1. Ein Zeugnisverweigerungsrecht bedeutet, dass umfassend zu der Person des Angeklagten und dem angeklagten Sachverhalt keine Angaben gemacht werden müssen. Ein solches Zeugnisverweigerungsrecht (ZVR im folgenden) hat gem. § 53 Abs.1 Nr. 3b StPO ein Drogenberater/eine Drogenberaterin, der/die in einer Beratungsstelle, die eine Behörde oder Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechtes anerkannt oder bei sich eingerichtet hat, arbeitet.

2. Wo gilt das ZVR, vor wem und wer kann es nutzen?
Das ZVR gilt bei Vernehmungen gegenüber Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht.
Allerdings besteht für die Vernehmenden keine Belehrungspflicht (wie etwa bei § 52 StPO!), weil man davon ausgeht, dass die Personengruppe der oben erwähnten SozialarbeiterInnen ihr ZVR kennt.

2.1. ZVR nur für bestimmte Sozialarbeiter*innen
Damit die Rechtspflege aber funktionsfähig bleibt, ist das ZVR eng begrenzt auf bestimmte Berufsgruppen.
Diese Eingrenzung nimmt das Gesetz dadurch vor, dass es nur denjenigen Drogenberatern ein ZVR einräumt, die in solchen Stellen arbeiten, die quasi “behördennah” oder öffentlich sind, dh. von einem Amt erschaffen wurden, ausgelagert wurden, aber eben noch offiziell Teil der Behördenstruktur sind (Gesundheitsamt, in Berlin auch der Psychosoziale Dienst der Bezirksämter usw.).

Welche Annahme unterstellt der Gesetzgeber damit?
Bei der Begrenzung des ZVR für diesen Personenkreis wird angenommen, dass die Ausbildung und Qualifikation der als Berater Tätigen zumeist stark unterschiedlich ist. Mit der Einschränkung auf die genannten Institutionen soll sichergestellt sein, dass die Personen, die mit dem Zeugnisverweigerungsrecht in diesem Zusammenhang ausgestattet sind, sorgfältiger Auswahl und Überwachung unterliegen, um zu verhindern, dass die Ausübung des Rechts von Zufall oder Willkür abhängt oder dass unter seinem Schutz und Deckmantel illegale Ziele verfolgt werden (BVerfGE 44, 353, 379).

Eine derartige BEschränkung kann man durchaus als fragwürdig ansehen – denn inhaltlich leistet ein Sozialarbeiter mindestens genau die Arbeit, die jemand „aus dem Amt“ leistet und er müsste dann genauso das umfassende ZVR in Anspruch nehmen dürfen.

Staatsnahe Mitarbeiter (Behörden, Amt, Körperschaft des öff. Rechts, Anstalten, Stiftungen) übernehmen durch ihr Arbeitsverhältnis (teilweise ja sogar verbeamtet und besonderen Dienstpflichten ausgesetzt) in kontrollierbarer Art und Weise Sozialaufgaben des Staates, deren Umsetzung nicht dadurch torpediert werden soll, dass jeder, der solche Stellen in Anspruch nimmt, befürchten muss, der Mitarbeiter müsse hinterher mal im Gericht gegen ihn aussagen.

2.2. ZVR nicht für freie Träger
Warum also nicht ein ZVR auch für freie Träger (e.V., gGmbH o.ä.) oder eine Selbsthilfegruppe oder sonstige Sozialarbeiter? Weil dann die zum ZVR-berechtigende Konstellation ganz einfach durch eine schlichte Behauptung, man arbeite halt in einer Selbsthilfegruppe, herbeiführbar ist. Die Zahl derer, die sich dann mit Erfolg in ein ZVR begeben, würde damit soweit ansteigen, dass keine für die Strafrechtspflege sinnvollen Aussagen zur Überführung von z.B. Drogenkonsumenten zu erhalten wären.

Ein enges Vertrauensverhältnisse ergibt sich zum Klienten aber unabhängig von dem Arbeitgeber des Sozialarbeiters: Deshalb sollte ein ZVR für alle anderen Sozialarbeiter in dem Bereich nach verbreiteter Meinung auch gelten. Das Gesetz sieht dieses allerdings nicht vor und müsste dann ergänzt werden.

3. Darf der Sozialarbeiter selber entscheiden, ob er sein ZVR nutzt oder nicht?
Wenn § 53 StPO formuliert “sind berechtigt” das Zeugnis zu verweigern, dann meint das, dass diese Personengruppen auch dazu verpflichtet sind, vor Gericht zugunsten des Klienten vom ZVR Gebrauch zu machen. Der Berater selber darf darüber grundsätzlich nicht einfach entscheiden: Wenn er ohne vom Klienten von der Schweigepflicht entbunden worden zu sein, aussagt, macht sich der Berater selber gem. § 203 Abs. 1 Nr. 5 StGB strafbar wegen Verletzung von Privatgeheimnissen.

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