Ein Überblick über den Verfahrensablauf und (mögliche) Rechtsfolgen

Für wen gilt das Jugendstrafrecht eigentlich ?

Das Jugendstrafrecht gilt grundsätzlich für alle 14- bis 17 jährigen (=Jugendliche), für 18- bis 20 jährige (=Heranwachsende) gilt es nur, wenn sie vom Entwicklungsstand her eher Jugendlichen als Erwachsenen entsprechen; darüber entscheidet dann das zuständige Gericht; ab dem 21. Geburtstag ist man dann im (straf-)rechtlichen Sinne Erwachsener und es gilt das allgemeine (Erwachsenen-)Strafrecht.

Wo ist das gesetzlich geregelt ?

Das Jugendstrafrecht ist im JGG (Jugendgerichtsgesetz) geregelt.Es gilt für Jugendliche und Heranwachsende, die eine strafbare Handlung oder Unterlassung begehen. Im Bereich des Jugendstrafrechts wird von “Verfehlung” gesprochen, gemeint sind damit alle nach dem StGB sowie der strafrechtlichen Nebengesetze (insbesondere das BtMG oder das StVG) Vergehen und Verbrechen.

Die wichtigsten Regelungen darüber, wie ein Verfahren im Einzelnen abzulaufen hat, finden sich wiederum im JGG sowie in der StPO (Strafprozessordnung) und dem GVG (Gerichtsverfassungsgesetz).

Wer ist für Jugendstrafsachen zuständig ?

Am Anfang zunächst immer die Schutz- bzw. Kriminalpolizei.
Sie ermittelt bei Verdacht auf eine strafbare Handlung grundsätzlich im Auftrag der StA (Staatsanwaltschaft). Dieser Auftrag ist gesetzlich geregelt und muß nicht jedes Mal extra erteilt werden. Die Polizei fertigt dann einen Schlussbericht, den sie an die StA leitet.

Die Staatsanwaltschaft entscheidet nun, ob sie das Verfahren einstellt, oder Anklage erhebt und es an das zuständige Gericht weitergibt.

Wenn Anklage erhoben wird, eröffnet das zuständige Gericht i.d.R. das Hauptverfahren.
Abhängig davon, was dem Angeklagten vorgeworfen wird und welche Strafe er zu erwarten hat, ist dann das Amtsgericht (dort der Jugendrichter oder das Jugendschöffengericht) oder das Landgericht (dort die Jugendstrafkammer) zuständig.

Außerdem ist die Jugendgerichtshilfe ein wichtiger Verfahrensteilnehmer. Sie nimmt vor der Hauptverhandlung Kontakt zum Angeklagten auf und lädt ihn zu einem Gespräch ein. In der Hauptverhandlung erstattet sie dann einen Bericht über den Jugendlichen und macht einen Vorschlag, ob bzw. wie er bestraft werden sollte.

Ein Verteidiger, möglichst mit Erfahrung im Jugendstrafrecht, kann und sollte in jedem Verfahrensstadium hinzugezogen werden.
Er kann beurteilen, welches Verhalten am sinnvollsten ist und welche Maßnahmen ggf. zu ergreifen sind. Als unabhängiges Organ der Rechtspflege kann er für den Angeklagten (vor Zulassung der Anklage heißt der übrigens Angeschuldigter und vor Anklageerhebung durch die StA Beschuldigter) Akteneinsicht nehmen.

In gesetzlich geregelten Fällen bestimmt das Gericht, dass ein Verteidiger zu bestellen ist, ein sog. Pflichtverteidiger. Innerhalb einer Frist kann der Angeklagte hierfür einen Verteidiger seiner Wahl benennen, ansonsten sucht das Gericht diesen aus.

Der Verteidiger unterliegt grundsätzlich einer Schweigepflicht! Was ihm sein Mandant mitteilt, darf (und wird) er ohne dessen Zustimmung keinem anderen weitersagen.

Was tun, wenn man einer Straftat verdächtigt wird ?

Grundsätzlich gilt, dass man zu keinem Zeitpunkt etwas sagen muss- man hat ein Aussageverweigerungsrecht! Hierauf muß die Polizei immer hinweisen (ebenso auf das Recht, einen Verteidiger hinzu zu ziehen).

