Eine Ausstellung, Film- und Buchpräsentation von Stine Marie Jacobsen in Kooperation mit Gangway e.V.
Kuratiert von Dr. Bonaventure Soh Bejeng Ndikung und Solvej Helweg Ovesen im Rahmen von POW (Post-Otherness-Wedding)

Ausstellung vom 14.10 bis 12.11.2016

 

Ausstellungs-Eröffnung am 13.10.2016 um 19 Uhr
Begrüßung: Sabine Weißler, Bezirksstadträtin für Weiterbildung, Kultur, Umwelt und Naturschutz | Dr. Ute Müller-Tischler, Leiterin der Galerie Wedding und des Fachbereichs Kunst und Kultur
Zur Ausstellung: Solvej Ovesen (Kuratorin), Stine Marie Jacobsen (Künstlerin), Nastaran Tajeri-Foumani (Gangway e.V.) und Bilal Alkatout (Rechtsanwalt für Migrationsrecht)

Wo? Galerie Wedding – Raum für zeitgenössische Kunst | Müllerstraße 146 – 147 | 13353 BerlinAusstellungsgestaltung Nils Grarup | Grafikdesign Pieterjan Grandry (LAW SHIFTERS) und Fuchs Borst (GERMAN FOR NEWCOMERS)

Mit freundlicher Unterstützung der Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten, dem Ausstellungsfonds für Kommunale Galerien und dem Berliner Projektfonds Kulturelle Bildung


Das Projekt: GERMAN FOR NEWCOMERS

Stell dir eine Welt vor, in der die Jugendlichen im belgischen Molenbeek nicht (von Journalisten) zu Terrorismus befragt werden, sondern stattdessen nach ihrer Meinung über Zuwanderungsgesetze, über ihre Rechte und zu den belgischen Sprachen. Stell dir eine Welt vor, in der Geflüchtete die Zuwanderungsgesetze selbst entwerfen, in der sie Spezialisten im EU-Migrationsrecht sind und sich selbst Deutsch beibringen können. Stell dir vor, dass Leute aus der ganzen Welt im Sprachunterricht die deutsche Grammatik „biegen“, ihre eigenen Erklärungen der Grammatikregeln entwerfen und sich über die Autorität lustig machen, die Sprache den Sprechenden abverlangt! Oder einen Unterricht, in dem die Geisteshaltung an erster Stelle steht und ein Fehler der/des Lehrer*in der Höhepunkt des Lernens ist?

Es gibt in der deutschen Sprache Wörter, die so schwierig auszusprechen sind, dass man sie lieber essen will als sagen möchte! // There are words in the German language that are so hard to pronounce, that you would rather eat them than pronounce them!

Wenn die Deutschen sehr unsicher sind oder wenn sie etwas nicht wissen, antworten sie nur mit ä, ö oder ü. // When the Germans are very insecure or they don’t know something, they answer only with ä, ö or ü.

There is a “umlaut”, because the Germans are always serious. The “umlaut” makes the language more serious.

»German for Newcomers«, Stine Marie Jacobsen 2016


GERMAN FOR NEWCOMERS
ist ein Sprachprojekt und ein Workshop-Konzept der dänischen Künstlerin Stine Marie Jacobsen, organisiert in Zusammenarbeit mit Nastaran Tajeri-Foumani und Mirella Galbiatti von dem Streetworkverein Gangway, mit Teilnehmer*innen von BZZ und mit Unterstützung von Aktion Mensch Berlin. Das Projekt wird gemeinsam mit der Galerie Wedding organisiert: Über den Zeitraum von einem Jahr entstehen im Rahmen der Ausstellung GERMAN FOR NEWCOMERS | LAW SHIFTERS ein Film und eine Publikation.

Die Rolle von Schüler*innen und Lehrer*innen wird in GERMAN FOR NEWCOMERS überdacht und verschoben: Expats, Zugewanderte und Geflüchtete verbessern ihre Sprachkenntnisse, indem sie gemeinsam Unterrichtsmaterial für sich und andere zusammenstellen. Das Lehrmaterial wird von den Erlebnissen der Teilnehmer*innen mit der deutschen Kultur, Bürokratie und Sprache inspiriert.

Das Buch GERMAN FOR NEWCOMERS teilt in humorvollen und ultimativ hilfreichen Statements zur deutschen Grammatik ihre grammatikalischen Perspektiven mit Menschen, die Deutsch lernen möchten. Es flechtet ihre Erfahrungen und Begegnungen mit der deutschen Sprache in das Lehrmaterial des Grammatikbuches ein.

Das Ausstellungsprojekt LAW SHIFTERS in dessen Rahmen frisch geschriebene Gesetze in die Wände der Galerie eingemeißelt werden, soll junge Bürger*innen anregen, ihre eigenen ethischen Positionen zu formulieren, ihren Sinn für ihre Beziehung zu Gesetzen schärfen, sodass sie als Katalysatoren letztendlich tatsächlich Einfluss auf heute verfasste Gesetze nehmen können.

Das Projekt lädt Kinder dazu ein, Gesetze in einem unkonventionellen Spielszenario zu diskutieren, womit das Projekt sich sowohl mit Ernsthaftigkeit als auch mit Naivität und in einem sokratischen Dialog mit den grundlegenden demokratischen Prinzipien auseinandersetzt. Die Ergebnisse des Projekts werden einem breiteren Publikum vorgestellt, das sich die jungen idealistischen Erwägungen hoffentlich zu Herzen nehmen und einen Diskurs über Bürgerfreiheiten und Gesetze initiieren wird. Ein professioneller Anwalt übersetzt die vorgeschlagenen Gesetze in juristische Fachsprache, diese werden anschließend in die Wand gemeißelt und als Poster im öffentlichen Raum aufgehängt.

Das Ziel ist es, einen nicht nur ernsthaften, sondern auch humorvollen und kreativen Weg zu finden, mit existierenden Vorschriften und Gesetzen in Europa umzugehen. Ein Gesetz ist ein historisches, politisches Dokument, das Einblicke in aktuelle Meinungen, ethische Ansichten und den Sinn für Gerechtigkeit gewährt. Das LAW SHIFTERS-Projekt will Gesetze durch Diskussionen und Sprache für öffentliche und politische Prozesse zugänglich machen. Die künstlerische Leistung liegt darin, erarbeitete neue Gesetzesvorschläge der Öffentlichkeit zu präsentieren – im Kontrast zu den existierenden Gesetzen.

In der Zukunft werden die beiden Projekte in einem Unterrichtspaket für Schul-/Sprachklassen zusammengestellt. Im Rahmen des kuratorischen Programms POW (Post-Otherness Wedding) stellen sie zugleich eine Ausstellung und einen Lernprozess dar – eine Verschiebung von einem sich Beugen unter den Gesetzen und einer fremden Sprache hin zu einem Biegen der Gesetze und der Sprache.

Workshops LAW SHIFTERS: Gesetzesschreibung von geflüchteten und Berliner Jugendlichen, mit und ohne Migrationshintergrund, Termine und Anmeldung unter www.galeriewedding.de

Text: Solvej Helweg Ovesen

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