Niemand darf wegen einer Tat mehrfach bestraft werden.
Art. 103 GG
(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.
(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.
(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.
Aus Art. 103 Abs. 3 GG ergibt sich das Verbot der Doppelbestrafung. Man darf für eine Tat, über die einmal rechtskräftig entschieden wurde, nicht erneut bestraft werden („Ne bis in idem“-Grundsatz). Das ist Folge der materiellen Rechtskraft nach einem Strafverfahren.
Das hört sich zunächst ziemlich eindeutig an. Gibt es ein Urteil über eine Tat, darf der Inhalt nicht nochmal abgeurteilt werden, egal ob es zu einer Verurteilung oder einen Freispruch kam.
Was aber genau ist „eine Tat“? Dabei handelt es sich um den sog. prozessualen Tatbegriff (§ 264 StPO). Danach ist eine prozessualen Tat, „ein einheitlicher geschichtlicher Vorgang, der sich von anderen ähnlichen oder gleichartigen unterscheidet und innerhalb dessen der Angeklagte einen Straftatbestand verwirklicht hat oder haben soll“.
Das kann in der Praxis mitunter schwierig zu beurteilen sein:
Es handelt sich um mehrere (prozessuale) Taten, wenn man betrunken Auto fährt (zumndest strafbar nach § 316 StGB), das Auto abstellt und drei Straßen weiter einen Supermarkt überfällt (Diebstahl oder Raub). Aber es wäre nur eine (prozessuale) Tat, wenn man betrunken mit einem Auto auf den Supermarktparplatz hält und die gestohlenen Sachen mit dem Auto abtransportiert.
Tritt bei einer Verfahrenseinstellung ein Strafklageverbrauch ein?
Es gibt unterschiedliche Arten, ein strafrechtliches Verfahren einzustellen (vgl. auch unseren Artikel zu §§ 153 ff StPO).
Erfolgt eine Einstellung mangels hinreichendem Tatverdacht gemäß § 170 Abs. 2 StPO, tritt damit kein Strafklageverbrauch ein. Die Ermittlungen können bei neuen Anhaltspunkten jederzeit wieder aufgenommen werden.
Bei einer Einstellung gemäß § 153 StPO muss unterschieden werden: wenn die Staatsanwaltschaft gemäß § 153 Abs. 1 StPO das Verfahren einstellt, tritt kein Strafklageverbrauch ein. Wird nach Anklageerhebung durch das Gericht gemäß § 153 Abs. 2 StPO eingestellt, liegt ein beschränkter Strafklageverbrauch vor. Damit darf die Tat nicht mehr als Vergehen verfolgt werden, kann jedoch als Verbrechen geahndet werden, sofern sich im Nachhinein Anhaltspunkte dafür ergeben sollten.
Wenn eine Einstellung nach Erfüllung von Auflagen und Weisungen gemäß § 153a StPO erfolgt, besteht hinsichtlich des Vergehens ein Strafklageverbrauch, wenn die Auflagen/Weisungen erfüllt wurden. Allerdings ist dies auch nur ein beschränkter Strafklageverbrauch (s.o.).