Straßensozialarbeit in Berlin

Zum vierten Mal findet der Fachkräfteaustausch zwischen Berlin und Detroit statt. Straßensozialarbeiter aus Berlin reisen nach Detroit, um von ihren Kolleg*innen zu lernen, sich auszutauschen und gemeinsam daran zu arbeiten, unsere Zielgruppen besser zu erreichen und unsere gemeinsame Arbeit zu optimieren. Vom 8. bis 18. Juni werden wir eine Vielzahl von Programmen und Einrichtungen besuchen, darunter Jugendstrafanstalten, lokale Projekte und die University of Michigan School of Social Work. Wir werden auch mit den Kolleg*innen des Projekts „Cease Fire“ auf die Straße gehen und uns intensiv austauschen. Die letzten drei Tage unseres Aufenthalts verbringen wir in Chicago. Dort treffen wir unsere Freunde von „The Precious Blood Ministry“ in der South Side of Chicago, um über die Arbeit mit Jugendlichen im Rahmen von Restorative Justice zu sprechen. Ihr könnt uns auf der Reise begleiten! Wir werden einen Blog führen, der täglich aktualisiert wird, damit Sie unsere Erfahrungen und Erkenntnisse in Echtzeit miterleben können.

For the fourth time, the professional exchange between Berlin and Detroit is taking place. Street social workers from Berlin are traveling to Detroit to learn from their colleagues, share experiences, and work together to better reach our target groups and optimize our collective efforts. From June 8th to 18th, we will visit a variety of programs and facilities, including youth detention centers, local projects, and the University of Michigan School of Social Work. We will also join the colleagues from the „Cease Fire“ project on the streets for in-depth exchange. The last three days of our trip will be spent in Chicago. There, we will meet our friends from „The Precious Blood Ministry“ on the South Side of Chicago to discuss working with youth within the framework of Restorative Justice. Join us on our journey! We will maintain a blog that will be updated daily so you can experience our insights and experiences in real-time.

Tag 1 in Detroit…ein kurzer Einblick von der Kollegin Jule aka Julez aka „TopdogImNeuköllnerTeam“ …Nachdem wir gestern spät, jedenfalls nach deutscher Zeit, in Detroit bei Miss Jeanette`s Haus angekommen sind, der Jet Lag allen etwas zugesetzt hat, haben wir den Tag entspannt im Garten gestartet. Mit den Autos sind wir dann zum Packard Automotive Plant gefahren, ein Ort der der den tiefen Fall der Stadt sichtbar macht wie kaum ein anderer. Die  Industrieruinen hatten trotzdem ihren eigenen Charme und es wurde viel fotografiert. Auf dem Weg dahin lief im Auto Hip Hop aus Detroit, es waren leerstehende Häuser, viel Grün, die Skyline und viel mehr zu zu sehen und immer wieder viel der Satz: „ach krass dass wir wirklich hier sind, das ist ja wie im Film“. Anschließend ging es zum Eastern Market wo wir gegessen haben und Zeit hatten über die Marktstände zu schlendern, zu Shoppen und Street Art anzuschauen. Heute Abend gehts zum „Set You Free“ Video Shoot and Culture Gathering, zum proper underground chillen mit Detroit Hip Hop Artist…Day 1 in Detroit… a brief insight from the colleague Jule aka Julez aka „TopdogImNeuköllnerTeam“… After arriving late yesterday, at least according to German time, at Miss Jeanette’s house in Detroit, where jet lag had taken its toll on everyone, we started the day relaxed in the garden. We then drove to the Packard Automotive Plant, a place that makes the city’s decline visible like few others. Despite being industrial ruins, they had their own charm, and much photography ensued. On the way there, we listened to Detroit hip-hop in the car, passing by vacant houses, lots of greenery, the skyline, and much more, with the recurring thought, „Wow, it’s crazy that we’re really here, it’s like being in a movie.“ Afterwards, we went to the Eastern Market, where we ate and had time to stroll around the market stalls, shop, and admire street art. Tonight, we’re heading to the „Set You Free“ Video Shoot and Culture Gathering, to properly chill underground style with Detroit hip-hop artists.

