1. Tätigkeitsmerkmale

Das Arbeitsfeld Streetwork beinhaltet

  • die aufsuchende Sozialarbeit auf der Straße und
  • die unmittelbare Interessenvertretung von Jugendlichen.
  • Die Arbeit verläuft zielgruppen-, problemlagen- und arbeitsfeldübergreifend und ist geprägt durch eine Vielfalt von Methoden und Herangehensweisen.
  • Grundlegende Prinzipien sind: Freiwilligkeit, Parteilichkeit, Anonymität und Lebensweltorientierung.
  • Die Ansätze der Straßensozialarbeit sind niedrigschwellig, ganzheitlich und akzeptierend (in dem Sinne: Lebenshilfe leisten ohne Vorbedingung).

2. Zielgruppen/soziale Problemlagen/Sozialraum

Zielgruppe für Straßensozialarbeit sind Gruppen von jungen Menschen, deren Lebenssituation durch Jugendsozialarbeit verbessert werden kann, die aber von den bestehenden Einrichtungen der Jugend- und Jugendsozialarbeit nicht erreicht werden und sich regelmäßig auf der Straße treffen.

Zielgruppe sind Menschen in selbstgewählten Gruppenstrukturen, die ausgegrenzt oder von Ausgrenzung bedroht sind bzw. sich selber ausgrenzen.

Streetwork richtet sich zudem an marginalisierte, gewaltbereite bzw. gewalttätige und sozial benachteiligte Jugendgruppen. Das Durchschnittsalter liegt zwischen 14 und 21 Jahren.

Auf der Grundlage von Beobachtung, Erhebungen und Sozialraumanalysen werden individuelle und strukturelle Problemlagen wie z.B. Verhaltensauffälligkeit, massive Schul- und Ausbildungsprobleme etc. der zu betreuenden Adressat/innen definiert.

Der Begriff „Straße“ als pädagogisch zu betreuender Sozial- bzw. Aktionsraum beinhaltet auch: Parkanlagen, Bahnhöfe, Diskotheken, Bereiche um soziale Einrichtungen etc.

Streetwork betreut stadtteil- und szenebezogen junge Menschen in gefährdeten Lebens- und Wohnbereichen.

Streetwork geht davon aus, daß jugendliche Gruppierungen entsprechend ihrer Wanderungs-bewegungen sozialraumübergreifend betreut werden.

Jugendgruppen, die sich in selbstverwalteten Einrichtungen bewegen oder sich als neue Zielgruppe in das Angebot einer stationären Einrichtung integrieren, werden von Straßensozialarbeit über einen angemessenen Zeitraum begleitet.

3. Inhaltliche und fachliche Ziele

Die Ziele der Arbeit werden je nach Erreichbarkeit auf kurz-, mittel- und langfristige Ziele unterschieden.

Ziele sind:

  • Entwicklung positiver Lebensbedingungen auf individueller als auch auf gesamt-gesellschaftlich-struktureller Ebene;
  • Emanzipation und Chancengleichheit;
  • Unterstützung und Förderung von Selbsthilfepotential und unmittelbarer Interessen-vertretung;
  • Entwicklung von Ausbildungs- und Berufsperspektiven;
  • Orientierung und Unterstützung in verschiedenen Lebensfragen und bei der Alltagsbewältigung (z.B. Jugend- und Sozialhilfe, Ausbildung, Arbeit, Wohnen, Familie, Existenzsicherung, Gesundheitsfürsorge);
  • seismographische Funktion, d.h. jugendlichen Bedarf frühzeitig zu erkennen und entsprechende Interessenvertretung von und mit Jugendlichen wahrzunehmen;
  • Entwicklung und Ausbau sozialer Kompetenzen und Unterstützung in konkreten Krisensituationen:
    • Förderung vorhandener Fähigkeiten (Kreativität und Phantasie),
    • Entwicklung bzw. Erweiterung von Kommunikationsfähigkeit und -bereitschaft,
    • Entwicklung alternativer Problem- und Konfliktlösungsstrategien im Alltag und im Vorfeld von Gewalt und Straffälligkeit,
    • Förderung von Toleranz und Akzeptanz von anderen Lebensformen und -kulturen;
  • Stigmatisierung und Kriminalisierung von Jugendlichen entgegenzuwirken;
  • Lebenshilfe ohne Vorbedingung;
  • Erhaltung und bedürfnisorientiertes Erschließen von räumlichen Ressourcen.

