Die “Volksgesundheit” wird geschützt nach dem BTMG als verwaltungsrechtliches Gesetz des StGB.

 

In Deutschland ist der Anbau, Erwerb, Handel, die Verabreichung und Besitz der Substanzen, die dem Betäubungsmittelgesetz (BTMG) unterstellt sind, strafbar! Dazu zählen unter anderem alle Formen des THC-haltigen Cannabis (Samen, Gras, Haschisch), XTC, Speed, Kokain, LSD und Zauberpilze.

 Das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) existiert seit Januar 1972. Davor gab es das Opiumgesetz, das für sämtliche Verstöße eine einheitliche Höchststrafe von drei Jahren aufwies. Es richtete sich im wesentlichen gegen Morphinisten und Opiatabhängige aus der Kriegs- und Nachkriegszeit. Das Betäubungsmittelgesetz von 1972 unterschied in seinem strafrechtlichen Teil zwischen einfachen und schweren Verstößen; die Liste der Betäubungsmittel (BtM) wurde erheblich erweitert, so dass auch die sog. Weichen Drogen diesem Gesetz unterfielen; der Höchststrafrahmen bei einfachen Verstößen blieb bei drei Jahren, während er bei schweren Verstößen auf zehn Jahre hinaufgesetzt wurde; schließlich wurden die Strafbestände wesentlich erweitert.

 

Das jetzt geltende BtMG ist 1981 novelliert worden und gilt seit dem 01.Januar 1982. Die Änderungen zeichnen sich durch die Erhöhung des Strafmaßes der neugefaßten Straftatbestände aus, so dass nun eine Erhöhung des Strafmaßes für schwerwiegende Taten auf eine Höchststrafe von bis zu 15 Jahren erkannt werden kann.

Das Betäubungsmittelgesetz (BTMG) macht jeglichen Verkehr und Umgang mit Betäubungsmitteln von der Erlaubnis des Bundesgesundheitsamtes abhängig. Die davon betroffenen Substanzen sind in dem § 1 BTMG Anlagen 1-3 beschrieben. Strafbar macht sich nach dem BTMG wer ohne entsprechende Erlaubnis mit Betäubungsmitteln umgeht (§§ 29- 30 b BTMG). Im Prinzip ist alles strafbar, außer der Konsum von BTM. Jedoch wird bei vorliegendem Konsum der Besitz unterstellt, weshalb es so enorm wichtig ist, daß bei der Vernehmung durch die Ermittlungsbehörden keinesfalls Angaben zur Sache gemacht werden. Meistens wird im Laufe der Vernehmung durch die Polizei der vorherige Besitz eingräumt, obwohl dieser von der Polizei häufig nicht nachgewiesen werden kann.

Konflikte nach dem BTMG

Thema: Besitz (Verwahrung, Test Notfall)

Die in dem § 29 Abs.1 genannten Straftatsbestände, insbesondere der Umgang und Besitz von BTM kann schnell für StreetworkerInnen zum Konflikt mit dem BTMG im Arbeitsalltag führen . So ist das Verwahren illegaler Substanzen für KlientInnen unter Umständen strafbar.Im § 29 BtMG sind eine Vielzahl von Umgangsformen und Handlungen – sieht man vom straflosen Konsum ab – mit Betäubungsmitteln aufgeführt. Ein möglicherweise strafbarer Kontakt mit illegalen Drogen durch StreetworkmitarbeiterInnen ist demnach zumindest in drei Fallkonstellationen vorstellbar:

    1. Verwahrung:
      StretworkerInnen übernehmen von einer Person verbotene Substanz (z.B. illegal aus den Niederlanden importiertes Methadon) , um diese für die Person einzuteilen, wobei sich die Rückgabe ausschließlich nach den Wünschen des Users richtet.
    2. Drogenanalyse/Drogentest:
      Erste Variante, Einzelanalyse: SzenearbeiterInnen nehmen eine einzelne Drogenprobe an und bringen diese zwecks Analyse zu einer Apotheke.
      Zweite Variante, Drogentest-Reihe: Eine Einrichtung nimmt regelmäßig Drogen zur Analyse entgegen. Diese werden zu einem privaten Labor gebracht.
    3. Drogennotfall:
      StraßenarbeiterInnen nehmen Drogen an sich, von denen offensichtlich eine Gefahr ausgeht, um sicherzustellen, daß eine Analyse zur Aufklärung der Situation bzw. konkrete Hilfe für die Opfer möglich ist. (Eine solche Situation bestand Anfang 1997 in Bremen, als fünf Personen an den Folgen von Heroinkonsum starben und es zumindest anfangs unklar war, ob dies auf Verunreinigungen oder aber auf einen ungewohnten Reinheitsgehalt des Stoffes zurückzuführen war)