Tag 2 I n Detroit… „We have bigger Balls“ sagte Micky zum (hoffentlich) baldigen Sheriff von Ypsilanti, während die Beiden die Anti-Stress-Bälle ihrer jeweiligen Organisation austauschten. Doch beginnen wir diesen Blogeintrag erst einmal folgerichtig mit dem wolkenverhangenen Montagmorgen des 10 Juni. Nach dem Kaffee machten wir uns auf nach Ypsilanti, einer Ortschaft im Westen von Detroit, in der Nähe von Ann Arbor. Dort besuchten wir zunächst die lokale Jugendstrafanstalt. In einem ersten Schritt erhielten wir vor Ort eine Einführung in die Organisation der Jugendstrafanstalt durch den Manager Kevin Barnwell und hatten Raum unsere Fragen bezüglich der Anstalt zu erörtern. Daraufhin erhielten wir eine Führung durch die Jugendstrafanstalt um uns ein Bild von dieser machen zu können. Im Anschluss begaben wir uns zum Gegenüberliegenden Gebäude, dem County Jail Ypsilanti, wo wir Derrick Jackson, den (hoffentlich) zukünftigen Sheriff von Ypsilanti kennenlernten. Hier erwartete uns dasselbe Prozedere nur im Rahmen einer Erwachsenenstrafanstalt. Er erklärte uns, dass er die Architektur des Systems des Erwachsenenstrafvollzuges von Ypsilanti in den letzten Jahrzehnten umgekrempelt hat und wir führten ein regen Austausch zu seinen Reformen in diesem Gefängnis. Im Anschluss an den informellen Austausch zeigte er uns die Veränderungen anhand des Alten und Neuen Traktes des Gefängnisses. Während der Alte Gefängnistrakt noch sehr dunkel, eng und unübersichtlich wirkte, war der Neue Trakt viel heller, sinnvoller strukturiert und offener gestaltet. Es gäbe sicherlich noch viele Baustellen gab der zukünftige Sheriff zu, aber die Schritte gingen in die richtige Richtung. Nach einem wohlverdienten Mittagessen, begaben wir uns zu guter Letzt noch zu „NW Goldberg Cares“. Dieses Projekt kümmert sich um die Goldberg Bezirk von Detroit. Der Ansatz ist es diesen Bezirk mittels öffentlichen Plätzen zu unterstützen, indem Safer Spaces geschaffen werden. So besuchten wir einen Basketballplatz, der von vielen Kindern , jugendlichen und Erwachsenen aus der Gegend genutzt wird und auch wir sollten einige Körbe werfen. Ein richtiges Spiel steht noch aus, aber mal schauen, was der Blog noch so mit sich bringt, vielleicht wird eine Basketball Spielanalyse noch Teil davon sein.

„We have bigger balls,“ Mickey said to the (hopefully) soon-to-be Sheriff of Ypsilanti, as the two exchanged anti-stress balls from their respective organizations. But let’s start this blog entry logically with the overcast Monday morning of June 10th. After coffee, we set off for Ypsilanti, a town in the west of Detroit, near Ann Arbor. There, we first visited the local youth detention center. As a first step, we received an introduction to the organization of the youth detention center on-site by the Manager and had room to discuss our questions regarding the institution. Then we were given a tour of the youth detention center to get an idea of what it was like. Afterwards, we went to the opposite building, the County Jail Ypsilanti, where we met “ Derrick Jackson,“ the (hopefully) future Sheriff of Ypsilanti. Here, the same procedure awaited us, only in the context of an adult correctional facility. He explained to us that he had revamped the architecture of the Ypsilanti adult correctional system over the past decades, and we had a lively exchange about his reforms in this prison. Following the informal exchange, he showed us the changes using the old and new sections of the prison. While the old prison wing still seemed very dark, cramped, and confusing, the new wing was much brighter, logically structured, and more open. The future sheriff admitted that there were still many areas needing improvement, but the steps were heading in the right direction. After a well-deserved lunch, we finally went to „NW Goldberg Cares.“ This project focuses on the Goldberg District of Detroit. The approach is to support this district through public spaces by creating safer spaces. So, we visited a basketball court used by many children, teenagers, and adults from the area, and we too were invited to shoot some hoops. A proper game is yet to come, but let’s see what else the blog has in store; perhaps a basketball game analysis will be part of it.

