Die Notwendigkeit kostenloser Hygieneprodukte

Die Forderung nach kostenloser Hygieneprodukte für menstruierende Personen ist kein Aufruf zur Ungleichbehandlung von Geschlechtern, sondern zeigt deutlich, dass ein Gesundheits- und Gleichberechtigungsproblem vorliegt. Menstruation ist eine natürliche biologische Funktion, die rund die Hälfte der Bevölkerung betrifft und für die sich Betroffene nicht entschieden haben. Dennoch ist der Zugang zu den notwendigen Produkten in vielen Ländern nicht kostenlos oder steuerfrei.

Periodenarmut: Wenn man sich Menstruation nicht mehr leisten kann

Die finanzielle Belastung, die Menstruierende, insbesondere wirtschaftlich benachteiligte Personen, tragen müssen, ist erheblich. Der kontinuierliche Verbrauch von Hygieneartikeln wie etwa Tampons, Binden und Slipeinlagen stellt über Jahrzehnte hinweg eine monetäre Belastung dar. Darüber hinaus müssen Menstruierende häufig zusätzliche finanzielle Mittel für Medikamente zur Linderung von körperlichen Beschwerden wie Bauch- oder Kopfschmerzen aufbringen.

Die monatlichen Ausgaben für Periodenprodukte, Schmerzmittel und Verhütungsmittel liegen zwischen fünf und 35 Euro. Schätzungen in den USA gehen davon aus, dass eine Person im Laufe ihres Lebens insgesamt rund 16.000 Euro für ihre Menstruation ausgibt (Menstruation im Fokus, 2022, Plan International Deutschland e. V., S. 13). Obwohl in Deutschland die Mehrwertsteuer auf Hygieneprodukte von 19 % auf 7 % gesenkt wurde, bleiben die Kosten, insbesondere für finanzschwache Bevölkerungsgruppen, weiterhin zu hoch. Ein Beispiel hierfür ist der Bürgergeldsatz für das Jahr 2023, der für den Bereich der Gesundheitspflege lediglich einen Betrag von 19,16 € im Regelsatz vorsieht. Diese Summe berücksichtigt jedoch nicht die Tatsache, dass Menstruierende aus diesem Betrag zusätzlich die Kosten für Hygieneprodukte und Schmerzmedikamente decken müssen. Diese Ausgaben können einen erheblichen Teil des verfügbaren Einkommens dieser Personengruppe beanspruchen und die wirtschaftliche Lage zusätzlich belasten.

Kostenpflichtige Menstruationsprodukte sind keine Wahl, sondern eine Notwendigkeit für menstruierende Personen. Sie sind wichtig für die Gesundheit und Hygiene während der Periode.

 

Würde und Gesundheit in Gefahr

Bei der Diskussion über die Versorgung mit grundlegenden Hygieneprodukten sollte stets an alle Menschen gedacht werden. Insbesondere die Bedürfnisse obdachloser Personen verdienen besondere Beachtung, da sie aufgrund des mangelnden Zugangs zu sanitären Einrichtungen vor erheblichen Herausforderungen bei der Aufrechterhaltung ihrer persönlichen Hygiene stehen.

Menstruierende wohnungslose Personen stehen vor besonderen Schwierigkeiten, wenn es um den Umgang mit ihrer Periode ohne angemessene Ressourcen geht. Ohne Zugang zu den notwendigen Hygieneprodukten ist diese Personengruppe gezwungen, auf improvisierte Alternativen wie etwa Taschentücher, Zeitungen oder Stoffreste zurückzugreifen. Diese Lösungen sind jedoch nicht nur unhygienisch, sondern auch unzuverlässig und können zu gesundheitlichen Problemen wie Infektionen oder Hautirritationen führen. Zudem kann es passieren, dass Kleidung länger getragen werden muss um Blutungen zu absorbieren, was weitere gesundheitliche Risiken mit sich bringt.