In allen Beispielen stellt sich die Frage, ob diese Berührungen mit der Droge gleichzeitig auch schon einen Besitz von Drogen darstellen. Besitz im Sinne des BtMG wird definiert als tatsächliches Herrschaftsverhältnis, das sich in einem faktisch ungehinderten Zugang und einer damit verbundenen Einwirkungsmöglichkeit auf die Droge ausdrückt (Körner 1995, Anm. 781 zu §29 BtMG)

  • Im ersten Fallbeispiel begründet demnach schon die bewußte und bereitwillige Verwahrung von Drogen einen strafbaren Besitz, auch dann, wenn der eigentliche Besitz und die ausschließliche Verfügungsgewalt des Users nicht in Frage gestellt werden. Denn nach der Rechtsprechung begründet allein schon eine solche Verwahrung der Droge einen eigenen Besitz, auch dann, wenn SzenearbeiterInnen die mögliche eigene Verfügungsgewalt über die Drogen gar nicht in Anspruch nehmen (Körner 1995, Anm.793 zu §29 BtMG).
    Eine zusätzliche Strafbarkeit ergibt sich im Beispielfall nach § 29 1 Nr.6b BtMG, da die „nicht-ärztliche“ Verabreichung von Methadon nach § 13 1 BtMG untersagt ist, sie stellt daher eine unerlaubte Verabreichung bzw. Überlassung von Betäubungsmitteln zum unmittelbaren Verbrauch dar.
  • Im zweiten Fallbeispiel stellt sich die Frage, ob sich SzenearbeiterInnen strafbar machen, indem sie eine Probe – und damit die Substanz – einer verbotenen Droge annehmen und zum Ort der Analysemöglichkeit transportieren? Und wie steht es mit Strafbarkeit des Analyseortes? Letzteres ist für die Variante der Einzelanalyse zumindest für Apotheken rechtlich geregelt. Denn nach § 4 1 Nr. 1e BtMG ist es Apotheken erlaubt, Betäubungsmittel zur Untersuchung anzunehmen. Strafrechtlich problematisch ist somit vor allem der Transport. Wird die Droge unmittelbar und auf direktem Wege zu einer Apotheke gebracht und ist dieser kurze Transport auch der einzige Grund für den Besitz der Droge, dann ist ein strafbarer Besitz im Sinne des BtMG – nach der hier vetretenen Meinung – zu verneinen. Denn nicht schon jede Berührung mit einer verbotenen Droge begründet unmittelbar den Tatbestand des strafbaren Besitzes, sondern erst das Entstehen einer eigenen Einflussspphäre über die Droge. Und ein direkter und unmittelbarer Transport zu einer örtlichen Apotheke hat eher den Charakter eines Botenganges, ohne dass in dieser kurzen Zeit ein eigenes Herrschaftsverhältnis über die Droge aufgebaut wird. Körner verneint ausschließlich den Tatbestand des Besitzes bei den vergleichbaren sog. BtM-Vernichtungstransporten, bei denen BtM von Privatpersonen oder SozialarbeiterInnen bei einer hierzu berechtigten Stelle abgegeben werden können (Körner 1995, Anm.797 zu §29 BtMG).
  • Im dritten Beispiel können sich die HelferInnen auf den rechtfertigenden Notstand (§34 StGB) berufen, der schon bei der Schweigepflicht thematisiert wurde. In diesem Fall müsste eine Güterabwegung zwischen dem Leben und/oder der Gesundheit von Drogenkonsumierenden und dem vom BtMG geschützten Rechtsgut der Volksgesundheit getroffen werden.Wenn die Mitnahme einer Drogenprobe die einzige konkrete Hilfe darstellt, wird den erst genannten Rechtsgütern sicherlich Vorrang gegenüber einer Bestrafung wegen Drogenbesitzes eingeräumt werden müssen.

