Die Entwicklung von Integrations- und Übergangskonzepten

Ein Kommentar zur Einheit der Jugendhilfe aus Sicht Aufsuchender Jugendsozialarbeit (Von Jan Becker, Gangway e.V.)

Teil I. Die Qualität des Arbeitsfeldes Aufsuchende Jugendsozialarbeit und seine Vermittlungspotentiale

„Die Jugendlichen, mit denen wir es zu tun haben, fallen auf.
Man sagt auch: Sie sind auffällig.
Sie haben Kraft und wollen sie zeigen.
Man sagt auch: Sie sind gewaltbereit.
Sie haben Probleme.
Man sagt auch: Sie machen Probleme.
Sie werden ausgegrenzt.
Man sagt auch: Sie grenzen sich selber aus.
Meist stimmt beides.“

(Elvira Berndt, Gangway e.V.)

In dieser sympathischen wie auch problemhaften Beschreibung unserer Jugendlichen prallen die Widersprüche des Arbeitsfeldes geradezu aufeinander. Diese Gegensätze im Alltag zu vermitteln, ist die praktische Philosophie Aufsuchender Jugendsozialarbeit verpflichtet.
„Straßensozialarbeit– eine aufsuchende Form sozialer Arbeit“ (1) – ist eine relativ junges Arbeitsfeld der Sozialarbeit. Die Vorteile sind: Offenheit für vielfältige soziale Widersprüche, die Entstehung neuer Selbstverständnisse in der Jugend- und Sozialarbeit, Innovation und flexible Strukturen. Sie bergen aber auch zugleich immense Gefahren in sich: Wie zum Beispiel Omnipotenz in bezug auf den eigenen und den gesellschaftlichen Anspruch, Isolation und diesbezügliche Mythenbildung, methodische Auflösung in den Strukturen anderer Arbeitsfelder und nicht zuletzt den Verlust der eigenen Philosophie durch eine unstrukturierte Widerspieglung nahezu aller, schlimmstenfalls ideologisierter Richtungskämpfe in der Sozialarbeit. Das Erfassen der Bewegungs- und Entwicklungsstruktur des Leistungsfeldes und seines Handlungsverständnisses ermöglicht nicht nur eine professionelle Gefahrenabwehr, sondern es definiert seine Qualität in den Vermittlungsprozessen sozialer Arbeit.

1. Die äußere Struktur des Arbeitsfeldes
Die öffentliche Entstehung vieler Projekte, die Rezeptionsgeschichte angloamerikanischer Arbeitsansätze, Problemanzeigen und Bedarfsbeschreibungen in den Projekten und die Versuche, Standards für dieses Arbeitsfeld zu formulieren, haben etwas gemeinsam:

  • gesellschaftliche Ausgrenzung und Selbstausgrenzung bestimmter Gruppen auf Grund komplexer sozialer Problemlagen (Unterstützungs- und Integrationsbedarf),
  • die Wahl des öffentlichen Raumes als einen wichtigen Sozialisations- und Lebensraum und die gesellschaftlichen Reaktionen auf Auffälligkeit in der Öffentlichkeit,
  • der öffentliche Auftrag und ein sich entwickelndes Selbstverständnis engagierter Sozialarbeit, ausgehend von vorhandenen, geeignetere – z.B. aufsuchende –Handlungsansätze zu finden, die Lebenssituation der AdressatInnen zu verbessern.

Will man nicht im Zirkel der Abstraktion verschwinden, bildet der reale Zusammenhang dieser drei Ebenen den zentralen gesellschaftlichen Bezug und den Vermittlungsauftrag des Arbeitsfeldes. Er ist zugleich die Grundlage für eine spezifische Form sozialer Arbeit: Die Transformation in einen systemeigenen Handlungsansatz. Die formale Struktur des Arbeitsfeldes wird in der Systematik der Standards abgebildet. Sie entspricht über die Leistungsfelder hinweg den Handlungsebenen sozial-kommunikativer Prozesse und gewährleistet somit die formalen Übergänge zwischen den Leistungsbereichen.

