In unserer Arbeit stoßen wir immer wieder auf Situationen, die sprachlos machen – oder wütend. Ein aktueller Fall eines Adressaten, der dringend eine Unterkunft braucht, zeigt einmal mehr, wie absurd und unverständlich bürokratische Abläufe sein können.
Bürokratische Hürden statt Unterstützung
Dem Adressaten wurde zwar in mehreren Wohnheimen Hausverbot erteilt – aber er hat trotzdem weiterhin einen rechtlichen Anspruch auf Unterbringung. Das Sozialamt ist verpflichtet, dem nachzukommen. Doch statt Unterstützung gab es Hürden: Schon im letzten Jahr, als er allein beim Amt vorsprach, wurde ihm die erneute Unterbringung verweigert. Die Begründung lautete, dass er bereits zweimal aufgrund von Hausverboten aus dem Wohnheim gewiesen wurde. Doch genau das ist rechtlich unzulässig: Auch Personen mit mehrfachen Verweisen haben einen Anspruch auf Unterbringung.
Um eine Lösung zu finden, haben wir dann selbst die Initiative ergriffen, drei Wohnheimplätze eigenständig recherchiert, angefragt und sogar reserviert. Alle relevanten Informationen, einschließlich der Kontaktdaten der Wohnheime, haben wir dem Sozialamt per E-Mail weitergeleitet. Das Sozialamt hätte nur noch kurz und formlos bestätigen müssen, dass die Kosten übernommen werden – doch eine Rückmeldung blieb aus. Keine Antwort, nicht einmal verspätet – keinerlei Reaktion.
Der Adressat erhielt dann endlich am 24.02.2025 eine Kostenübernahme für ein Wohnheim, konnte den Platz jedoch nicht antreten, da er seine Duldung verloren hatte und sich beim Wohnheim nicht ausweisen konnte. Man nahm ihn also nicht auf, und der Platz war am nächsten Tag anderweitig vergeben.
Kommunikationsprobleme als strukturelles Versagen
Deswegen rief ich heute die Sachbearbeiterin an, deren Name auf der Kostenübernahme vermerkt war, und ich erhielt die Auskunft, dass sie seit dem 24.02.2025 nicht mehr für den Adressaten zuständig sei – was für ein Zufall! Aber ich konnte trotzdem kurz mit ihr sprechen.
In dem Gespräch fragte ich sie, warum wir auf unsere Anfrage bezüglich der Wohnheimplätze, die wir gefunden und reserviert hatten, nie eine Antwort erhielten. Die Antwort der Sachbearbeiterin verblüffte mich: Die E-Mails seien möglicherweise gar nicht angekommen – weil das Postfach des Sozialamts schlicht voll gewesen sein könnte. Sie erklärte, dass das Datenvolumen des Sozialamts „wie auf einem Handy“ begrenzt sei. Wenn das Postfach voll ist, kommen neue E-Mails einfach nicht mehr an.
Dass ein Sozialamt im Jahr 2025 so geringe Speicherkapazitäten hat, dass es regelmäßig keine E-Mails mehr empfangen kann, ist nicht nur peinlich – es ist ein ernsthaftes strukturelles Problem. Denn was bleibt uns als Sozialarbeitende, wenn wir unseren Adressat:innen helfen wollen, aber die Kommunikation mit dem Amt überhaupt nicht gewährleistet ist?
Forderung nach verlässlicher Erreichbarkeit der Sozialämter
Dieser Fall zeigt in aller Deutlichkeit: Nicht die Menschen scheitern an ihrer Situation, sondern die Strukturen lassen sie scheitern. Wer auf Sozialleistungen angewiesen ist, muss sich nicht nur gegen Wohnungslosigkeit und Armut stemmen – sondern auch gegen digitale Pannen, interne Zuständigkeitswechsel und eine Verwaltung, die lieber auf stumm schaltet als Verantwortung zu übernehmen.
Wir werden diesen Fall weiter begleiten und fordern einmal mehr: Sozialämter müssen erreichbar sein – und zwar zuverlässig. Wenn E-Mail ein bevorzugte Kommunikationsmittel ist, muss sichergestellt sein, dass die E-Mails auch ankommen. Andernfalls wird der Zugang zu lebenswichtigen Dienstleistungen unnötig erschwert – und das ist inakzeptabel.
