Platz nehmen. Losfahren wollte er auch, nur hatte er keinen internationalen Führerschein dabei sodass er davon Abstand genommen hat.
Danach stand noch das Spiel gegen Litauen an, bei dem unser neuer im Tor eine Superleistung ablieferte. Leider verloren wir auch das fünfte Spiel.
Wobei aber der Ref diesmal keine gute Leistung ablieferte, was aber nichts änderte und unsere gute Stimmung weiterhin nicht betrübte.
Einige von uns fuhren nochmal in die Stadt, die anderen wollten ihre Blessuren auskurieren.
Zum Abendbrot gab es einmal mehr Wrrrraps.

Am Dienstag folgte das Spiel gegen Dänemark, wobei sich die Knieverletzung unseres Torhüters im Laufe des Turniers als so schlimm herausstellte, dass es sein letztes Spiel war.
Aber auch das konnte uns in unserer Begeisterung, an diesem Turnier teilzunehmen, nicht runterziehen; von kleinen Dissensen innerhalb des Teams mal abgesehen.
Aber auch das gehört nun mal bei verschiedenen Charakteren innerhalb eines solchen Turniers dazu. Konflikte konnten aber nach gemeinsamen Gesprächen ausgeräumt werden und der Spaß konnte weitergehen.
Im abschließenden Gruppenspiel bekamen wir es mit der Ukraine zu tun. Aus Gründen haben wir auch dieses Spiel verloren.
Am Abend konnten wir uns auch über eine zweite Begegnung mit der heimischen Tierwelt erfreuen.
Das Googlen ergab das es sich um eine schwarze Witwe handelte, worüber dann alle nicht mehr ganz so erfreut waren.
Nachdem am Dienstag Hope Solo, Torhüterin-Weltmeisterin mit den USA, im Stadion war, fand am Mittwoch ein Symposium mit ihr und anderen statt. Thema: Erfahrungen und Beendigung von Obdachlosigkeit als weltweites Problem.
Als Gruppenletzter ging es am Mittwoch gegen Südkorea und donnerstags gegen Norwegen in der Zwischenrunde um zwei Plätze im Viertelfinale .
Oder wie wir eben sind klassisch, intelligent direkt ins Halbfinale einzuziehen mit Platz 3 in einer Dreiergruppe.
Dies konnten wir Dank taktisch und technischer Glanzleistungen erreichen, da wir beide Spiele knapp verloren.
Jetzt ging es am Freitag darum das FINALE zu erreichen.
Eine weitere Hiobsbotschaft überschattete dieses Ziel.
Einer von uns musste aus privaten Gründen schon am Abend abreisen.
Für ihn und mit ihm wollten wir den Finaleinzug perfekt machen.
Und auch diesmal gelang unser Plan. 6:2 SIEG.
Danach ging es in die Unterkunft, da früh morgens das Finale anstand.
Gegen Pakistan waren wir krasser Außenseiter, konnten die Partie aber lange offenhalten. Unser Spiel war sehr ansehnlich, nur durch zwei frühe Gegentore und viel Spielglück der Pakistaner verloren wir 2:4.
Dafür holte sich unser Torwart aber das Trikot vom Manager unseres Gegners, dieser darf dafür jetzt mit einem Shirt eines Brandenburger Regionalligisten Werbung machen.
Siegerehrung war gleich im Anschluss.
Unser Manager lieh sich kurzfristig den Pokal aus, gab ihn jedoch schnell wieder zurück.
Jetzt war Koffer packen angesagt.
Abends ging es nach Verabschiedung von vielen Teams mit dem Bus  zum Flughafen.
Bis Chicago O’Hare flogen wir zusammen.
Einige besuchten Chicago während des vierstündigen Aufenthalts.
Dann ging es mit einer Verzögerung von 1,5 Stunden weiter.
Am Montag früh landeten wir erfolgreich auf dem Flughafen Frankfurt.
Jetzt ging es nach Hause.
Jetzt werden wir erstmal die Erinnerungen, Erfahrungen und Eindrücke verarbeiten.
Bald werden wir uns aber wiedersehen, spätestens bei der deutschen Meisterschaft vom 13.-15.10.2023 in Hamburg vorm Millerntor. Vielleicht sogar noch in Polen beim Wroclaw Cup 2023.

Vielen Dank an das Team von Gangway Drop Out Focus, an die Spieler von Ocker Beige Berlin. Jiri Pacourek & Johan Graßhoff von Anstoß e.V. gilt natürlich besonderer Dank.
Danke auch für die Trikots von Anstoß e.V. und dem Bruder Konrad Haus aus Saarbrücken.

 

 

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