2. Ein spezifischer Hilfebedarf – Zentrale Kategorie und innere Struktur des Arbeitsfeldes
Adressaten von Straßensozialarbeit sind laut gesetzlichem Auftrag im allgemeinen Menschen im öffentlichen Raum (Aktions- und Sozialraum), deren Lebenssituation durch Sozialarbeit und Sozialpädagogik zu verbessern wäre, die aber aus unterschiedlichen Gründen von den bestehenden Einrichtungen der Sozialarbeit nicht genügend erreicht werden bzw. erreicht werden wollen. Im Fall der Aufsuchenden Jugendsozialarbeit sind es Jugendliche, die zusätzlich zu den ohnehin schon großen Schwierigkeiten, beziehungsfähig zu bleiben, eine befriedigende Arbeit zu finden und eine positive Identität herauszubilden, in hohem Maße von gesellschaftlichen Umständen benachteiligt und individuell beeinträchtigt sind und sich ausgegrenzt fühlen (soziale Problemlagen).
Der rechtssystematische Ort der Tatbestandsvoraussetzungen für Leistungen des Arbeitsfeldes wird durch den Grad der sozialen Ausgrenzung und dem Grad der Erreichbarkeit/ Vermittelbarkeit bestimmt. Obwohl er zwischen den Leistungsbereichen variiert und häufig dazu zwingt, dass KJHG quer bzw. rückwärts zu lesen, prägen gemeinsame Tatbestandsmerkmale und der daraus abgeleitete Hilfebedarf die innere Struktur des Arbeitsfeldes:

  • Häufig handelt es sich bei den Problemen, die zu einer Ausgrenzung in sozial gefährdete Räume (z.B. „Straße“) geführt haben, um die gleichen komplexen Problemlagen, die einer Erreichbarkeit dieser Jugendlichen durch Leistungsbereiche der Jugendhilfe und anderer Gestaltungsbereiche der Gesellschaft entgegenstehen.
  • Viele dieser Jugendlichen sind sozial benachteiligt wie auch individuell beeinträchtigt. Den beiden Tatbestandsmerkmalen sind aber nicht notwendig trennbare Verursachungen eigen, weil häufig komplexe Entstehungsbedingungen von Benachteiligung und Beeinträchtigung im Entwicklungsprozess junger Menschen Ausgrenzungen, persönliche Probleme und Krisen bewirken. Für die zentrale Phase des Arbeitsfeldes – zwischen Erreichen und Vermittlung – macht die im Kommentar zum § 13 SGB VIII vorgenommene alternative Unterscheidung der Tatbestandsmerkmale wenig Sinn.
  • Der Mehrzahl der Jugendlichen ist zudem eine nicht wenigstens durchschnittlich altersgemäße gesellschaftliche Integration gelungen.

Für Aufsuchende Jugendsozialarbeit ist ein an den Adressaten orientierter erhöhter sozial-pädagogischer Unterstützungsbedarf im Sinne der Sozialen Integration gemäß § 13 (1) SGB VIII und in Abgrenzung zu § 11 SGB VIII (Jugendarbeit), §§ 13 (2), 13 (3) und zu den §§ 27 SGB VIII (Erzieherische Hilfen) zu ermitteln. Hierbei gilt es zu berücksichtigen, nicht nur ansonsten als unerreichbar geltende Jugendliche zu erreichen, sondern sie darin zu unterstützen, „tragende Aspekte ihrer Ausgrenzung in einem mehrstufigen Konzept auszugleichen“.

3. Ziele, Aufgaben und die Entwicklungsstruktur des Arbeitsfeldes
In einem erhöhten Unterstützungsbedarf in Folge sozialer Ausgrenzung und in einem drei-dimensionalen „negativ spiegelbildlichem“ Konzept sozialpädagogischer Unterstützung und Integration sind Ziele, Aufgaben und Vermittlungsfunktionen von Aufsuchender Jugendsozialarbeit zu suchen. Folgende Ebenen bilden nicht nur die widersprüchlichen und zu verbindenden Handlungsansätze, d.h. die innere Bewegungs- und Entwicklungsstruktur im Arbeitsfeld, sondern sie versehen ihre Aufgaben mit unterschiedlichen Zieldimensionen.:

