Team Friedrichshain hat zwei neue Kolleginnen. Diesen Artikel möchten wir nutzen um Euch von unseren Erfahrungen und Eindrücken des Einstiegs berichten.

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Hallo, ich bin Luise und werde Lulu genannt. Seit dem 1.1.2020 bin ich Teil des Streetworkteams Friedrichshain. Die Freude auf das neue Team und die neue Aufgabe war groß. Ebenso die Aufregung Jugendliche, Strukturen & Gangway Kollegium und mich als Streetworkerin kennenzulernen. Straßen und Plätze merken, Block erkunden, erste Beratungen beobachten, dutzende Namen und deren Zugehörigkeit abspeichern, Zusammenhänge erfassen, Gespräche führen, Hände schütteln, Smalltalk in den Sitzungspausen, Netzwerkpartner*innen aufsuchen und sich dort vom Team vorstellen lassen, Überblick verschaffen, Freude auf das Einsteiger*innen Seminar, erste Supervision, der Herausforderung ins Gesicht sehen, dass nun Kinder und Vollzeitjob zu neuen Arbeitszeiten koordiniert werden müssen, Vorfreude auf die Klausurtagung. Dies war zu Beginn alles in meinem Kopf.

Da mein Einstieg am 2.1.2020 erfolgte, hatte ich noch ein wenig alte Normalität.

Das Team war im Prozess des Jahresberichtes, Büro wurde umgeräumt, Sitzungen fanden statt und ich konnte einige Aktionen planen und begleiten. In den Winterferien war Corona in Friedrichshain noch kein Teil des Alltages.

Ich bekam das Vertrauen des Teams und konnte gleich auf dem RAW Gelände mit dem Club Weißer Hase eine Veranstaltung planen, Treffen mit allen Akteuren*innen und Bestellungen organisieren, Absprachen treffen. Ich habe ein gutes Gefühl, die Veranstaltung wird gut werden und ist eine ideale Möglichkeit, um noch mehr Jugendliche kennenzulernen.

Die ersten Ferienaktionen starteten und die Zeit mit den Jugendlichen war spannend, wir lachten viel, es entstand mein erster Einzelfall, es fängt an zu laufen, das fühlte sich gut an.

Die Arbeitsgruppen und Sitzungen halfen mir dabei meine Eindrücke zu vertiefen. Noch eine kurze Zeit, dann ist die neue Kollegin Berit da, dann sind wir komplett, können richtig durchstarten, uns auf dem Einsteiger*innen Seminar kennenlernen, gemeinsam ankommen, Team-Tage, Aktionen in den Osterferien, vielleicht eine kleine Reise mit Jugendlichen vom Block, das Potenzial eines wachsenden Teams nutzen, Prozesse voranbringen. Ich war voller Energie, freute mich auf den Frühling auf den Straßen in Friedrichshain und darauf, was kommt.

Es ist März und Corona ist in Deutschland angekommen, diese Pandemie wird unser Leben und Arbeitsalltag verändern, wird uns verändern.

Sitzungen und Beratungszeiten im Büro werden abgesagt, Hygiene und Abstand sind alltägliche Themen geworden, ein Gefühl von Unsicherheit macht sich breit, Mails und Newsticker werden ununterbrochen gecheckt. Welche Neuigkeiten und Vorgaben gibt es? Jugendliche sind frustriert, denn wir sagen geplante Aktionen ab, können keine Gruppen mehr treffen, gegrüßt wird auf Abstand, Achtsamkeit wird gefordert, Schulen schließen. Wir müssen uns neu aufstellen, Social Media Kanäle glühen, genauso unsere Köpfe. Wie können wir den Jugendlichen in dieser Zeit gerecht werden, wie lange wird das hier andauern?

Schulen und Kitas sind zu, der Spagat der Eltern mit Job wird herausfordernder. Ich bin dankbar für mein Team, bin gelegentlich im Homeoffice, das ist ok für sie. Videochats erleben neuen Aufwind, ich bespreche Termine am Laptop, chatte mit Jugendlichen, versorge den Instafeed, verstecke mich im Schlafzimmer, hoffe, dass die Kinder noch etwas ohne mich spielen können. Sie vermissen ihre Freunde und Freundinnen und Großeltern. Sie haben Hausaufgaben und Vorschularbeit auf, die Lehrkräfte und Erzieher*innen meinen es gut, versorgen uns mit viel Material. Wer schon einmal einen Coworking Space mit Kindern hatte weiß, dass Geduld und Struktur nun wichtiger sind als sonst. Ich schlichte Streitigkeiten, koche, wasche, erledige Einkäufe für den älteren Nachbarn und zwischendurch denke ich an all die Aktionen, die nun für die Jugendlichen entfallen sind und dass ich keine Ahnung habe, wann das nachzuholen ist. Nach stundenlangen Rundgängen auf der Straße traue ich mich kaum meine Kinder zu begrüßen, „Ich muss erst ins Bad und Hände waschen.“, ist meine neue Art ihnen Hallo zu sagen, auch für die Kids ist es eine Herausforderung.