Tag 3 und 4 in Detroit…“Mit 17 bin ich rein und mit 47 kam ich raus“…Knast Geschichten und das amerikansche Justiz System…am Tag 3 trafen wir uns mit unseren Kolleg*innen von „Cease Fire Detroit“ mit denen wir einen Kiez Rundgang machen konnten. Nachdem letzten Freitag ein Mord in einem der Housing Projects hier passierte, machten die Kolleg*innen sich auf den Weg dorthin um Flyer auszuteilen und mit den Anwohner ins Gespräch zu kommen. Über ihre Gefühle und und um zu signalisieren, dass es Menschen gibt die helfen wollen. Während des Rundgangs kam es immer wieder zu Gesprächen über die Gefängnisbiografien der Kolleg*innen. Geschichten über Menschen die über 30 oder 40 Jahre im Gefängnis verbracht haben waren hierbei keine Seltenheit. Am Tag 4 trafen wir uns zunächst auf dem Campus der „University of Michigan“ für einen Campus Rundgang und trafen uns schließlich mit Mary Heinen und dem „Prison Creative Arts Project“ um über ihre erstaunliche Arbeit in den vielen verschiedenen Gefängnissen quer durch den Bundesstaat Michigan zu sprechen. Die vielen Geschichten aus den Strafanstalten sowie die Geschichte von Mary selbst hat bei vielen von uns einen tiefen Eindruck hinterlassen…

Days 3 and 4 in Detroit… „At 17, I went in, and at 47, I came out“… Prison stories and the American justice system… On day 3, we met with our colleagues from „Cease Fire Detroit“ with whom we were able to take a neighborhood tour. After a murder occurred in one of the housing projects here last Friday, the colleagues set out to distribute flyers and engage in conversations with the residents. They talked about their feelings and signaled that there are people who want to help. During the tour, there were frequent conversations about the prison biographies of the colleagues. Stories about people who spent over 30 or 40 years in prison were not uncommon. On day 4, we first met on the campus of the University of Michigan for a campus tour and eventually met with Mary Heinen and the „Prison Creative Arts Project“ to discuss their remarkable work in the many different prisons across the state of Michigan. The many stories from the prisons, as well as Mary’s own story, left a deep impression on many of us…

„We Need MORE MUSIC“ Themen wie soziale Ungerechtigkeit, politische Entwicklungen und gesellschaftliche Kämpfe zogen sich auch heute durch unsere Treffen und Gespräche! Und natürlich die Frage danach was es braucht, to get things to change. Eine Antwort heute war: „MORE MUSIC!“ Wenn es doch so einfach wäre…! Musik ist ein Motor, der Menschen zusammen bringt.“
Cornelius und Mike diskutierten im Techno-Museum mit uns über politische Entwicklungen, soziale Ungerechtigkeit (da ist sie wieder…), nahmen uns mit auf ihre musikalische Reise über die Geschichte des Techno und die Macht der Musik. Vormittags:
„Toll, dass es die Suppenküche gibt!“ Wendy: „Schrecklich, dass es sie überhaupt geben muss!“
Wendy führte uns durch den Community Garden – einen Teil eines seit 100 Jahren gewachsenen sozialen Projektes gegründet von Kapuziner Mönchen. Neben der Küche und dem Community Garden gibt es mittlerweile Schlafplätze für wohnungslose Menschen, eine Kleiderkammer und einiges mehr. Wendy führte uns durch verschiedene Bereiche des Gartenprojekts, erzählte uns von den sozialen Problemlagen, fehlenden öffentlichen Wasserzugängen und davon wie sie versuchen, Menschen zu zeigen, wie sie ihr eigenes Gemüse anbauen. Und hey, unsere Köpfe rauchen! Wir nehmen unheimlich viele Gedanken, Fragen, Gefühle und Erinnerungen mit in die vorletzte Nacht in Detroit. Dankbar für all diese Erfahrungen, die echt verdammt schwer kurz in Worte zu fassen sind 😉