Die Bedeutung der Versorgung mit grundlegenden Hygieneprodukten wird deutlich, wenn man die Erfahrungen Betroffener betrachtet. Eine Frau, die in einem Interview mit dem Vice Magazin sprach, betonte: 

„In den Notunterkünften bekomme ich Binden. Darüber bin ich froh. Nicht nur mit Periode, auch wenn man sonst Ausfluss hat. Aber man braucht Privatsphäre. Einen Raum, um die alte Binde rauszunehmen, die neue rein. Unterhose und Jeans wieder hoch. (…) Wenn Männer sehen, dass du deine Hose unten hast, was machst du dann? Die kommen schnell.“

Diese Aussage macht deutlich, dass der Mangel an geeigneten Ressourcen Auswirkungen auf die Wahrung der Privatsphäre obdachloser Personen hat. Angst vor Belästigung und Übergriffen fördert zusätzlich ungesunde oder gefährliche Alternativen zur Menstruationsbewältigung. Die Unfähigkeit, ihre Periode diskret zu handhaben, kann zudem zu Schamgefühlen führen und ihre psychische Gesundheit zusätzlich belasten.

 

Die Fairness-Debatte

Die Bereitstellung kostenloser Hygieneprodukte für menstruierende Personen ist eine wichtige Maßnahme zur Förderung der Gleichberechtigung und Chancengleichheit. Nichtbetroffene könnten argumentieren, dass dies eine Benachteiligung für sie darstelle. Doch diese Sichtweise berücksichtigt nicht die spezifischen biologischen Bedürfnisse und Herausforderungen, die mit der Menstruation einhergehen.

Es ist wichtig zu betonen, dass die Periode eine natürliche biologische Funktion ist, die ausschließlich bei menstruierenden Personen auftritt. Daher ist der Bedarf an Hygieneprodukten und die damit verbundenen Kosten unvermeidlich. Die Bereitstellung kostenloser Hygieneprodukte zielt darauf ab, den finanziellen Druck und die Ungleichheit in Bezug auf Menstruationsprodukte zu verringern. Es geht darum, die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen, ohne dass menstruierende Personen gezwungen sind, zwischen der Bewältigung ihrer Menstruation und anderen lebenswichtigen Ausgaben wählen zu müssen.

Ein verwandtes Thema ist die sogenannte “Pink Tax”, bei der Produkte wie etwa Deos, Rasierklingen und Hautpflege sowie Dienstleistungen im Kosmetikmarkt für FLINTA* – insbesondere Frauen – eine höhere Preisdisparität aufweisen als vergleichbare Produkte für Männer. Das Ergebnis geschlechterspezifischem Marketings und die damit einhergehende Geschlechterdiskriminierung verstärkt die finanzielle Belastung für menstruierende Personen zusätzlich.

 

Schlussfolgerung

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Forderung nach kostenlosen Hygieneprodukten für menstruierende Personen aufgrund ihrer spezifischen biologischen Bedürfnisse und den finanziellen Belastungen gerechtfertigt ist.

Die monatlichen Ausgaben für Menstruationsprodukte, Schmerzmittel und Verhütungsmittel sind signifikant und können insbesondere für wirtschaftlich benachteiligte Personen zu einer erheblichen Belastung werden. Die Bereitstellung kostenloser Hygieneprodukte ist ein wichtiger Schritt zur Förderung der Gesundheit und Gleichberechtigung. Die Situation obdachloser Frauen verdeutlicht die dringende Notwendigkeit angemessener Ressourcen, um die Privatsphäre zu wahren und gesundheitliche Risiken zu minimieren. Die Debatte über die “Pink Tax” betont weiterhin die finanzielle Benachteiligung von FLINTA* bei bestimmten Produkten und Dienstleistungen.

Kostenlose Hygieneprodukte sind daher ein wichtiger Schritt, um diese Ungleichheit zu verringern. Es ist von großer Bedeutung, die spezifischen Bedürfnisse und Herausforderungen von menstruierenden Personen anzuerkennen und Maßnahmen zu ergreifen, um ihre Gesundheit, Würde und soziale Teilhabe zu fördern.

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