Verschaffung und Gewähren von Gelegenheiten

d.h. Herbeiführung günstiger äußerer Umstände, die den unbefugten Umgang mit Betäubungsmitteln unmittelbar fördern

Der im 29 Abs.1 Nr.10 BtMG angesprochene Tatbestand des Verschaffens einer Gelegenheit, d.h. der Herbeiführung günstiger äußerer Umstände, die den unbefugten Umgang mit Betäubungsmitteln unmittelbar fördern, bezieht sich in erster Linie auf das bewußte Bereitstellen von Räumen, Möglichkeiten zum Verbrauch, Erwerb Abgabe usw. von Drogen (z.B. durch einen Gastwirt) – dies wird in Einrichtungen der Jugendhilfe regelmäßig nicht vorkommen. Der Tatbestand könnte, wie generell alle Straftatbestände auch durch unterlassen bewirkt werden, wenn Voraussetzung dafür ist, dass die Person „rechtlich dafür einzustehen hat, dass der Erfolg nicht eintritt“ – dieser Sachverhalt wird in der Rechtssprache als sog. Garantenpflicht bezeichnet. Liegt also eine solche Garantenpflicht vor, so können die Tatbestände auch durch Unterlassen begangen werden.Bezüglich des pädagogischen Personals, also der Personen, die mit der Betreuung, Erziehung, Unterstützung, Beratung der Kinder, Jugendlichen und jungen Volljährigen in Einrichtungen der Jugendhilfe zu tun haben, ist regelmäßig davon auszugehen, dass eine Garantenstellung vorliegt, die eine Garantenpflicht begründet. Eine Garantenstellung liegt vor, wenn besondere Beziehungen zu der Person bestehen, die durch strafrechtliche Normen geschützt werden soll. Das ist hier gegeben, denn die Bestimmungen des BtMG sind in ihrer Zweckrichtung darauf ausgerichtet, andere Personen in jeglicher Weise vor dem Kontakt und Umgang mit Betäubungsmitteln zu schützen. Hier ist aber die Besonderheit gegeben, dass mit der Formulierung „Gelegenheit… gewährt“ eine Unterlassung durch § 29 Abs.1 Nr.10 BtMG selbst unmittelbar zu einer strafbaren Handlung gemacht wird. Bei der Auslegung des Begriffes „Gewähren“ kann und muß deswegen auf die von der Rechtsdogmatik zu den Unterlassungsdelikten entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden.Aus der Garantenstellung des pädagogischen Personals aufgrund der übernommenen Fürsorge-, Aufsichts- und Erziehungspflichten gegenüber den zu betreuenden jungen Menschen, ergibt sich, dass das pädagogische Personal eben nicht zusehen kann, wenn in entsprechender Weise mit Betäubungsmitteln umgegangen wird. Das gilt insbesondere in Einrichtungen, wo das Personal eine unmittelbare Definitionsmacht hat. Eine besondere Situation ergibt sich an öffentlichen Orten, da hier die Definitionsmacht und damit die Durchsetzungsmöglichkeiten für pädagogisches Personal – insbesondere für Streetwork/Mobile Jugendarbeit der Besonderheit der Situation unterliegt. So muß z.B. unterschieden werden, ob ein Treffen von Streetworkern/Mobilen an Treffpunkten der Jugendlichen in der Öffentlichkeit vorliegt, oder ob es um eine vom pädagogischen Personal organisierten Aktivität an öffentliche Orten stattfindet. Entscheidend ist die Definitionsmacht für das Begegnungssetting.