Berit startet zeitgleich und ich hätte ihr gewünscht, dass sie auch die Gelegenheit gehabt hätte vor Corona zu starten.

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Ich bin Berit und bin seit April beim Team Friedrichshain. Auch ich hab mich sehr auf den Arbeitseinstieg gefreut: Endlich wieder im Team und mit Jugendlichen arbeiten, ein neues Arbeitsfeld, gemeinsame Ausflüge und Workshops, motivierte engagierte Kolleg*innen, enger Austausch, großer Träger, viele unbekannte Gesichter kennenlernen, Netzwerken im Bezirk und Gremienarbeit: Viel neuer Input!=)

Kurz vor Beginn war ich dann doch unsicher: Werde ich überhaupt regulär starten können? Nach einem kurzen Telefonat war klar: Ja, es geht los! So startete ich voller Motivation, denn Krise kann ja auch Chance sein, gemeinsam um die Ecke zu denken und neue Konzepte zu entwickelt. Aber kann ein Kennenlernen vom Team im Büro stattfinden? Schließlich wird der wirklich sehr herzliche Empfang unter Abstand draußen zelebriert. Langsames Herantasten und Entwicklung eines gemeinsamen Umganges mit der Abstandsregelung ist die erste Team-Herausforderung.

Zur anfänglichen Aufbruchstimmung hat sich mit der Zeit aber auch ein „Abgebremst-Gefühl“ eingeschlichen: Alles geht langsamer und vor allem über Technik. Soziale Medien stehen im Vordergrund. Das macht es schwieriger mit Jugendlichen und überhaupt Menschen aus dem Kiez und Träger in Kontakt zu kommen und Beziehungen aufzubauen bzw. aufrecht zu halten. Alle Veranstaltungen sind abgeblasen, sowohl für Jugendliche als auch fürs Team. Beratungszeiten im Büro hab ich gar nicht mehr kennen gelernt, der Kontakt auf der Straße ist immer mit dem Appell des Abstandes verbunden. Dafür ist die Zeit sich auf theoretischer Ebene mit dem neuen Arbeitsfeld auseinanderzusetzen. Die Gesamtsituation drückt aufs Gemüt. Zum Glück ist Soziale Arbeit systemrelevant und wir können uns draußen treffen und sitzen nicht nur im Homeoffice=)

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Viele Beobachtungen von uns beiden decken sich: Die Zentrale in der Schumannstraße war immer ein guter Spot um Gespräche zu führen und das Kollegium kennenzulernen, damit gehen wir nun sehr sparsam um. Netzwerktreffen per Videochat sind seltsam, da wir Gesichter nur schlecht erkennen können, alle hocken in ihren Küchen oder Bürozimmern, Smalltalk in den Sitzungspausen ist nicht mehr machbar, Zuordnung von Gesichtern und Namen ist in live einfacher und macht dort auch mehr Spaß.

Wir haben kaum Kontakt zu anderen Teams, die Klausurtagung findet sehr wahrscheinlich erst 2021 statt. Die gesamte Struktur von Gangway und dem Bezirk allein über Erzählungen kennenzulernen macht alles sehr abstrakt. Das erfordert viel Geduld.

Wir haben unsere Arbeit verändert, sind digitaler geworden. Die online stattfindenden Gremien sind zwar immer noch von technischen Problemen begleitet „Könnt ihr mich hören, hallo hallo?“, dafür wurden Handzeichen und Moderationstechniken entwickelt. Läuft eigentlich inzwischen ganz gut. Der Austausch inspiriert und ständig überlegen wir uns neue Herangehensweisen, genauso schnell werden alte wieder verworfen. Es ist eine Zeit des Umbruchs. Gestern noch Instagram Challenges und Gabenzaun, morgen schon etwas ganz anderes.

Auch Jugendgruppen sind wieder vermehrt anzutreffen, keiner hält mehr die Isolation zu Hause aus. Wir sind täglich präsent im Bezirk, fahren viel mit dem Rad, beobachten Polizeikontrollen und die wachsende Langeweile unter den jungen Menschen, Sitzungen werden weniger abgesagt, die Umstellung auf den digitalen Austausch scheint nun überall erfolgt. Die Anfangsstarre wurde durch ein Bewusstsein abgelöst, dass dies hier kein Zustand ist, welcher in zwei Wochen wieder vorüber ist, sondern uns nun länger begleitet.

Wir sind gespannt auf die Zukunft und unsere neue Normalität, jetzt liegt es an uns neue Wege durch diese Zeit zu finden und manchmal fühlt es sich an, als würde sich das gesamte Team gemeinsam einarbeiten.

 

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