Am 8.6 sind wir mit sechs Adressat*innen in die Grenzstadt Kostrzyn gefahren um für diese beim Bürgeramt neue Personalausweise zu beantragen.
Es war bereits das dritte Mal, dass wir polnischen Bürger*innen, die von Obdachlosigkeit betroffen sind, die Möglichkeit gegeben haben einen neuen Ausweis zu bekommen.
Menschen, die auf der Straße leben, verlieren oft ihre Dokumente oder ihre persönlichen Sachen. Häufig werden sie auch beklaut und ihre Habseligkeiten, sowie ihre Ausweise kommen auf diese Weise abhanden.

Seit dem 01.03.2015 kann man kostenlos in jeder polnischen Stadt einen neuen Ausweis beantragen, früher musste man hierzu zum Ort der letzten polizeilichen Anmeldung fahren.
In der Polnischen Botschaft (Berlin) kostet  ein Pass 110 Euro, was für fast alle obdachlosen Menschen eine unüberwindbare Hürde darstellt.
Deswegen haben unsere Adressat*innen an uns den Wunsch gerichtet, ihnen die Möglichkeit zu eröffnen,  Ausweise an der polnischen Grenze in Kostrzyn , das ca.92 km von Berlin entfernt ist, zu beantragen, d.h. mit ihnen dort hin zu fahren.
Andere Gangway Teams haben uns für die Reise einen Bus zur Verfügung gestellt, so dass wir mit mehreren Personen nach Polen fahren konnten.
Die letzte Gruppe, die in Polen war, setzte sich aus Leuten zusammen, die wir von unseren Brennpunkten (Alexanderplatz und Zoologischer Garten) kennen. Die betroffenen Menschen leben meistens schon seit mehreren Jahren auf der Straße in Berlin. Vier von ihnen hatten so auch die Gelegenheit nach mehreren Jahren in ihre Heimatstadt zu kommen. Die neuen Dokumente benötigen sie in erster Linie wegen der Arbeitsaufnahme, aber auch als Identitätsnachweis ( zwei Personen besaßen schon seit ein paar Jahren keine Ausweispapiere mehr).
Für uns war es eine besondere Erfahrung die Menschen, welche wir meistens an den Brennpunkten treffen, in einem anderen Setting kennen zu lernen. Dass die Fahrt auch für die Adressat*innen ein besonderes Ereignis war, erkannte man unter anderem an ihrem äußeren Erscheinungsbild (frisch geduscht, frische Kleidung) und ihrem Verhalten (Verzicht auf Alkohol).
Bei der Fahrt haben wir sehr viel zusammen gelacht und interessante Gespräche geführt.
Beim polnischen Bürgeramt haben sie sich, trotz einer etwas komplizierten und nicht sofort hilfsbereiten Sachbearbeiterin, äußerst geduldig und ruhig verhalten.
Nach der Amtsvisite haben die meisten Wohnungslosen noch von ihrem durch Flaschensammeln „erarbeitetem Geld“ polnische Spezialitäten, wie polnische Wurst und Äpfel gekauft.
Wir finden, dass dieser Ausflug unseren Adressat*innen wieder neue positive Kräfte verliehen hat. Für uns war es schön zu sehen, wie vielseitig die Menschen sein können.

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