  • Unterstützungshilfen im öffentlichen Raum / niedrigschwellige Lebenshilfen ohne Vorbedingungen / kurzfristige Ziele / z.B. Förderung der Akzeptanz bzw. Verbesserung bestehender Lebenswelten, Reduzierung von Diskriminierungen, Vermittlungsprozesse für ein minder gefährdetes Zurechtkommen im öffentlichen Raum etc.,
  • sozial-integrative Arbeit in Gruppen, Szenen und mit Einzelpersonen / Integrations Hilfen nach innen / mittelfristige Ziele / z.B. Erweiterung der sozialen Handlungskompetenz, Vermeidung gesellschaftlicher Benachteiligungen, Erschließung individueller Ressourcen (Selbsthilfepotential) und gesellschaftlichen Ressourcen (Fremdhilfe-potential) und Entwicklung weiterführender Perspektiven etc.,
  • Überführung bzw. Einbindung in weiterführende Leistungs- und Gestaltungsbereiche/ arbeitsfeld- und ressortübergreifende Integrationshilfen (Ablösungsprozesse) / langfristige Ziele / Stabilisierung und Begleitung in entsprechende Integrationsfelder etc.

Das Grundsatzziel, das die Durchlässigkeit dieser Ziel- und Funktionseben sichert, besteht darin, über vielfältige Zugänge die Jugendlichen zur gleichberechtigten Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu befähigen. Die notwendige Eigenständigkeit dieser Zielebenen vorausgesetzt, sind Prozesse der Gleichzeitigkeit häufig, rückläufige Tendenzen und ein Verbleiben auf der ersten Stufe keine Seltenheit. In der alltäglichen Vermittlung dieser sozialpädagogischen Ebenen sind aber nicht nur die arbeitsfeldinternen und -externen Vermittlungsleistungen in einem komplexen Jugendhilfesystem angelegt, sondern auch die Aufgaben, die in andere Felder der Gesellschaft reichen . Niedrigschwellige Unterstützungs- und Integrationshilfen unterliegen zudem einem immensen gesellschafts-, sozial- und ordnungspolitischen Integrationsdruck.
Das Scharnier in und zwischen der inneren und äußeren Struktur des Arbeitsfeldes bildet das Handlungs- bzw. Selbstverständnis – Dreh- und Angelpunkt auch der anderen Arbeitsfelder der Aufsuchenden Jugend- und Sozialarbeit.

4. Das Verhältnis von Handlungsinhalt und Handlungsverständnis
Im Verständnis des Handlungsansatzes sind „Sozialarbeit im öffentlichen Raum im Sinne der Interessenvertretung der AdressatInnen, etc.“ (Handlungsinhalte/Tätigkeitsmerkmale) und „Aufsuchen und Bedürfnis-, Lebenswelt- und Alltagsorientierung etc.“ (Handlungsverständnis/Qualitätsmerkmale/Arbeitsprinzipien) die zentralen sich aufeinander beziehenden Kategorien (siehe: Schaubild). Auch die weiteren Tätigkeits- und Qualitätsmerkmale sind jeweils untereinander als auch zueinander abzuleiten. Die Handlungsinhalte bilden den reellen Zusammenhang des Arbeitsfeldes. In Ableitung der Tätigkeitsmerkmale ist z.B. in Sozialräumen ein Interessensausgleich (Deeskalation) zwischen unterschiedlichen Jugendgruppen nur denkbar, wenn das Team zielgruppenübergreifend arbeitet. Besitzt das Team die Interventionsberechtigung in beiden Gruppen (Vertrauen, Akzeptanz), besteht die Möglichkeit, dass Lösungen einer Konfliktregelung von ihnen akzeptiert werden.
Die Arbeitsprinzipien, die sich an der Situation der AdressatInnen und der konkreten pädagogischen Interaktion orientieren, sind unverzichtbar und bedingen sich gegenseitig. Diese Prinzipien, zunächst nur abstrakte Abbildungen von sozialen Werten und Verhaltensformen, bilden nicht nur das Selbstverständnis von Streetwork, sondern sie sind das Spiegelbild der zu entwickelnden Kommunikationsformen entlang der Gestaltungsnotwendigkeiten im Hilfeprozess. So verbirgt sich hinter dem Zusammenhang von Aufsuchen und Freiwilligkeit z.B. eine Form der Kontakt- und Beziehungsaufnahme, die nicht nur von gegenseitigem Vertrauen und wechselseitiger Interessenswahrnehmung ausgeht, sondern auch notwendige Verbindlichkeiten im gemeinsamen Umgang regelt. Es ist zugleich der inhaltliche Einstieg in das komplizierte Verhältnis von Geh- und Kommstruktur: In der sozialökonomischen Sprache das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung/Mitwirkung. Die Dynamik dieser Arbeitsprinzipien, d.h. ihr Bewegungs- und Entwicklungscharakter im Prozess der pädagogischen Auseinandersetzung, gewährleistet den formellen Zusammenhang des Arbeitsfeldes.
Das Selbstverständnis sozialer Zugangs- Kommunikations- und Auseinandersetzungsformen überformt Handlungsarten und Methoden der Sozialarbeit und bildet die Spezifik bzw. das Setting der Leistungen Aufsuchender Jugendsozialarbeit.
In ihnen spiegeln sich zugleich gesellschafts- und sozialpolitische wie auch jugend- und ordnungspolitische Konflikte und fachwissenschaftliche Diskurse wider. Insofern bilden sie nicht nur das pädagogische Scharnier im Umgang mit den AdressatInnen, sondern in ihnen erfolgt, unter Berücksichtigung des eigenen Selbstverständnisses, zugleich die Transformation vielfältiger Erwartungshaltungen an das Arbeitsfeld. Von der Arbeit dieses „Umspannwerkes“ ist es abhängig, ob Streetwork den alltäglichen Belastungsproben standhält oder sich im Selbstverständnis anderer Arbeits- und Gestaltungsfelder ‘methodisch’ auflöst (Schlepperfunktion). Wo diese Prinzipien im pädagogischen Prozess aufgegeben bzw. in angrenzende Gestaltungsfelder nicht vermittelt werden (können), begrenzt sich das Arbeitsfeld in seinen Einflussmöglichkeiten und/oder läuft Gefahr, sich in eine ‚prinzipienlose und schnelle Eingreiftruppe’ zu verwandeln. Insofern konstituieren sie sowohl die formelle Abgrenzung des Arbeitsfeldes wie auch mögliche Übergänge in weiterführende Leistungsbereiche.

