Was genau passiert ist kann ich noch gar nicht sagen. Aber was ich beobachtete kann ich hier mit euch teilen.

Es kam ein Anruf eines engagierten und besorgten Mitarbeiters, der einen obdachlosen syrischen Mann direkt aus seinem Bürofenster beobachtete. Er sei abgemagert. Verwirrt und braucht dringend Hilfe. Er spricht kein Deutsch, aber auf Englisch könne man mit ihm kommunizieren. Gemeinsam mit meiner Kollegin aus dem StreetBER Team sind wir vorbei gefahren. Zunächst hatte er Angst und ist weggegangen. Später hat er uns zugelächelt und wollte uns sogar umarmen. Barfuß, mit einem spärlichen Lendenschutz bekleidet haben wir uns von ihm verabschiedet.

Wochenende. Es regnet viel. Was er wohl macht? Wie es ihm geht? Ob er unter einem Dach Zuflucht findet?

Letzte Woche winkte er uns noch zu und bedankte sich, dass wir ihm Lebensmittel eingekauft hatte. Wir sagten ihm: wir kommen nächste Woche wieder! Es wird auch jemand dabei sein, der arabisch spricht! Versprochen.
Wir waren da, aber statt ihn zu finden, fanden wir einen Zaun um seinen Schlafplatz.

Der Mitarbeiter der auch erst heute wieder an seinem Arbeitsplatz ist war auch fassungslos: seine Kolleg*innen haben die Polizei gerufen. Wohin er gebracht wurde oder wohin er vor Angst flüchtete ist unklar.
Mir kommen die Worte des Mannes in die Ohren. Er sagte er habe Angst vor der Polizei. Er habe Angst und Panik, wenn er mit vielen Menschen in einem Raum sein muss. Er habe Angst.

Vermutlich sitzt er gerade in einem Raum voller Menschen, die er nicht versteht, die ihm nicht verstehen. Oder er hat einen anderen trockenen Platz gefunden. Vielleicht findet er uns oder wir ihn wieder. Wer weiß.

Auch nach so vielen Jahren Erfahrung als Straßensozialarbeiterin bleibt immer wieder eins übrig: das Gefühl der Fassungslosigkeit.

 

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