Erläuterungen zum Gesetz; Folgen nach dem Strassenverkehrsgesetz (StVG)
Zum Verständnis: Gesetzestext
§ 315c StGB Gefährdung des Strassenverkehrs
(1) Wer im Straßenverkehr
1. ein Fahrzeug führt, obwohl er
a) infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel oder
b) infolge geistiger oder körperlicher Mängel
nicht in der Lage ist, ein Fahrzeug sicher zu führen, oder
2. grob verkehrswidrig und rücksichtslos (fährt)
(…)
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) In den Fällen des Abs.1 Nr.1 ist der Versuch strafbar.
(3) Wer in den Fällen des Abs.1
1. die Gefahr fahrlässig verursacht
2. fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Einzelne Erklärungen:
Die Vorschrift soll Leib und Leben anderer Menschen und Eigentum von bedeutendem Wert schützen.
§ 315c StGB ist ein konkretes Gefährdungsdelikt. Anders als bei § 316 StGB muss es hier also zu einer konkreten Gefährdung gekommen sein, um eine Strafbarkeit annehmen zu können.
Tathandlung ist auch hier das Führen eines Fahrzeuges im Zustand der Fahruntüchtigkeit.
Diese liegt – wie auch bei § 316 StGB – immer bei einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von mehr als 1,1 ‰ vor („absolute Fahruntüchtigkeit“). Bei Werten darunter ab 0,3 ‰ müssen auch hier noch weitere Umstände vorliegen, die auf eine Fahruntüchtigkeit schließen lassen („relative Fahruntüchtigkeit“). Dies sind z.B. alkoholtypische Ausfallerscheinungen und ungewöhnliche Fahrweise (alkoholtypische Fahrfehler).
Anders als bei § 316 StGB (siehe dort) muss es jedoch bei 315c aufgrund des Führens eines Fahrzeuges im Zustand der Fahruntüchtigkeit noch zu einer konkreten Gefahr für Leib oder Leben eines anderen Menschen oder für Sachen von bedeutendem Wert gekommen sein. Dies erklärt auch, warum § 315c mit höherer Strafe bedroht ist.
Es reicht hierfür aus, wenn die Gefahr durch das Führen aufgetreten ist und nicht etwa erst durch einen Unfall. D.h. es muss eine auf festgestellten Tatsachen gegründete Wahrscheinlichkeit eines schädigenden Ereignisses geben und der Schadenseintritt wahrscheinlicher als sein Ausbleiben gewesen sein.
Dies ist z.B. bei einem Beinahe-Unfall gegeben, bei dem ein unbeteiligter Beobachter sagen würde, „das ist gerade noch mal gutgegangen“ (siehe unten).
Wenn keine Strafbarkeit nach § 315c StGB vorliegt, können aber wieder Folgen nach den §§ 24a, 25 Strassenverkehrsgesetz (StVG) wie Geldbuße bis 3.000,- € und Führerscheinentzug drohen.
Was ist das genau „Führen eines Fahrzeuges im Straßenverkehr“?
Fahrzeuge sind neben Kfz auch Fahrräder, Mopeds etc. „Führen“ bedeutet die bloße Bewegung der Räder. Das heißt, die Zündung muss noch nicht unbedingt betätigt sein. Das ist wichtig, wenn jemand beim Einsteigen in das Auto alkoholisiert erwischt wird. Schon das Ausparken ist damit strafbar. Auch unterfällt es dem § 315c StGB, wenn ein Fahrzeug abgeschleppt wird und jemand alkoholisiert am Steuer des abgeschleppten Fahrzeug sitzt.
Nach Abs. 2 macht sich strafbar, wer z.B. mit 1,3 Promille ins Auto steigt, zündet und ev. den Gang einlegt oder die Bremse löst und gerade noch gestoppt wird. Dann liegt ein strafbarer Versuch vor. Schutzbehauptungen, das Zünden solle nur den Betrieb der Heizung ermöglichen, könnten die Behauptung eines Versuches noch entkräftigen – schwierig wird es mit dem Lösen der Bremse.
Der „Straßenverkehr“ ist nur der öffentliche Verkehr, d.h. der auf Wegen und Plätzen, die jedermann (Autobahn, Radweg, Fußgängerweg) zur Verfügung stehen. Dazu zählen auch Kaufhaus-, Gasthaus- und Supermarktplätze, Mülldeponien, sowie Werks- und Fabrikstraßen. Maßgeblich ist nur, daß die Wege und Plätze einer unbestimmten Vielzahl von Personen zugänglich sind.
Welche Mittel neben Alkohol darf man nicht nehmen?
Das sind z.B. Mittel zur Herbeiführung von Enthemmung oder Beseitigung von Unlustgefühlen, sprich „Poppers“ oder andere Aphrodisiaka (Mittel zur Steigerung des Liebesempfindens).
Daneben sind Mittel nach dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) gemeint, namentlich Opium, Morphium, Heroin, Kokain, sowie Cannabis oder sog. Techno-Drogen.
Schmerzmittel, Psychopharmaka und andere Medikamente (Dolviran, Valium, Lexotanil) werden auch erfasst, wenn sie bei entsprechender Anwendung und Dosierung tatsächlich rauscherzeugend wirken.
Bei welchen geistigen oder körperlichen Mängel darf man nicht fahren (Abs. 1 Nr.1b)?
Es genügen vorübergehende Mängel, wie die Wirkung von Medikamenten, labile Zustände bei der Gesundung und extreme Übermüdung. Epilepsie, Kurzsichtigkeit, akute Migräne, schwere Diabetes, hohes Alter in Verbindung mit körperlichen Ausfallerscheinungen sind ebenfalls erfasst. Sofern der Betroffene jedoch hinreichende Vorkehrungen gegen diese „Mängel“ getroffen hat (z.B. eine Brille in ausreichender Sehstärke, Hörgeräte o.ä.), scheidet eine Strafbarkeit nach § 315c StGB aus, wenn dadurch die Gefährdung beseitigt wird.
Was muss passieren? Was bedeutet im Gesetz „Gefahr“?
Gefahr bestand, wenn der glückliche Ausgang nur vom Zufall abhing, sprich, wenn jemand „um Haaresbreite“ davonkam z.B. durch einen Sprung zur Seite.
Konkret: Es braucht nichts passiert zu sein, die Möglichkeit eines Schadens reicht für die Annahme einer Strafbarkeit.
Die Juristen drücken das abstrakt so aus: „Gefahr ist ein Zustand, in dem nach den konkreten Umständen das Entstehen eines Schadens naheliegt“. Beurteilt wird das im Rahmen einer objektiven nachträglichen Prognose. Der Eintritt eines substanziellen Schadens muss in „so bedrohliche Nähe gerückt sein, dass sich seine Vermeidung nur noch als Zufall darstellt“.
Es muss eine Gefahr für Leib und Leben einer anderen Person oder für eine Sache von bedeutendem Wert eintreten. Auch Mitfahrer können „andere Personen“ sein. Eine Sache von bedeutendem Wert liegt ab einem Wert von 750,- € vor. Das „Beinahe-Umfahren“ einer hölzernen Wegmarkierung reicht da nicht aus.