Sperrzeiten im Kurfürstenkiez

Debatte um Prostitution löst erneut Diskussionen zum Thema Sperrzeiten im Kurfürstenkiez aus.

Am 20.11.2013 wurde in der BVV im Rathaus Schöneberg über die Einführung einer Sperrzeit im Kurfürstenkiez debattiert. Sperrzeiten tragen unseres Erachtens nicht zu einer Beruhigung im Kurfürstenkiez bei. Dies möchten wir, anhand der unten aufgeführten Punkte, näher erläutern.Mögliche Auswirkungen könnten unter anderem sein:• Vermehrte Ruhestörungen in der Nacht, da alle Frauen (die sich momentan noch über den ganzen Tag verteilen) innerhalb dieses Zeitraumes arbeiten müssen und eine Ausweitung auf andere Zeiten entfallen. Durch diese verstärkte Konkurrenz erhöht sich der Druck des Geldverdienens, so dass es zu einer noch offensiveren Anbahnung kommen kann.

• Nicht alle Sexarbeiter_innen wollen und können in der Nacht arbeiten.

• Verstärkte Auseinandersetzungen unter den Frauen, da weniger Plätze und weniger Freier da sind. Eine unbestimmte Anzahl von Freiern wird vermutlich ihren Rhythmus ändern und in den Abendstunden kommen, so dass ein erhöhtes Freieraufkommen in den Abendstunden eintreten kann. Dies könnte sich auf den Lärm in den Nachtstunden auswirken.

• Die Sperrzeiten werden zu einer Kriminalisierung der Frauen führen, da a) die Frauen, die ein stoffgebundenes Abhängigkeitsverhalten haben bzw. diese Substanzen missbrauchen, sich nicht auf die Zeiten beschränken können (der Suchtdruck bestimmt die Arbeitszeit) und b) Frauen, die unter Zwang arbeiten, nicht erst in den Abendstunden beginnen können. Dies hätte keine Auswirkung auf die Menschen, die den Zwang ausüben, sondern nur auf die Sexarbeiter_innen. Für die suchtmittelgebrauchenden Frauen würde dies bedeuten, dass sie sich in den Sperrzeiten auf anderem Weg ihr Geld besorgen müssen (Beschaffungskriminalität). Sexarbeit ist, in diesem Kontext, eine der wenigen legalen Möglichkeiten, um Geld zu verdienen. Verstöße gegen die Sperrzeiten bedeuten eine weitere Kriminalisierung. Verhängte Ordnungsstrafen müssen bezahlt werden, welches einen erhöhten Druck des Geldverdienens bedeutet.

• Die einzige möglicherweise positive Veränderung wäre, dass die Schulen und Kindergärten tagsüber keine Frauen antreffen werden. Hierzu muss man sagen, dass es momentan hierzu bereits eine gesetzliche Grundlage gibt, die gegen den Aufenthalt von anschaffenden Frauen vor öffentlichen Kinder- und Jugendeinrichtungen vorgehen kann.

Laut § 184 StGB:
Wer der Prostitution
1. in der Nähe einer Schule oder anderen Örtlichkeit, die zum Besuch durch Personen unter
achtzehn Jahren bestimmt ist, oder
2. in einem Haus, in dem Personen unter achtzehn Jahren wohnen,
in einer Weise nachgeht, die diese Personen sittlich gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

• Es wäre zu hinterfragen, warum der Kontakt von Kindern mit Prostituierten schädlich für die Entwicklung ist. Ein offener aufklärender Umgang mit unterschiedlichen Lebensweisen gehört zu einer toleranten und akzeptierenden Gesellschaft, die respektvoll miteinander umgeht. Es gab bereits eine erfolgreiche Durchführung von Modulen zu den Thematiken. Eine Weiterfinanzierung wäre sinnvoll.

• Städte, in denen in der Vergangenheit Sperrgebiete eingeführt wurden, zeigen, dass die Kriminalität auch gegenüber den Sexarbeiter_innen gestiegen ist.

Es gab eine Anfrage vom rbb zu diesem Thema Stellung zu nehmen.