5. Methoden – die Bewegung im Arbeitsfeld
Der Begriff Streetwork ist in vielerlei Hinsicht ungeeignet. Wer aber Streetwork als Methode z.B. der Mobilen oder Aufsuchenden Jugend(sozial)arbeit bezeichnet, verwechselt die oben erwähnte Komplexität der Handlungsebenen eines sich selbstdefinierenden Arbeitsfeldes mit der äußeren Struktur eines nunmehr ungeeigneten Handlungsansatzes. Der könnte den sozialen (Räumungs-)Beschluss einer Gemeinde den Jugendlichen auch gleich schriftlich überreichen. Aufsuchende (Jugend)Sozialarbeit ist sich nicht selbst Methode. Es ist ein offensiver Handlungsansatz sozialer Arbeit und allenfalls eine Methode sozialer Prävention. Vielleicht liegt genau darin ihr tiefer humanistischer Wert.
Im Arbeitsfeld Aufsuchende Jugendsozialarbeit finden sich zentrale Methoden der Sozialarbeit in gruppen- und projektbezogenen Angeboten, individuumsbezogenen Hilfen und gemeinwesen- bzw. stadtteilorientierter Arbeit wider. Ihre Flexibilität gewährleistet den inneren Zusammenhang der Leistungen und die Entwicklung zielgerichteter Hilfekonstruktionen, er-möglicht notwendige Richtungswechsel im Hilfeprozess und sichert Übergänge in andere Integrations- und Gestaltungsfelder. Anmerkungen zum Stichwort integrierende Methoden:

