Straßensozialarbeit in Berlin

Der 9. November und die Notwendigkeit von Bildungsarbeit in der Streetwork

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Heute vor 82 Jahren fand in Deutschland die sogenannte Reichspogromnacht statt. Mehrere hundert jüdische Menschen wurden ermordet, tausende Synagogen, jüdische Friedhöfe, Geschäfte und auch Wohnungen wurden zerstört. Dieses Pogrom markierte den Übergang der bereits massiv stattfinden Diskriminierung jüdischer Menschen zur ihrer Verfolgung und schließlich zu ihrer Ermordung.

Auch heute, mehr als 80 Jahre später, sind rassistische und antisemitische Stereotypen und Ressentiments in der deutschen Gesellschaft verbreitet. Und auch in unserer arbeitet mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen treffen wir immer wieder auf dieses Thema. Dies geschieht in Form klassischer Ressentiments wie dem, dass Juden generell reich sind, in Form eines verdeckten Antisemitismus, wenn z.B. davon gesprochen wird das die Zionisten hinter der Finanzierung des IS oder hinter der vor kurzem stattgefundenen Explosion in Beirut stecken. Wir hören aber auch Verschwörungserzählungen wie z.B., dass die Bundeskanzlerin Angelika Merkel in Wirklichkeit Jüdin sei, oder es wird auch schon mal ganz offen davon gesprochen, dass man „Juden einfach nicht mag“.

Diese Erfahrungen machen wir natürlich nicht mit allen jungen Menschen mit denen wir arbeiten, aber trotzdem begegnen uns diese oder ähnlichen Aussagen immer mal wieder in unserem Arbeitsalltag. So ist die Arbeit zum Thema Antisemitismus zwar kein Schwerpunkt unserer Arbeit, aber wenn es zum Thema wird, ist es ein wichtiger Bestandteil unserer Arbeit. Dabei ist das Ziel nicht einfach nur den Vorurteilen und Ressentiments die uns begegnen zu widersprechen, sondern in den Dialog mit den Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu kommen. Natürlich gibt es für uns auch Grenzen und es gibt Aussagen, bei denen wir sagen „Halt, stopp“. Aber trotzdem sollen sie die Möglichkeit haben, sich an uns zu reiben und ernsthaft mit uns zu diskutieren. Dies passiert bei uns durch direkte Verbale Interventionen mit anschließenden Diskussionen oder auch durch kleinere geplante Methoden wie einer Diskussionsrunde. Aber auch in größeren Kooperationsprojekten, wie z.B. bei unseren im letzten und vorletzten Jahr stattgefundene Workshop Reihe zum Thema Nahost-Konflikt, wurde das Thema anhand von antisemitischen Ressentiments gegenüber Israel bearbeitet.

In erster Linie geht es in unserer Arbeit darum, junge Menschen dabei zu unterstützen „(…) das zu finden, was sie am dringendsten brauchen: Wege aus Sucht oder Gewalt, eine Wohnung, Ausbildung und Arbeit oder einen neuen Weg zu mehr Bildung.“, wie es in unserer Selbstdarstellung beschrieben ist. Die Notwendigkeit an eigenen Vorurteile und Ressentiments zu arbeiten, ist dabei nicht immer auf Anhieb vorhanden. Doch unsere Aufgabe besteht auch darin, den Menschen mit denen wir arbeiten aufzuzeigen das bestimmte Verhaltensweisen, Vorurteile und Ressentiments nicht funktionieren und ihnen dann die Möglichkeit zu bieten mit uns daran zu arbeiten. Geplant in einem Workshop oder auch durch intensive Debatten im öffentlichen Raum. Dies versuchen wir auch zum Thema Antisemitismus immer wieder zu tun.