Straßensozialarbeit in Berlin

Probleme mit dem Homeschooling – vom Zuhören und Gehörtwerden

,

Berliner Schüler*innen schildern online ihre Erfahrungen mit dem Homeschooling. Die Einträge zeugen von deprimierten, verzweifelten, ausgelaugten Jugendlichen. Jetzt ist es an der Zeit, zuzuhören und ihre Interessen ernst zu nehmen!

Homeschooling – für die einen ein Segen, für viele andere ein Fluch. Und das gilt ganz offensichtlich über die Bildungsebenen und -niveaus hinaus. Zumindest waren es zwei Berliner Schüler*innen der Oberstufe, die vor nicht mal zwei Wochen ein padlet, eine Art digitale Pinnwand, einrichteten und ihren Mitschüler*innen die simplen Fragen stellten: Wie geht es mir? Was können die Schule, die Lehrer*innen oder auch wir verändern, damit es uns besser geht?

Inzwischen gibt es über 150 Einträge.

Die meisten klingen in etwa so:

„Jeden Tag von morgens bis Nachmittags Videokonferenzen, dann wird auch noch überzogen und man bekommt viel zu viele und zeitaufwendige Hausaufgaben, teilweise mit Abgabeterminen wo nicht mal Unterricht ist. So viele Hausaufgaben und Projekte hab ich schon abgegeben und nie eine Rückmeldung der Lehrer bekommen, aber die erwarten, dass wir alles wie Maschinen erledigen. Nach den Konferenzen sitze ich teilweise bis nachts an meinen Hausaufgaben mit meinen Eltern manchmal, allerdings sind die mir keine große Hilfe da meine Verbindung zu meinen Eltern krass gelitten hat. Meine Eltern meckern mich 24/7 wegen jeder Scheiße an, dauernd üben sie Druck auf mich aus: Hier du musst lernen, wiederhole für den Nächsten Tag, bereite dich auf die Nächsten Stunden vor, du bist so faul, hängst immer nur am Handy, mach mal was für die Schule, ich hab viel mehr gemacht für die Schule du bist wirklich faul, komm doch mal aus deinem Zimmer raus, ich seh dich ja gar nicht mehr, etc. Ich flipp aus!!“

„Geld ist eine Voraussetzung. Was ist wenn ich keinen Laptop habe? Was ist wenn ich keinen Drucker habe? Was ist wenn ich kein Internet habe oder es nicht gut ist? Was ist wenn ich einfach nicht die Mittel habe? Momentan, das Gefühl habe ich zumindest, heißt das einfach ich bin nicht gut in der Schule und meine Leistung sinkt. Von Chancengleichheit kann man da nicht reden.“

„4-5 Kaffees am Tag und abends nicht schlafen können durch Panik, Angst und Herzrasen. Angst haben sich zu „melden“, Angst haben drangenommen zu werden. Unglücklich werden. Keine Zeit mehr haben um über dich selber nachzudenken, glücklich zu sein. Wir müssen funktionieren wie Maschinen. In Q4 sind keine Klausurersatzleistungen möglich. Wie kann das sein?! Sind wir eine ganze Generation, die unvorbereitet und ohne Schutz auf eine Schlucht zu laufen. Wir brauchen mehr Hilfe, viele Lehrer geben ihr bestes. Niemand kann etwas für die Situation aber wir bitten um Rücksicht, Verständnis und eine bessere, offenere Kommunikation.“

Die Erfahrungen, die hier von den Schüler*innen geäußert werden (die laut den Initiator*innen allesamt sonst gute Leistungen brächten), decken sich in vielerlei Hinsicht mit denen der von uns unterstützten Jugendlichen.

Die Jugendlichen müssen endlich gehört werden!

Wir finden es sehr positiv, dass junge Menschen ihre Gedanken, Sorgen, Nöte und Wünsche äußern und sich selbst einen Kanal dafür gesucht haben. Nun ist es höchste Zeit, ihnen zuzuhören – und damit meinen wir nicht nur in diesem speziellen Fall. Die Interessen und Bedürfnisse junger Menschen stärker einzubeziehen in (bildungs)politische, behördliche und gesellschaftliche Entscheidungen ist (eigentlich immer, aber) gerade jetzt in der Corona-Pandemie besonders wichtig – um sie zu empowern und nicht an psychosozialen Problematiken kaputt gehen zu lassen. Gerade wenn es um Distanzlernen und Homeschooling geht, ist es unbedingt notwendig, möglichst viele Lebenswelten einzubeziehen und Voraussetzungen anzugleichen, um zu verhindern, dass sich Chancenungleichheit weiter verschärft.

Der Tagesspiegel hat nun, da sich sogar die „guten Schüler*innen“ verzweifelt zu Wort melden, auch den Gong vernommen und gestern über das Padlet berichtet. Hier gehts zum Artikel.

Jugendliche und Entscheider*innen an einen Tisch bringen!

Wir als Verein für Straßensozialarbeit im Jugendbereich sehen es als unsere Aufgabe an, uns für jugendliche Interessen stark zu machen. Im kleinen geschieht das jeden Tag, z.B. indem wir junge Menschen bei Behördengängen und der Erreichung ihrer Ziele unterstützen.

Und dann gibt es Formate wie das Bildungsfrühstück des STREET COLLEGE, das junge Menschen mit Vertreter*innen aus Politik, Wirtschaft, Bildung und Verwaltung an einen Tisch bringt. Mitte März ist es wieder soweit, diesmal digital und unter dem Motto: „Zukunfts-Empowerment: Was brauchen junge Menschen in dieser herausfordernden Zeit um eine (berufliche) Perspektive entwickeln zu können?“

Wir sind gespannt auf einen fruchtbaren Austausch und freuen uns auf echtes Interesse aneinander sowie darauf, viele Erkenntnisse und vielleicht sogar Handlungsoptionen zu gewinnen.

Wir sind auch auf den gängigen Social Media-Plattformen unterwegs. Schau mal vorbei:


Facebook


Instagram


Twitter


Youtube