    1. So geht z.B. der überaus komplizierte Übergang von der Gruppen- zur Projektarbeit mit einer höheren Verbindlichkeit im pädagogischen Prozess einher. Die wohldurchdachte Zentrierung auf zunächst einzelne Themen in der Gruppenarbeit verfolgt nicht zuletzt das Ziel, den akzeptierten Veränderungsprozess beherrschbar zu gestalten. In der Projektarbeit fallen häufig `alle Themen an einem Gegenstand` zusammen.
    2. Durchlässigkeit von Gruppen- und Einzelbetreuung (z.B. Einbindung von individuellen Beratungsgesprächen und Betreuungsverträgen in eine gruppenbezogene Zukunftswerkstatt); .
    3. Intensivierung von individuellen Hilfen im Rahmen der Betreuung rechtsorientierter Jugendlicher in Phasen, in denen eine Gruppenbetreuung aus sozialpädagogischer und humanistischer Sicht nicht mehr vertretbar ist; .
    4. Überführung einer sozialpädagogischen Gruppenarbeit aus dem Arbeitsfeld Streetwork in eine Soziale Gruppenarbeit nach § 29 SGB VIII und Hilfen nach §§ 30, 35 nach SGB VIII; .
    5. Z.B. Entwicklung von individuellen Hilfen im Vorfeld von Erziehungshilfen und/oder Überführung in Erziehungshilfen mittels vereinfachtem Hilfeplanverfahren (z.B. Hilfekompass); .
    6. Vermittlung von Jugendlichen in Sozialisationsbereiche außerhalb des Hilfesystems z.B. über Stadtteilprojekte, Projekte der Selbstorganisation und Jugendkulturarbeit etc. .

Die Methoden haben sowohl arbeitsfeldinternen wie auch arbeitsfeldexternen Integrationscharakter und gelten als Scharnier zu weiterführenden Leistungsbereichen.

6. Formale Tätigkeitsstruktur und die Entwicklung von Kooperationsformen
Die Handlungsarten auch von Aufsuchender Jugendsozialarbeit wie z.B. Beratung, Begleitung und Vermittlung unterliegen einer formalen Tätigkeitsstruktur, die sich im wesentlichen in drei, z.T. überschneidende, Tätigkeitsbereiche aufgliedern lässt:

  • Unmittelbar adressatenbezogene Tätigkeiten (sozialpädagogische Leistungen analog der Handlungsarten, z.B. Beziehungsarbeit, Moderation, Gruppenbetreuung etc.);
  • Infrastrukturelle Tätigkeiten (zumeist mittelbar adressatenbezogene Leistungen wie Information, Vernetzung, Analyse, Planung, Reflexion, Lobby- und Gremienarbeit etc)
  • Querschnittstätigkeiten (zumeist nichtadressaten- und nicht personenbezogene Leistungen wie Verwaltung, Finanzen, Organisation, Dokumentation, etc.)

Diese Tätigkeitsbereiche greifen ineinander, weil sie mehrfach unterlegt sind: durch das Verhältnis von unmittelbaren und mittelbaren adressatenbezogenen Leistungen, personen- und nichtpersonenbezogene Leistungen und durch den funktionalen Zusammenhang von projekt-internen- und externen Leistungsbezug . Erst wenn man diese Ebenen zusammendenkt, lassen sich aus jeweiligem Blickwinkel die unterschiedlichen Qualitäten ein und derselben der Leistung, so auch von Kooperationsleistungen, i.d.S. Angebotsleistungen, strukturieren.
Mit Blick auf den Status der Ausgrenzung erhält die Einbeziehung des Umfeldes, die Öffnung der Aktivitäten in das Gemeinwesen hinein und die Vermittlung an andere Fachdienste mindestens genauso viel Gewicht wie die arbeitsfeldinterne pädagogische Arbeit. Vermittlungs- und Moderationsprozesse setzen unterschiedliche Mechanismen der Zusammenarbeit voraus. So sind Vermittlungsleistungen, z.B. die Umsetzung von Übergangs- und Integrationsprozessen, von unterschiedlichen Qualitäten der Kooperation abhängig.

Kooperationsform Angebot bzw. Leistung Qualitative Gewichtung der Tätigkeiten
Gremienarbeit/ Vernetzung Informationsaustausch mit Trägern im Sozialraum z.B. mit dem Ziel, niedrigschwellige und bedarfsgerechte Angebote bei den Partnern der angrenzenden Hilfen einzufordern (Verständnis für AdressatInnen) hauptsächlich infrastrukturelle Tätigkeit
Vernetzung z.B. Erstellung eines Informationsheftes zum Stadtteil Jugendlicher erhält Telefonnummer und Info- Heft der regionalen Jugendberufshilfe nach vorheriger Absprache hauptsächlich Querschnittstätigkeit
Kooperationsbezüge Teilnahme an Veranstaltungen von Partnern, punktuelle Kooperationen ohne schriftliche Vereinbarungen (z.B. Stadtteilfeste, Mädchenaktionstage etc.) z.B. mit dem Ziel von sozialraumorientierten Angeboten hauptsächlich infrastrukturelle und Querschnittstätigkeiten
Kooperationen Längerfristige Begleitung von Jugendlichen zur Jugendberufshilfe bei flankierender Teilnahme an Streetwork-Projekt (Fallgespräche, Reflexion) adressatenbezogene Tätigkeit
Übergang von Kooperationen zu Kooperationsprojekten Längerfristige Projekte an den Schnittstellen verschiedener Leistungsbereiche mit schriftlicher Vereinbarung und Kooperationsverträgen zwischen den jeweiligen Einrichtungen im Hilfesystem Hauptsächlich unmittelbar adressatenbezogene Tätigkeit