„We Need MORE MUSIC“ Themes such as social injustice, political developments, and societal struggles permeated our meetings and conversations today! And of course, the question of what it takes to get things to change. One answer today was: „MORE MUSIC!“ If only it were that simple…! Music is an engine that brings people together.“ Cornelius and Mike discussed political developments, social injustice (there it is again…), and took us on their musical journey through the history of Techno and the power of music at the Techno Museum. Morning: „It’s great that there’s a soup kitchen!“ Wendy: „It’s terrible that there even has to be one!“ Wendy led us through the Community Garden – a part of a social project that has been growing for 100 years, founded by Capuchin monks. In addition to the kitchen and the Community Garden, there are now sleeping places for homeless people, a clothing bank, and much more. Wendy guided us through various areas of the garden project, told us about the social problems, the lack of public water access, and how they try to show people how to grow their own vegetables. And hey, our heads are spinning! We take an incredible number of thoughts, questions, feelings, and memories with us into the second-to-last night in Detroit. Grateful for all these experiences, which are really damn hard to put into words briefly 😉

Good bye Detroit, hello Chicago…an unserem letzten Tag besuchten wir das Ruth Ellis Center um uns einen ganzen Nachmittag über die Arbeit mit Transgender, non gender conforming, LGBTQ…Kindern und Jugendlichen auszutauschen. Wichtige Arbeit mit einer Zielgruppe in äußerst prekären Lebenswirklichkeiten, die wegen den ohnehin schwierigen Rahmenbedingungen in Detroit dementsprechend kompliziert und leider auch tragisch sein kann…danach war es bereits an der Zeit unsere Sachen zu packen, da wir uns am frühen Morgen mit unseren Autos auf den Weg nach Chicago machten. Der Abschied von „Ms Jeannette“, unserer Hausherrin die uns in den letzten Tagen sehr an Herz gewachsen ist, viel uns allen sehr schwer!

Goodbye Detroit, hello Chicago… On our last day, we visited the Ruth Ellis Center to spend an entire afternoon exchanging ideas about working with transgender, non-gender conforming, LGBTQ… children and adolescents. It’s important work with a group facing extremely precarious life situations which, due to the already difficult conditions in Detroit, can be correspondingly complicated and unfortunately tragic… After that, it was time to pack our things, as we set off early in the morning in our cars for Chicago. Saying goodbye to „Ms. Jeannette,“ our host who has become very dear to us in the last few days, was very difficult for all of us!

Chicago „the windy city“ – und heiß wie im Backofen. Es ist Tag 9 unserer Reise und morgen geht es schon wieder zurück nach Berlin… Gestern konnten wir Chicago bei 33 Grad auf eigene Faust erkunden. Unser Hostel ist in Downtown und wir sind umgeben von Hochhausschluchten.
Wir haben unsere Autos bei der Ankunft abgegeben und sind nun wie gewohnt mit den Öffis unterwegs. Und so ging es heute morgen mit Metro und Bus in die South Side von Chicago und besuchten „Precious Blood Ministry of Reconciliation“ – ein Projekt dass dort mit jungen Menschen und deren Familien arbeitet um gegen Armut, Gewalt und Rassismus zu kämpfen, mit Schwerpunkten auf Restorative Justice und Community-Arbeit. Wie so oft während unserer Reise sprachen wir auch hier erneut über die Auswirkungen von jahrzehntelangen Inhaftierungen, Generationstraumata und politischen Entwicklungen in den USA und Deutschland. Fiktion, Desillusionierung, Austausch, Hoffnung.
Heute Abend verabschieden wir uns mit Pizza und Sonnenuntergang am Lake Michigan mit der Skyline von Chicago. Was eine Stadt.
But Detroit – you have our heart! ❤️

Chicago, „the windy city“ – and hot as an oven. It’s day 9 of our journey, and tomorrow we’re heading back to Berlin… Yesterday, we explored Chicago on our own in 33-degree heat. Our hostel is in Downtown surrounded by skyscrapers. Upon arrival, we dropped off our cars and have been using public transportation as usual. This morning, we took the metro and bus to Chicago’s South Side and visited the „Precious Blood Ministry of Reconciliation“ – a project working with young people and their families to combat poverty, violence, and racism, focusing on restorative justice and community work. As often happens during our journey, we once again discussed the impacts of decades-long incarcerations, generational traumas, and political developments in the USA and Germany. Fiction, disillusionment, exchange, hope. Tonight, we bid farewell with pizza and a sunset over Lake Michigan with Chicago’s skyline. What a city. But Detroit – you have our heart! ❤️