Straßensozialarbeit in Berlin

Bald eine neue Perspektive am Alex?- Unsere Forderung.

Wir fordern einen Tagestreff für von Wohnungslosigkeit betroffene und bedrohte Menschen am Alexanderplatz!

Der Alexanderplatz (als größter innerstädtischer Verkehrsknotenpunkt Berlins) ist schon lange ein wichtiger Treff- und Lebensmittelpunkt für von Wohnungslosigkeit betroffene und bedrohte Menschen. Viele prekär lebende, mittel- und/ oder obdachlose Menschen erzielen dort ihre einzigen eigenen Einnahmen, z.B. durch Flaschen sammeln, Straßenzeitungsverkauf, Schnorren und Straßenkunst. Trotzdem gibt es bis heute keine adäquate feste Infrastruktur für diese Menschen und deren Bedarfe vor Ort!

Die Öffnung des „Hofbräuhaus“ als Tagestreff für Wohnungs- und Obdachlose im vergangenen Pandemie-Winter zeigte, dass ein solches Angebot einen dringenden Bedarf abdeckt!* Nach Aussagen von Sozialarbeiter*innen vor Ort kamen täglich im Durchschnitt ca. 200 Menschen, um das befristete Angebot zu nutzen.

Daher fordern wir:

  • einen festen, langfristig gesicherten, großzügigen Tagestreff für wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen am Alexanderplatz mit mehrsprachiger Beratung, Grundversorgung und Hygiene in enger Zusammenarbeit mit der Sozialen Wohnhilfe des Bezirks Mitte!

  • dass die Verantwortlichen im Bezirk und Senat zusammen mit der Initiative des Haus der Statistik Räumlichkeiten für einen solchen Tagestreff vorhalten, gemeinsam mit einem fachlich qualifizierten Träger der Wohnungslosenhilfe konkrete Umsetzungsschritte entwickeln und die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung stellen!

  • dass die Bedarfe wohnungsloser Menschen am Alexanderplatz konsequent und adäquat bei der weiteren städtebaulichen und sozialen Planung des Bezirks Mitte und des Berliner Senats berücksichtigt werden, insbesondere bei der anstehenden bzw. laufenden Planung zu Entwicklung und Umbau des Areals des Haus der Statistik!

Der Tagestreff braucht einladende, gut ausgestattete und niedrigschwellig erreichbare Räumlichkeiten. Das Konzept sollte Teilhabe der betroffenen Menschen in allen Lebensbereichen ermöglichen und fördern, Hilfen bündeln und auch andere Nutzer*innengruppen und deren Bedarfe am Alexanderplatz synergetisch berücksichtigen.

Wir wünschen uns im Haus der Statistik die Verbindung neuer Ideen mit langjährigen Erfahrungen der Wohnungslosenhilfe für und mit obdachlosen und von Wohnungslosigkeit betroffenen sowie bedrohten Menschen, die bewusst Barrieren zu Verwaltungen und Behörden abbauen helfen. Es sollte auch darum gehen, den Zugang zu Hilfen im Bezirk Mitte und darüber hinaus schneller und zielgenau zu ermöglichen.

Wünschenswert sind zudem angedockte niedrigschwellige und attraktive Wohnangebote, wie z.b. Housing First und/ oder ein Erstaufnahmeheim mit Clearing, die bei den Planungen des Wohnraums und durch die Vermieter*innen im Haus der Statistik berücksichtigt und konzeptioneller Bestandteil des Areals werden.

Eine adäquate Hilfestruktur am Alexanderplatz hilft mit vielfältigen Präventionsangeboten, auch langfristig Kosten im Sozialsystem zu sparen.

Die Kosten für den Tagestreff sollten aufgrund der stadtweiten Bedeutung des Standortes entsprechend ausreichend durch Landesmittel sowie aus Mitteln des Bezirkes Mitte finanziert werden – ergänzt durch die Gewinnung zusätzlicher Drittmittel durch einen Freien Träger.

Wir erwarten von den derzeitigen und zukünftigen Fraktionen der BVV – Berlin Mitte und vom Berliner Abgeordnetenhaus, seinen Parteien sowie deren Entscheidungsträger*innen auf Bezirks- und Senatsebene ein klare Positionierung zu unseren Forderungen!

Wir laden alle Träger der Wohnungslosenhilfe und darüber hinaus aktive und interessierte Menschen der Zivilgesellschaft in Berlin dazu ein, diese Forderungen aktiv zu unterstützen!


*Hintergrund dieser Stellungnahme sind die Erfahrungen aus der Kältesaison 2020/2021:

Im Rahmen der Kältehilfe, und bedingt durch die Coronapandemie, wurde ein Teil des Hofbräuhaus erstmals als großer Tagestreff mit einem breiten Beratungs- und Grundversorgungsangebot geöffnet. Die Menschen waren vom Wetter unabhängiger, mit Essen und Trinken versorgt, Schlafsäcke, Isomatten und Kleiderspenden sowie kostenlose Toilettennutzung vorhanden.

Die Straßensozialarbeit im Umfeld des Alexanderplatzes konnte durch diese Infrastruktur in enger Zusammenarbeit mit den Mitarbeiter*innen im Hofbräuhaus Menschen direkter helfen und auch besondere Notlagen kurzfristig und schneller mildern. Eine Vermittlung in weitergehende Hilfen wurde verbessert, Barrieren für den Zugang zum Hilfesystem für die Adressat*innen verringert.

Die überwältigende Annahme dieser attraktiven Infrastruktur durch die betroffenen Menschen deckte einmal mehr die langfristig ungedeckten Bedarfe auf. Das befristete Angebot wurde seit seiner Eröffnung, nach Aussagen von Sozialarbeiter*innen vor Ort, täglich im Durchschnitt von 200 Menschen genutzt.

Bei durchschnittlich angenommenen täglichen Nutzer*innenzahlen von 50 Menschen, auf das gesamte Jahr gerechnet und einer Öffnung an 250 Tagen, würde ein fester Tagestreff am Alexanderplatz jährlich mindestens 12.500 Kontakte ermöglichen und damit sehr viele Menschen erreichen.