Entsprechend dieser Tätigkeitsstruktur haben die Kooperationsformen notwendig gleichberechtigten Charakter und bedingen einander. Ihre Vermittlungsqualitäten bauen dennoch stufenförmig aufeinander auf und bilden die Grundlage für bedarfsgerechte Kooperationsmodelle. Insbesondere im Rahmen von Kooperationsprojekten zwischen verschiedenen Arbeitsfeldern tritt die unmittelbar adressatenbezogene Tätigkeit der Kooperationsträger in den Vordergrund ihrer Zusammenarbeit und zieht Formen der Zusammenarbeit auf infra-struktureller Ebene und im Bereich der Querschnittstätigkeiten nach sich.
Teilhabe und Mitwirkung von Jugendlichen an ihrer gesellschaftlichen Integration benötigt nicht nur die Bereitschaft der Jugendlichen und der Gesellschaft, sondern die Fähigkeit von Sozialarbeit, den unmittelbar adressatenbezogenen Vermittlungs- und Auseinandersetzungsprozess selbst zum Gegenstand sozialer Integration zu machen.
Sich leistungsfeldübergreifender Hilfekonstruktionen, d.h. der „Versäulung der Jugendhilfe“, anzunehmen, setzt voraus, die Vermittlungsqualität der jeweils geeigneten Arbeitsfelder, ausgehend vom Hilfebedarf bis hin zu möglichen Kooperationsmodellen, in den Blick zu nehmen. Das Arbeitsfeld Aufsuchende Jugendsozialarbeit, selbst eine „niedrigschwellige Integrationsdrehscheibe“, erfüllt bei entsprechenden Rahmenbedingungen zunächst alle Voraussetzungen.
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(1) Siehe: Werner Steffan, Was ist Streetwork/Mobile Jugendarbeit, in: Bruno W. Nikles, Hrsg.: Handbuch des Kinder- und Jugendschutzes, Münster 1995
(2) In der Darstellung der Standards verschiedener Arbeitsfelder der Jugend- und Sozialarbeit hat sich zu-nehmend eine formal einheitliche wie auch abstrakte Struktur durchgesetzt, die den Projektbeschreibungen unterlegt und ggf. `angepasst` wird: Selbstverständnis, AdressatInnen/Soziale Problemlagen/Aktions- und Sozialraum, Ziele, Tätigkeitsbereiche/Angebote/Methoden, Rahmenbedingungen und Evaluation.
(3) Siehe: Münder/Schruth, Zur Rechtsqualität von § 13 Abs. 1 SGB VIII, S. 19 oder Mrozynski, a.a.O., § 13 Rz. 1, 5.; Wiesner, SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe, § 13 Rz.4.;
(4) Siehe: Münder/Schruth, Zur Rechtsqualität von § 13 Abs. 1 SGB VIII, S. 25;
(5) Siehe: Vereinbarung zur Erbringung von Sozialpädagogischen Hilfen zur Förderung der sozialen Integration gemäß § 13 (1) SGB VIII (Leistungsrahmenbeschreibung), Bezirksamt Prenzlauer Berg und Gangway e.V., S. 2;
(6) Siehe: Klaus Kuke, Mobil und Beratung, S. 58 ff., in: Praxishandbuch Mobile Jugendarbeit, Hrsg.: LAG Mobile Jugendarbeit Baden-Württemberg e.V., Neuwied 1997
(7) Verhältnis von Mobiler Jugendarbeit und Aufsuchender Jugendsozialarbeit ist u.a. Gegenstand des folgenden Artikels.
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