4. Handlungskonzepte und Angebotsstruktur

Gangway e.V. arbeitet gruppen-, projekt- und einzelfallbezogen. Darüber hinaus beteiligen sich die Gangway-Teams im Interesse der Jugendlichen an der Entwicklung der Jugendhilfestrukturen in den Bezirken (infrastrukturelle Angebote).

Die Handlungskonzepte des Gangway-Teams zielen darauf ab, Vertrauen zu den Jugendlichen aufzubauen, soziale Ausgrenzung von Jugendlichen zu vermeiden und beinhalten folgende, auf Lebensbewältigung abzielende

Leistungsangebote:

Beziehungsarbeit als persönliches, aber zugleich professionell gestaltetes und reflektiertes Sich-in-Beziehung-Setzen zu den Jugendlichen;
Betreuungsarbeit als Gestaltung eines Beziehungs- und Gesprächszusammenhanges vor dem Hintergrund individueller und gruppenbezogener Problemlagen und unter dem Aspekt der Kontinuität und Mitwirkung von Jugendlichen;
Beratungsarbeit als Beratungsangebot mit Blick auf allgemeine und spezifische Beratung sowie individuelle und gruppenbezogene Krisen und Problemlagen;
Gruppen- und Projektarbeit: Soziales Lernen als Angebot zur Überwindung von Entwicklungsschwierigkeiten und Verhaltensproblemen von Jugendlichen.
Freizeit- und Erlebnispädagogik als Angebot der Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit und im Kontext des Angebots zum sozialen Lernen in Gruppen.
Begleitung als Angebot einer solidarischen Unterstützung von Jugendlichen gegenüber Ämtern, Institutionen und Behörden (Anwalts- bzw. Beistandsfunktion);
Verhandlung als direktes oder indirektes Verhandlungsangebot des Streetworkers mit mindestens zwei Problembeteiligten und auf der Grundlage der Qualitätsmerkmale von Streetwork;
Vermittlung als Vermittlungsangebot, das die Aktivierung von Hilfe anderer Einrichtungen zum Ziel hat, dabei die Selbständigkeit des Jugendlichen und das Prinzip der Freiwilligkeit berücksichtigt;
Beschaffung als Angebot, einem oder mehreren Problembeteiligten Geld, eine Sache, Arbeit, Ausbildung oder irgendeine Dienstleistung zu beschaffen. Die Beschaffung ist nicht auf Kontaktherstellung (Vermittlung) zu reduzieren;
Intervention als Eingriff in negative Verlaufsprozesse (Delinquenz) mit dem Ziel einer Unterbrechung von objektiver Gefährdung und einer Verankerung subjektiven Verhaltens und Eröffnung von Perspektiven (Krisenintervention und Deeskalation von Gruppenauseinandersetzungen, Konfliktbewältigung und Mediation).

Infrastrukturelle
Angebote:
(Fach)Gremienarbeit/Kooperation/Vernetzung/Öffentlichkeits-arbeit sind fach-, ressort- und regionalspezifische und -übergreifende Arbeitsansätze bzw. Angebote, die der Interessen(selbst)vertretung der Jugendlichen und der Entwicklung der bezirklichen Jugendhilfestrukturen dienen.
Sozialraum- und Bedarfsanalyse sind gleichsam infrastrukturelle Angebote von Streetwork.

