Die Bühne ist schlicht gehalten. Nur ein Mikrofon-Ständer steht in der Mitte. Unter euphorischem Applaus begibt sich ein Jugendlicher on stage und nimmt gekonnt das Mikro in die Hand. „Hallo Berlin, wie geht es Euch? Alles gut?“ Unter Whoo Whoo Rufen hebt der Künstler die Hände. „Danke, danke.“
Letztes Wochenende begann die Workshopreihe Power². Teilnehmer*innen sollten durch das Stilmittel der Comedy lernen, im Alltag begegneten Rassismus zu verarbeiten. Zum Abschluss dieser zweitätigen Veranstaltung konnten nun die im Workshop Anwesenden ihre ausgearbeiteten Comedy Stücke vor Publikum aufführen.
„Mein Name ist Obada. Aber in der Schule nennt mich meine Lehrerin immer Obama. Das ist für sie natürlich okay. Aber wenn ich Frau Falkenwein, meine Lehrerin also, nur einmal Frau Frankenstein nenne, dann muss ich zehnmal die Schulregeln als Strafe abschreiben.“
Herzhaftes Gelächter im Publikum.
Bei brütenden Temperaturen traf man sich an zwei Tagen in dem Jugendhaus Königsstadt im Prenzlauer Berg, um zu erörtern, was einen guten Comedian ausmacht und welche Arten von Humorebenen es gibt. Hierfür wurden auch Videos gezeigt, in denen sowohl deutsche wie auch Migranten Comedyformate analysiert wurden. In dem geschützten Raum des Workshop-Saals, zu dem Betreuer*innen keinen Zugang hatten, wurden untereinander Erfahrungen ausgetauscht und versucht, aus negativen wie auch rassistischen Momenten einen lustigen Comedy-Skit zu kreieren. Emine Demir, die Workshop Leiterin, blickte hierbei in eine heterogene Gruppe von Jugendlichen, die allesamt Erfahrungen dieser Art in Deutschland erleben mussten. „Auch wenn ihr in der Schule oder im Alltag ungerecht behandelt wurdet – wenn ihr Eure Geschichten aufschreibt, könnt ihr damit auf die Bühne gehen, und dort seid ihr dann der Boss. Ihr könnt Euch auf eine lustige Art wehren und zeigen, wie doof sich diese Menschen Euch gegenüber verhalten haben.“
Für jeden der Jugendlichen war dieser Workshop die erste Erfahrung, das eigene Erlebte in humoristischer Form vor einem kleinen, vertrauten Publikum als Stand-Up Act zu verarbeiten. Begleitet wurden die Arbeitssessions mit gemeinsamen Grill- und Kochaktionen, die viel Platz boten, um spannende Gespräche zu führen und die vielen skurril-lustigen Momente zu teilen, welche die Teilnehmer*innen, mit ihren unterschiedlichen kulturellen Backgrounds, in Deutschland erlebt haben.
Am kommenden Samstag und Sonntag (06.07. & 07.07.19) geht es nun mit den Workshops weiter mit dem „Powertheater“ in den Räumen des Street College (Graefestr. 35 in Kreuzberg – siehe Flyer in der Fotostrecke). Jede*r ist herzlich eingeladen, daran teilzunehmen, denn das letzte Wochenende hat gezeigt: Auch bei Temperaturen bei weit über 30°C ist ein solcher Workshop eine echte kreativ-inspirierende Alternative zu einem Schwimmbad-Besuch!
Der Jugendliche auf der Bühne lacht ins Publikum. Er geht während seiner Performance mit solch einer Energie auf und ab, als mache er das schon seit Jahren.
„Jemand hat zu mir in der Schule mal das N-Wort gesagt, dann habe ich ihn geschlagen. Natürlich musste ich sofort zum Sekretariat. Dort wurde ich gefragt, wer ich bin. Ich sagte: Obada Mohammad Khalil Aram al-Saleh. Die Sekretärin sah mich an, schaute sich um und fragte: „Und wo sind die anderen?“
*Die Namen einiger Personen wurden aus Gründen des Datenschutzes verändert