Im Folgenden möchte ich die vergangenen 12 Monate beschreiben, in denen ich das Zusammenspiel von digitaler Herstellung und sozialer Arbeit beobachtet habe. Ende November 2018 habe ich bei einer Ausschreibung 12000 Euro für die Beantwortung der Fragestellung gewonnen, wie sich offene Werkstätten, also analoge und digitale Werkstätten, besser für Jugendliche öffnen und auf sie einstellen können. Ich werde den Prozess beschreiben, einen kurzen Einblick in die erzeugten Erfahrungen geben sowie einen Ausblick auf das nächste Jahr versuchen.
Der Ansatz war von Beginn an zweigleisig, es ging darum, eine Werkstatt aufzubauen und die Werkzeuge in die Jugendarbeit einzubringen. Die ersten Monate ging es vor allem darum, das Lager was wir jetzt nutzen, frei zu bekommen. In dieser Zeit frischten wir Beziehungen zu ehemaligen Jugendlichen auf, denn Sachen, Möbel und Hausrat vor allem von einem jungen Mann mussten bewegt werden.
Parallel dazu haben wir in dieser Zeit Veranstaltungen in verschiedenen Jugendeinrichtungen sowie beim Weltmädchentag durchgeführt sowie eine wöchentlichen Präsenz in einem nahen Jugendclub etabliert. Hauptaugenmerk ist das Hingehen zu den Jugendlichen, mit 3D Drucker und Laser, das eben, was Streetwork ausmacht: in den Lebenswelten der Jugendlichen präsent zu sein.
Die Werkstatt und die Vorgehensweise rücken langsam in das Wahrnehmungsfeld weiterer Akteure der Kinder- und Jugendarbeit. Als Sozialarbeiter bin ich Teil von Netzwerkrunden von Jugendclubs und anderen Institutionen. Diese nutzen wir, um Veranstaltungen anzukündigen und von der Arbeit zu berichten.
Die Arbeit erzeugt immer wieder Erfahrungen, welche im Beziehungsaufbau und Kennen lernen nützlich sind, eine davon möchte ich kurz beschreiben. Eine junge Frau, Karo, kam zu mir. Ihre Schwester hatte vor zwei Wochen einen Hertha BSC Schlüsselanhänger mit dem 3D Drucker gedruckt, Karo hingegen wünschte sich einen Elefanten. Wir fanden ein wunderschönes Design im Netz. Dies ist einer der Effekte der Arbeit, man findet wunderbar intelligent und schön gemachte 3D Designs, die von Menschen auf der ganzen Welt geteilt werden. Es ergab sich ein Gespräch über Elefanten, Indien, Bollywood. Der Elefant dauerte knapp eine Stunde und wir hatten Zeit zu plaudern, und uns Dinge zu erzählen, nebenbei konnte ich ein einfaches 3 D Modellierungsprogramm zeigen.
Die Werkstatt entwickelt sich zu einem Anziehungspunkt für gute Ideen, Wissen und Netzwerke, welche zum Nutzen des Kiezes sowie von Jugendlichen und Kinder eingesetzt werden sollen. Mein persönliches Interesse liegt in drei Punkten:
- die Werkzeuge in der täglichen Streetwork und Sozialarbeit anwendbar zu machen. Ich sehe eine Möglichkeit, es Routine werden zu lassen, Ideen und Vorstellungen mit Technik in Form zu bringen, zur Bewältigung von Problemen und Umsetzung von Visionen einzusetzen. Dafür wäre eine Einführung von Sozialarbeitern in die Logik und Technik sinnvoll. Für 2020 ist im Sozialpädagogischen Fortbildungsinstitut Berlin Brandenburg ein Seminar zum Thema digitale Technik und soziale Arbeit eingereicht. Ebenso gibt es einen ersten Studenten der sozialen Arbeit, der sich mit dem Gedanken trägt, seine Bachelorarbeit über das Thema zu schreiben. Ob diese Dinge zustande kommen, ist zum jetztigen Zeitpunkt unklar.
- die Erfahrungen und Technik mit Schulen und Jugendeinrichtungen zu teilen. Eine offene Haltung gepaart mit der Technik und der Nutzung von open source Software ermöglicht, grundlegende Fertigkeiten in Design und Technik in nicht zu langen Zeiträumen zu erlernen.
- Anbieten von Lehrgängen zu quelloffenen und kostenlosen Programmen in der Sozialarbeit als auch im Kiez. Diese dienen zum Entwerfen von 3D Objekten und Vektoren wie zum Beispiel Inkscape und FreeCad, welche als Input für die digitalen Maschinen dienen. Diese sind auf deutsch vorhanden und auf jedem Computer nutzbar.
Die bisherigen Erfahrungen wurden möglich gemacht durch die Förderung des Verbundes offener Werkstätten, finanziert durch die Drosos Stiftung und die Anstiftung. Cameo Laser hat freundlicherweise einen Laser zur Verfügung gestellt. Weitere Mittel flossen aus dem Gewinn des Publikumspreises für die beste Dokumentation bei der Jahreshauptversammlung des Verbundes offener Werkstätten zu.
Gangway bietet die Möglichkeit, diese Dynamiken anzustossen und zu beobachten, wir nutzen einen kostenlosen Lagerraum und die Verwaltung von Gangway. Sehr wichtig sind meine zwei Gangway- Kollegen vor Ort, die sich unterstützend und kritisch mit dem Thema beschäftigen und damit genau die Energie geben, die so etwas Wachsendes und Lebendiges braucht.
Weitergehende Impressionen des Projektes:
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