Die reibungslose Funktion der Ausländerbehörden ist von entscheidender Bedeutung für die erfolgreiche Integration von Geflüchteten und Migrant:innen in unsere Gesellschaft. Leider sehen wir uns derzeit mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert, die nicht nur unsere Adressat:innen belasten, sondern auch unsere Arbeit erschweren.

Alle, die derzeit damit beschäftigt sind, für Adressat:innen einen Termin bei einer Ausländerbehörde oder dem Landesamt für Einwanderung in Berlin zu vereinbaren, wissen, dass es sich um eine (fast) unmögliche Aufgabe handelt. Der gefürchtete rote Balken bei der Online-Terminvereinbarung – “Für die gewählte Dienstleistung sind aktuell keine Termine frei! Bitte versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt erneut” – sorgt für Verzweiflung.

In den letzten Wochen wurde in Medienberichten bekannt, dass in Facebook-Gruppen gegen Bezahlung Termine beim Landesamt für Einwanderung vermittelt werden. Es erschüttert, dass Menschen so verzweifelt sind, dass sie für eine eigentlich kostenlose Dienstleistung bezahlen. Dies verdeutlicht jedoch die prekäre Lage, in der sich viele Migrant:innen befinden, wenn es um die Bewältigung ihrer aufenthaltsrechtlichen Angelegenheiten geht.

Eine Übersicht über die Probleme, denen sich die Ausländerbehörden gegenübersehen, gibt die aktuelle Studie der Bertelsmann Stiftung. In ihrer Studie „An den Grenzen? Ausländerbehörden zwischen Anspruch und Alltag“ (10/2023) untersucht die Stiftung, woher die Belastungen der Ausländerbehörde kommen, was die Belastung aktuell und strukturell ausmacht und welche Entlastungsoptionen für die Behörde sinnvoll erscheinen. Mitarbeiter:innen von 90 Ausländerbehörden in Deutschland wurden befragt. 92 % der Befragten gaben an, dass sich ihre Arbeitsbelastung stark erhöht hat. Dies hängt einerseits mit der seit 2015 gestiegenen Zuwanderung und andererseits mit strukturellen Problemen in der behördlichen Personalentwicklung zusammen.

Es fehlt an qualifiziertem Nachwuchs und an Ausbildungskapazitäten für Verwaltungsmitarbeiter:innen, die finanzielle Eingruppierung ist im Vergleich zu anderen Behörden niedrig, und die allgemeinen Arbeitsbedingungen in den Ausländerbehörden sind problematisch. Teils unnötige Prüfaufträge belasten zusätzlich, ebenso wie die „Workflows zwischen verschiedenen Akteuren der Migrationsverwaltung“, bei denen der Kooperationswille beispielsweise zwischen Jobcentern und Ausländerbehörde oft fehlt. Die Digitalisierung wird in manchen Ausländerbehörden noch niedrigschwellig verstanden, wie das Einscannen eines Fotos, während bei anderen bereits die Online-Antragstellung für Aufenthalte üblich ist.

Diese Probleme führen dazu, dass Mitarbeitende die Behörde schnell verlassen, teilweise unterqualifiziert für komplexe Ermessensentscheidungen sind und die Wartezeiten für unsere Adressat:innen damit drastisch ansteigen.

Insbesondere wenn Wohnung oder Arbeit am Aufenthaltstitel hängen, können die Probleme der Ausländerbehörde sich existentiell auswirken. Unsere Adressat:innen sehen sich in ihrer Existenz bedroht, wenn verunsicherte Arbeitgeber mit Kündigungsdrohungen reagieren, weil kein verlängerter Aufenthaltstitel vorgelegt werden kann. Daher ist es wichtig, Adressat:innen regelmäßig darauf hinzuweisen, den Gültigkeitszeitraum ihrer Aufenthaltsdokumente im Blick zu behalten. Wenn sie sich rechtzeitig und nachweisbar vor Ablauf um einen Termin bemühen, behält der Aufenthaltstitel bis zur Vorsprache beim LEA seine Gültigkeit.

Für eine kleine Personengruppe können die langen Wartezeiten jedoch einen überraschenden Vorteil bieten: Personen, die sich bis zur Vorsprache beim LEA noch bestimmte Unterlagen, wie beispielsweise die aktuelle Meldebescheinigung, kümmern müssen, erhalten zusätzliche Zeit für die Beschaffung fehlender Unterlagen.

Ein weiterer entscheidender Faktor, der die Arbeit des Landesamts für Einwanderung in Berlin maßgeblich beeinflussen wird, ist die Übernahme der Zuständigkeit für Einbürgerungsanträge ab Januar 2024. Auf dem Hintergrund der bereits bestehenden Herausforderungen stellt sich die Frage, ob die Ausländerbehörde in Berlin diese zusätzliche Verantwortung bewältigen kann.

Die Übernahme neuer Aufgaben könnte die ohnehin angespannte Situation weiter verschärfen und die Einbürgerungsverfahren in Berlin verlangsamen, anstatt sie zu beschleunigen. Die Entwicklung bleibt somit spannend.

Wie können wir Adressat:innen konkret unterstützen?

  1. Frühzeitige Terminvereinbarung: Ermutigt Adressat:innen dazu, Termine frühzeitig zu vereinbaren und belegt dies durch Screenshots oder Ausdrucke, um die Gültigkeit der Aufenthaltstitel zu sichern.
  2. Information und Vermittlung: Teilt relevante Links und Abschnitte auf den Behördenseiten mit Adressat:innen und deren Arbeitgebern, um Unsicherheiten zu vermeiden.
  3. Unterstützung bei Dokumentenbeschaffung: Bietet Hilfe an bei der Beschaffung erforderlicher Unterlagen, während der Wartezeit auf einen Behördentermin.
  4. Aufklärung über kostenlose Dienstleistungen: Informiert Adressat:innen darüber, dass diese Dienstleistungen der Ausländerbehörden kostenlos sind und niemand für die Terminvereinbarung bezahlen sollte.

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