5. Personal und finanzielle Ausstattung

Gemäß der in Fachtagungen erarbeiteten Standards hat das Gangway-Team die Mindestgröße von drei Personen. Das Team setzt sich gemischtgeschlechtlich zusammen und wird bei entsprechender Zusammensetzung der Zielgruppe binational besetzt.

Die Dienst- und Fachaufsicht für das Team liegt bei dem Verein Gangway e.V..
Das jeweilige Bezirksamt sieht den Bedarf an dieser Arbeit im Bezirk und stellt dem Team unentgeltlich einen Raum mit Telefonanschluß als Bezirksbüro und Anlaufstelle zur Verfügung.

Die Finanzierung der Tätigkeit des Streetworkteams setzt sich anteilig aus Zuwendungen des Bezirkes und des Landes zusammen.

6. Gremienarbeit/Kooperation/Vernetzung

Straßensozialarbeit beinhaltet strukturelle Arbeit im Bezirk.

Um Jugendlichen ein auf sie zugeschnittenes sozialpädagogisches Angebot zu ermöglichen, ist es notwendig, bestehende Angebote zu vernetzen. Nur so ist eine effektive Nutzung der Angebote der Jugendhilfe zu ermöglichen.

Diese formellen und informellen Vereinbarungen entstehen in Form von Arbeitsgemeinschaften, Kiezrunden, Arbeits- und Gesprächskreisen und Runden Tischen unter und zwischen öffentlichen und freien Trägern.

Das Prinzip Vertrauen und Vertraulichkeit schließt einen Informationsaustausch mit der Polizei aus. Dialogformen und -inhalte mit der Polizei werden durch die Geschäftsführung von Gangway e.V. in Absprache mit der Jugendförderung initiiert.

Das Gangway-Team soll an Arbeitskreisen teilnehmen, sich in diese einbringen und sie gegebenfalls initiieren. Das beinhaltet die Mitarbeit in Arbeitsgemeinschaften und die regelmäßige Teilnahme am Kinder- und Jugendhilfeausschuß.

Zur Sicherung und Weiterentwicklung qualitativ guter Straßensozialarbeit nimmt das Team an Fachgremien zum Thema Streetwork teil ( z.B. in Hinsicht bezirksübergreifender Projekte).

7. Gesetzliche Grundlagen

Gesetzliche Grundlage für Streetwork ist das Sozialgesetzbuch – SGB VIII § 13, § 80 – in Verbindung mit § 13 des Berliner Ausführungsgesetzes zum Kinder- und Jugendhilfegesetz (AG KJHG.)

Schwerpunktzielsetzung ist die „Förderung der Entwicklung von jungen Menschen zu einer eigenverantwortlichen und gesellschaftsfähigen Persönlichkeit“ (§1,1).

§ 13 des Berliner AG KJHG,
“Aufsuchende Jugendsozialarbeit wendet sich insbesondere an alleingelassene, aggressive, resignative, suchtgefährdete oder straffällig gewordene junge Menschen und fördert deren soziale Integration. Die Angebote sind unmittelbar im Lebensumfeld der jungen Menschen zu organisieren. Sie umfassen Einzelberatung, Gruppenarbeit, Projektarbeit und Stadtteilarbeit. Das Jugendamt hat Vorsorge zu treffen, daß es diese Angebote bei akutem Bedarf auch kurzfristig ermöglichen kann.”

Zur Gewährleistung infrastruktureller Tätigkeiten und Querschnittstätigkeiten (Organisationstätigkeit) von Straßensozialarbeit sind darüber hinaus
§ 4 Abs. 1 (Zusammenarbeit öffentlicher Jugendhilfe und freie Jugendhilfe)
§ 80 Abs. 3 (Jugendhilfeplanung)
§ 78 (Arbeitsgemeinschaften/Gremienarbeit)
§ 72 Abs. 3 (Fortbildung/Praxisberatung und Teamreflexion von Mitarbeiter/innen)
Öffentlichkeitsarbeit
unabdingbare gesetzliche Grundlagen.

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