Erfahrungsgemäß ist es sinnvoll, von diesem Recht Gebrauch zu machen. Man macht sich nicht verdächtig, wenn man seine Rechte in Anspruch nimmt. Es darf nicht zum Nachteil gewertet werden, wenn jemand komplett keine Aussage macht.

Es ist aber auch sinnvoll, wenn man in einem solchen Fall mit einer erwachsenen Vertrauensperson spricht, besonders dann, wenn der erhobene Vorwurf evtl. zutrifft.
Also sollte man Eltern, Großeltern, Onkel, Tante usw. ins Vertrauen ziehen und nicht darauf hoffen, dass „schon nichts passiert“.

Man kann auch zunächst mal zu GANGWAY gehen und sich dort beraten lassen (es gibt in regelmäßigen Abständen eine kostenlose Rechtsberatung).

Sofern man von der Polizei mitgenommen wird und im Rahmen einer Beschuldigtenvernehmung vernommen werden soll, sind die Eltern, bzw. die Erziehungsberechtigten zu informieren. Sie haben ein Anwesenheitsrecht. Sofern man eine Vorladung zur Beschuldigtenvernehmung per Post erhält: anders als bei einer richterlichen oder staatsanwaltlichen Vorladung muss man einer polizeilichen Vorladung zu einer Beschuldigtenvernehmung nicht folgen. Wie oben schon angesprochen: es ist anzuraten, zunächst keine Aussage zu machen und schnellstmöglich einen Verteidiger zu kontaktieren. Dieser wird Akteneinsicht nehmen und zusammen mit Euch eine Verteidigungsstrategie erarbeiten.

Auf jeden Fall sollte man das Gesprächsangebot der JGH (Jugendgerichtshilfe) annehmen. Deren Bericht kann und wird den Verfahrensausgang erheblich beeinflussen.

Was kann mir passieren, wenn ich eine Straftat begangen habe ?

Im Jugendstrafrecht gelten andere „Maßstäbe“ als bei Erwachsenen, wo bei einer Schuldfeststellung i.d.R. Geld- oder Freiheitsstrafen (bis zu „lebenslang“) verhängt werden.

Ein Jugendlicher kann, abhängig von der Schwere einer Straftat und dem von ihm angerichteten Schaden, mit einer bloßen richterlichen Verwarnung „davonkommen“, bzw., sofern die Staatsanwaltschaft einverstanden ist, gegen Erfüllung einer Auflage eine Verfahrenseinstellung erhalten.

Ist die StA nicht einverstanden und es kommt zu einer Verurteilung, gibt es grundsätzlich
drei Möglichkeiten:

  • Verhängung sog. Erziehungsmaßregeln
    (meistens sind dies Weisungen des Gerichts, z.B. bestimmte Orte nicht mehr aufzusuchen, eine Arbeitsstelle anzunehmen oder an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen o.ä.)
  • Verhängung sog. Zuchtmittel, wenn Weisungen nicht mehr ausreichen
    (hierunter fallen eine im Urteil festgehaltene richterliche Verwarnung, die Erteilung von Auflagen, z.B. den verursachten Schaden wieder gut zu machen, eine Entschuldigung beim Verletzten oder Arbeitsleistungen zu erbringen sowie der Jugendarrest in Form von Freizeit- Kurz- oder Dauerarrest bis zu vier Wochen)
  • Jugendstrafe (zwischen sechs Monaten und zehn Jahren)

Für die Verhängung einer Jugendstrafe muss das Gericht sog. „schädliche Neigungen“ (also z.B. wenn jemand immer wieder Straftaten begeht-es muss eine “persönlichkeitsspezifische Rückfallgefahr für erhebliche Straftaten bestehen”) und/oder eine besondere „Schwere der Schuld“ (wenn die Folgen einer Tat besonders schwer wiegen oder die Begehung besonders „fies“ war, z.B. gegen kleine Kinder, Alte, Behinderte o.ä. gerichtet) feststellen.

Am besten:
Keine Straftaten begehen!
Wenn Ihr unsicher seid, was zu tun ist, lasst Euch bei GANGWAY beraten!

Hinweis:

Sämtliche hier gemachten Angaben sind ohne Gewähr und stellen keinerlei Rechtsberatung dar; bei konkreten rechtlichen Fragen oder Problemen sollte ein Rechtsanwalt konsultiert werden.

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