Für die Gleichsetzung von Unterlassen und aktivem Tun ist erforderlich, dass das Unterlassen im Unrechtsgehalt der aktiven Verwirklichung des Tatbestandes entspricht, dass also der strafrechtliche Unwertgehalt zwischen aktivem Handeln und Unterlassen gleich ist, dass das „Gewähren durch Unterlassen“ einem aktivem Gewähren (z.B. durch die Bereitstellung von Räumen) gleichkommt. Entscheidend ist so das Verhalten der Handelnden: das „Nichtstun“, das Gewährenlassen muß in seinem sozialen Sinngehalt , aus dem heraus es zu interpretieren ist, einem aktiven Tun gleichzustellen sein. Damit kommt es auch darauf an, aus welcher Intention heraus ein Vorgehen gegen den Drogenkonsum unterlassen wird. Ein Gewähren ist deswegen dann einem aktiven Tun gleichzustellen, wenn eine fördernde Haltung zum Betäubungsmittelkonsum vorliegt, wenn also die DrogenkonsumentInnen usw. davon ausgehen können, dass die BetreuerInnen, ErzieherInnen oder StreetworkerInnen trotz Kenntnis des unbefugten Drogengebrauchs keinerlei ihnen zumutbare Maßnahmen treffen und damit signalisieren, dass sie gegen den unerlaubten Drogengebrauch nichts einzuwenden haben.. Entscheidend ist, wie das pädagogische Personal mit der Drogenproblematik in pädagogisch reflektierter und geplanter Weise umgehen will und ob es deswegen in einer konkreten Situation darauf verzichtet, mit nicht vermittelbaren Verboten zu arbeiten, um auf diese Weise nicht die Möglichkeit zu verschütten, junge Menschen aus ihrer Abhängigkeit oder ihrem schädigenden Konsum herauszulösen.

Weiterhin muß das aktive Handeln sinnvoll und der Person, der es abverlangt wird, auch zumutbar sein. Das bedeutet für das Unterlassen, dass die unterlassende Person in der Lage sein müsste, in sinnvoller Weise auch durch aktives Handeln gegen den Drogengebrauch vorgehen zu können. Und: Das Vorgehen und das Verhalten des Erziehungspersonals muss für sie selbst zumutbar sein.

Zumutbar sind Handlungen dann nicht,, wenn eigene, billigenswerte Interessen in erheblichen Umfang beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen in keinem Verhältnis zu dem Handeln stehen, das die Betreuungspersonen unternehmen müssten, um denunbefugten Betäubungsmittelkonsum zu unterbinden oder gegen ihn vorzugehen. So wird bei den nicht selten sozial und emotional relativ dichten Situationen, wie sie sich in der Fremderziehung oder –betreuung ergeben, z.B. die automatische Benachrichtigung der Polizei als erste (und möglicherweise einzige) Reaktion unzumutbar sein. Andererseits darf das Stichwort „Unzumutbarkeit“ nicht dazu führen, dass Komplikationen und Konflikten ausgewichen wird und man meint, durch ein „Wegsehen“, „Nichtwissenwollen“ usw. der Problematik rechtlich hinreichend begegnen zu können. Festzuhalten ist, dass sich keine rezeptartigen, automatischen Verhaltensweisen aus der Pflicht zum Handeln ergeben, sondern dass es möglich ist, verschiedene sozialpädagogisch ausgerichtete Strategien im Kontext der Drogenproblematik in der Arbeit mit Jugendlichen zu entwickeln und umzusetzen.

Zu beachten ist, dass §29 Abs. 4 i.V.m. §29 Abs.1 Nr.10 BtMG auch fahrlässiges Gewähren unter Strafe stellt: Erfasst wäre damit zum Beispiel ein Verhalten des pädagogischen Personals, dass zwar über Drogen in den Einrichtungen etwas gehört hat, sich aber bewusst nicht weiter informieren will. Ein bewsstes „Nicht-wissen-wollen“ würde den Tatbestand des fahrlässigen Handelns erfüllen.

Letzrlich richtet sich die Vorschrift und die durch die Garantenstellung des pädagogischen Personals bedingte Handlungspflicht gegen ein Laissez-faire-Verhalten, erfordert die ziel- und zeitgerichtete Auseinandersetzung mit dem Drogenkonsum in Einrichtungen, erzwingt aber nicht die Automatik einer anzeige bei der Polizei oder Staatsanwaltschaft.

Aus: Zugehende Sozialarbeit für drogengebrauchende Frauen und Männer. Ein Handbuch. Herausgegeben von Deutsche AIDS-Hilfe e.V. Berlin, 1997

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