Am 30. November 2016 haben wir unsere Reihe der Vierseitengespräche fortgesetzt. Wir nutzen diese Gespräche, um regelmäßig Jugendliche und Vertreter*innen aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Sozialer Arbeit zusammen zu bringen. Mehr als 30 Personen folgten unserer Einladung zum DialogFORUM.

 

„Was erleichtert den Übergang von Schule ins Berufsleben?“

„Warum brechen Jugendliche so häufig Ausbildungen ab?“

„Welche Unterstützungsmöglichkeiten tragen zu einer gelingenden Erwerbsbiografie bei?“

Diese und andere Fragen wurden bei der Veranstaltung diskutiert. Für einen kreativen Einstieg haben wir uns der Methode des Forumtheaters (https://de.wikipedia.org/wiki/Forumtheater) bedient. Das Forumtheater ist eine zentrale Methode aus dem Theater der Unterdrückten, mit der durch Modellszenen Fragen aufgeworfen werden, die anschließend im Plenum aufgegriffen und diskutiert werden. Wir haben eine klassische Bewerbungssituation dargestellt, in der schlechte Vorbereitung, mangelnde Motivation und verfestigte Vorurteile wichtige Rollen spielen. Im Anschluss an die Darstellung wurde die gespielte Szene von allen Seiten betrachtet und diskutiert. Spannend war dabei die unterschiedliche Zusammensetzung des Publikums.

„Na klar, hat man Kompetenzen!“ sagte eine junge Frau und brachte damit die Kernbotschaft auf den Punkt. Wenn junge Menschen ihre Kompetenzen nicht kennen, laufen sie Gefahr, sich für den falschen Beruf zu entscheiden. Da sind Ausbildungsabbrüche oder Kündigungen vorprogrammiert. Es müssen deutlich mehr Ressourcen in das Erkennen der Stärken, Kompetenzen und Interessen der Jugendlichen gesteckt werden, damit eine passgenaue Berufswahl möglich ist.

Gleichzeitig wissen viele junge Menschen nicht, welche Ausbildungsberufe es überhaupt gibt. „Man kommt aus der Schule und hat keine Ahnung vom Leben und was man beruflich machen will.“, sagte eine andere junge Frau. Dass Berufsorientierung schon ganz früh in der Schule Bestandteil des Schulunterrichts sein muss, da waren sich alle Anwesenden einig. Eine Vertreterin der Verwaltung betonte an dieser Stelle den Berufswahlpass als Möglichkeit der Berufsorientierung in der Schule. Dieser hat sich leider praktisch noch nicht überall durchgesetzt. Von den anwesenden jungen Menschen kannte nur eine Person den Berufswahlpass. Es wurde auch die Kritik geäußert, dass viele arbeitsmarktpolitischen Instrumente oft zeitlich befristete sind. Diese sollten längerfristig und nachhaltig angelegt werden.

Zur Berufsorientierung gehört nach Meinung der Anwesenden auch die Möglichkeit von verschiedenen Kurzzeitpraktika, individuell zugeschnittenen Praktikumsplätzen oder andere Formen, damit junge Menschen in die Praxis reinschnuppern können. Sinnvoll wäre z.B. eine Art Ringpraktikum, wo junge Menschen in kurzer Zeit verschiedene Ausbildungsberufe kennen lernen können. Mit den Jobentdeckern (http://www.jobentdecker.de/) gibt es in Friedrichshain-Kreuzberg eine Koordinierungsstelle zwischen Schule und Wirtschaft, die Schüler und Unternehmer gezielt zusammen bringen.

Die anwesenden Jugendlichen wünschen sich von Ausbildungsbetrieben, einen Blick über Zeugnisse und Noten hinaus. „Wenn meine Noten für einen Ausbildungsplatz nicht reichen, dann kann ich doch vielleicht in einem Praktikum beweisen, was ich drauf habe“, sagte ein anwesender junger Mann.

Einwände kamen bei den Praktika aus der Wirtschaft, die den hohen Verwaltungsaufwand bei der Einstellung von Praktikanten betonten. Das hindert Unternehmen daran, insbesondere Kurzzeit-Praktikumsplätze anzubieten. Dieser Aufwand müsste deutlich reduziert werden. Vielleicht sollten auch Arbeitgeber mit speziellen Förderprogrammen unterstützt werden, damit sie Praktikumsplätze bereitstellen können.

Klar war allen Anwesenden auch, dass das Thema Berufsorientierung nicht zwangsläufig attraktiv für junge Menschen ist. Eine Sozialarbeiterin betont sogar, dass das Wort „BERUF“ bei vielen ihrer Jugendlichen negativ besetzt sei. Umso wichtiger sind niedrigschwellige und attraktive Instrumente, um die jungen Menschen abzuholen und auf dem Weg zu begleiten.

Gesprochen wurde auch über ungleiche Startvoraussetzungen der jungen Menschen. Denn leider entscheiden auch die vorhanden oder eben nicht vorhandenen Netzwerke der Eltern über die Berufsperspektive von jungen Menschen.

Insbesondere Bewerber*innen mit „Vermittlungshemmnissen“ brauchen deshalb die Unterstützung durch Sozialarbeiter*innen im Sinne der Hilfe zur Selbsthilfe. Ein erster Schritt ist es, die Jugendlichen zu motivieren, die Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen. Sozialarbeiter*innen begleiten darüber hinaus oft den gesamten Bewerbungsprozess. Dazu gehört die Suche nach den eigenen Kompetenzen (Was kann ich?), die Berufsorientierung (Was ist möglich?), die Suche nach Ausbildungsplätzen (Erstellen der Bewerbungsunterlagen und Vorbereitung auf Vorstellungsgespräche) sowie eine Begleitung in die Ausbildung hinein. Leider spielt auch eine Vorbereitung auf unterschwellige Diskriminierung (Rassismus, Sexismus etc.) eine wichtige Rolle. Eine fehlende Willkommenskultur, Ablehnung, Provokationen und Diskriminierungen wirken sich negativ auf den Gesprächsverlauf aus und sollten von allen Seiten vermieden werden.

Wir danken allen Beteiligten für die anregende Diskussion und freuen uns auf das nächste Gespräch.

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